Innovative Wohnformen für Menschen mit Behinderung

Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) ist seit nunmehr zehn Jahren in Kraft. In Artikel 19 verpflichtet sie alle staatlichen Stellen, Menschen mit Behinderung das Recht zu geben, mitzuentscheiden, wo, mit wem und in welcher Form sie wohnen möchten. Dennoch lebt in Deutschland nach wie vor der Großteil der Menschen mit Beeinträchtigung in vollstationären Einrichtungen oder auch im Erwachsenenalter noch in der Herkunftsfamilie. Alternative Wohnformen wie ambulant betreutes Wohnen oder inklusive Wohngemeinschaften verzeichnen zwar in den letzten Jahren einen verhaltenen Anstieg, stehen jedoch noch immer vor strukturellen Hürden.

Obwohl die Akteure in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderung mit hohem persönlichen Einsatz viel leisten, können stationäre Wohnheime nicht weiterhin den Standard bilden. „Man sollte sich mal selbst die Frage stellen, ob man die aktuellen stationären Wohnformen für sich selbst wählen würde. Auch Menschen mit Behinderungen müsste ein solches Wahlrecht in rechtlich durchsetzbarer Weise zugestanden werden“, meint Arnold Pracht, einer der beteiligten Wissenschaftler der Hochschule Esslingen. Sein Kollege Alexander Schmid ergänzt, dass alle Planungsentscheidungen staatlicher Stellen, die sich nicht mit Belangen von Menschen mit Behinderungen auseinandersetzten, die UN-BRK verletzten. Hierzu gehörten insbesondere städtebauliche Planungen.

Um selbstbestimmtes Wohnen zu fördern, ist es daher notwendig, die Städtebauplanung auf den Bedarf von Menschen mit Behinderung auszurichten. Besonders ambulante Unterstützung muss gestärkt werden.

Inklusion und Selbstbestimmung als Kerngedanken in der Behindertenhilfe verankern

Wenn das Wohnen für Menschen mit Behinderung inklusiver und selbstbestimmter werden soll, dann stellen sich die folgenden Fragen:
• Was lässt sich von innovativen Wohnformen im In- und Ausland lernen?
• Inwiefern muss die Behindertenhilfe angesichts inklusiver Wohnkonzepte ihre Rolle neu definieren?
• Was heißt selbstbestimmtes Wohnen für Menschen mit Behinderung und wie lässt sich Selbstbestimmung hier stärken?
• Welche institutionellen Rahmenbedingungen sind für die Förderung von Inklusion im Bereich Wohnen erforderlich?

Dominic Erler lebt in einer inklusiven WG und berichtet in eigener Sache

Auf dem Fachtag kommen neben Perspektiven aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft auch die Stimmen von Menschen mit Behinderung zu Wort, um im gemeinsamen Austausch Antworten auf diese drängenden Fragen zu entwickeln.
So konnte mit Dominic Edler auch ein Experte in eigener Sache gewonnen werden, der seit einigen Jahren in einer inklusiven Wohngemeinschaft lebt und sich darüber hinaus vielfältig für die Rechte von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung engagiert.

Der Fachtag wird von einem interdisziplinären Forschungsteam der Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege der Hochschule Esslingen im Rahmen des Projektes „Inklusive Wohnformen für Menschen mit Unterstützungsbedarf“ veranstaltet. Das Forschungsteam hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu vertiefen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Kaja Tulatz, kaja.tulatz@hs-esslingen.de

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