Im Verbund gegen Alterskrankheiten

Dieser Trend zeichnet sich schon heute ab: Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland steigt, immer mehr Menschen werden immer älter – und das wird sich auch in den kommenden Jahrzehnten so fortsetzen. Damit kommen auf die Gesellschaft große Herausforderungen zu: „Im Zuge der Alterung unserer Gesellschaft nehmen neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch Muskelschwund und Osteoporose zu. Unabhängigkeit und Selbstversorgung werden dadurch gefährdet und die Pflegesysteme vermehrt belastet“, sagt Professor Franz Jakob. Der Mediziner leitet das Orthopädische Zentrum für Muskuloskelettale Forschung der Uni Würzburg in der Orthopädischen Klinik im König-Ludwig-Haus. Er steht auch an der Spitze des neuen Verbundprojekts „Muskelschwund und Osteoporose – Folgen eingeschränkter Regeneration im Alter“ FORMOsA.

Der Forschungsverbund

„Die Probleme der alters-assoziierten Gebrechlichkeit bewältigen“: Diese Aufgabe hat sich der Forschungsverbund zum Ziel gesetzt. Denn „Früherkennung, Vorbeugung und aktive multimodale Intervention können diese Entwicklung auffangen und gleichzeitig Lebensqualität verbessern und die Solidarsysteme entlasten“, sagt Jakob. Die Bayerische Forschungsstiftung unterstützt das Projekt mit zwei Millionen Euro. Daran beteiligt sind die Ludwig-Maximilians-Universität in München, die Universität Erlangen-Nürnberg und die Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Darüber hinaus arbeiten die Wissenschaftler eng mit der Industrie zusammen, die ebenfalls Investitionen im Wert von zwei Millionen Euro zu dem Projekt beisteuert. Etwa zwei Millionen Euro des Gesamtvolumens gehen nach Würzburg, die beteiligten Wissenschaftler sind im Muskuloskelettalen Centrum Würzburg organisiert.

Der Alters-assoziierte Muskelschwund, in der Fachsprache Sarkopenie genannt, ist kein seltenes Phänomen: Mehr als 20 Prozent aller gesunden unabhängigen Menschen zwischen 65 und 92 weisen Merkmale dieser Krankheit auf; mehr als 80 Prozent aller Menschen über 80, die in Heimen leben, sind daran erkrankt. Weltweit sind mehr als 50 Millionen Menschen betroffen.

Muskelschwund im Alter

Die typischen Merkmale dieser Krankheit sind prinzipiell leicht zu erkennen, es fehlen aber Standards für die klinische und apparative medizinische Diagnostik: „Schon im erwerbsfähigen Alter kann es zu eingeschränkter Leistungsfähigkeit und Produktivität kommen. Im fortgeschrittenen Lebensalter drohen mit zunehmender Gebrechlichkeit die Einschränkung der Selbständigkeit und ein Anstieg der Pflegebedürftigkeit“, erklärt Jakob.

Für die gesamte Bundesrepublik, und natürlich auch für Bayern, stelle sich deshalb die dringende Frage an die Gesundheits- und Solidarsysteme, wie sie diese Anforderungen bewältigen wollen. Für den Mediziner ist die Antwort klar: „Das Ziel heißt Verbesserung der Lebensqualität und der Selbständigkeit im Alter unter gleichzeitiger Entlastung der finanziellen Aufwendungen für Unterstützung und Pflege.“

Viele Faktoren können daran beteiligt sein, wenn Menschen im Alter Muskelschwund entwickeln: Vererbung, mangelnde Bewegung und Begleiterkrankungen sind dafür verantwortlich. Verschärfend kommt hinzu, dass diese Faktoren gleichzeitig auch die Entstehung anderer Erkrankungen der Muskulatur und des Skelettsystems fördern, wie beispielsweise die Osteoporose.

Ein Bündel von Aufgaben

Die an dem Forschungsverbund beteiligten Institutionen wollen das Problem von vielen Seiten aus angreifen: Zum einen werden sie Standards sowohl zur diagnostischen Erfassung der Sarkopenie als auch zur Evaluation des Erfolgs therapeutischer Maßnahmen erarbeiten. Zum anderen ist es ihr Ziel, Techniken und Ernährungskonzepte zur Therapie der Sarkopenie zu entwickeln. Außerdem werden sie untersuchen, wie gut spezielle Wirkstoffe gegen die Krankheit wirken.

Am Ende dieser Arbeit sollen die Voraussetzungen für „vermarktungs- und patentfa?hige Hochleistungsprodukte“ stehen. Denn das ist auch ein Ziel der Bayerischen Forschungsstiftung: Die Projekte, die sie finanziell unterstützt, sollen Bayern im internationalen Wettbewerb um neue Technologien stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft ist deshalb fester Bestandteil solcher Forschungsverbünde.

Wirtschaft und Wissenschaft vereint

Interdisziplinäre Anstrengungen in Forschung und Versorgung sind nötig, um die Probleme der alters-assoziierten Gebrechlichkeit zu lösen. Deshalb sind in dem Forschungsverbund viele Disziplinen vertreten, von der Orthopädie über die Geriatrie bis zur Nuklearmedizin – um nur ein paar Beispiele von der Seite der klinischen Disziplinen zu nennen. Mit im Boot sind aber auch Fachgebiete wie die Regenerative Medizin, Materialwissenschaften und die Pharmazie.

Zusätzliche Kompetenzen bringen die Partner aus der Industrie ein, beispielsweise in der Herstellung von Diagnostika, Wirkstoffen und Medizingeräten für Diagnostik und Therapie.

Franz Jakob ist deshalb überzeugt: „Durch die Vernetzung bayerischer Kompetenzzentren mit den Partnern aus der Industrie entsteht ein Forschungs-Netzwerk mit herausragendem wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Potential für eine Führungsrolle in der Bewältigung gesellschaftsrelevanter Gesundheitsprobleme der Zukunft.“

Kontakt

Prof. Dr. Franz Jakob, T: (0931) 8 03 15 80, f-jakob.klh@uni-wuerzburg.de

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