HZI-Forscherin Emmanuelle Charpentier erhält den Wissenschaftspreis Niedersachsen 2015

Prof. Emmanuelle Charpentier, Abteilungsleiterin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover wurde heute mit dem Wissenschaftspreis Niedersachsen 2015 ausgezeichnet. Sie erhält den Preis für ihre Pionierarbeiten am CRISPR-Cas9-System. Der Preis wurde von der Niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić, in Hannover überreicht und ist mit 25.000 Euro dotiert. Die Ministerin würdigte weiterhin einen Professor, eine Nachwuchswissenschaftlerin und einen Nachwuchswissenschaftler und zwölf Studierende aus niedersächsischen Hochschulen.

„Die Auswahl der diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger zeigt, wie vielfältig und innovativ die niedersächsische Hochschullandschaft ist. Mit dem Preis zeichnen wir auch in diesem Jahr wieder herausragende Persönlichkeiten aus, die sich nicht nur durch hervorragende Leistungen in Forschung und Lehre, sondern auch mit ihrem Blick auf gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen verdient gemacht haben“, sagte die Wissenschaftsministerin.

Charpentier hat mit ihrer Forschung zum CRISPR-Cas9-System in Bakterien ein präzises und einfach zu verwendendes Gen-Editier-Werkzeug entwickelt. Mit diesem können effizient und gezielt Änderungen im Genom vorgenommen werden, beispielsweise um Gendefekte zu beheben. Die Entwicklung ist ein großer Fortschritt im Vergleich zu bisherigen Genom-Editierungs-Verfahren und eröffnet auch ein großes Potential für die medizinische Forschung. CRISPR-Cas9 wird heute sowohl als Werkzeug in der Forschung als auch in der Entwicklung neuartiger therapeutischer Ansätze für Menschen mit schwerwiegenden Krankheiten verwendet.

„Wir freuen uns sehr, dass Emmanuelle Charpentiers bahnbrechende wissenschaftliche Leistung in dieser Weise gewürdigt wird“, sagt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI, an dem Charpentier seit 2013 die Abteilung „Regulation in der Infektionsbiologie“ leitet. „Das CRISPR-Cas9-System hat das Potential, die Medizin zu revolutionieren. Wir sind sehr stolz darauf, eine Persönlichkeit wie Emmanuelle Charpentier nach Deutschland ans HZI geholt zu haben.“

Charpentier war bis zum 30. September 2015 vorwiegend am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig tätig. Seit dem 1. Oktober 2015 ist sie Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. Sie forscht aber auch weiterhin bis Ende 2015 am HZI und wird dem Zentrum durch Kooperationen verbunden bleiben.

Der Wissenschaftspreis Niedersachsen wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einer niedersächsischen Universität oder Hochschule vergeben. Ausgezeichnet werden Personen, die bereits seit einer gewissen Zeit eine Professur innehaben und besondere Leistung in beispielsweise hochschulübergreifenden Forschungsschwerpunkten, Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Entwicklungen in Lehre und Studium o.ä. erbracht haben.
Die Vorschläge für die Preisträgerinnen und Preisträger stammen von den niedersächsischen Hochschulen. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger ist durch die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen erfolgt. Der Preis wurde zum neunten Mal vergeben. Insgesamt ist der Wissenschaftspreis Niedersachsen 2015 mit 87.500 Euro dotiert. Weitere Informationen unter www.mwk.niedersachsen.de

Sie finden diese Pressemitteilung und ein Pressefoto heute ab 17.30 Uhr auf unserer Internetseite unter www.helmholtz-hzi.de

Über das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. An seinem Standort in Braunschweig-Stöckheim blickt das Zentrum auf eine jahrzehntelange Historie zurück. Bereits 1965 begannen hier die ersten Arbeiten; 2015 feiert das HZI 50-jähriges Jubiläum. www.helmholtz-hzi.de

Über Emmanuelle Charpentier
Emmanuelle Charpentier gilt weltweit als führende Expertin auf dem Gebiet der Regulationsmechanismen, die Infektionsprozessen und Immunität von pathogenen Bakterien zugrunde liegen. Derzeit ist sie Wissenschaftliches Mitglied und Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin. Davor war Charpentier, die eine Alexander von Humboldt-Professur bekleidet, am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und der Medizinischen Hochschule Hannover, Deutschland, tätig. Sie leitet dort und auch im Labor für Molekulare Infektionsmedizin Schweden (MIMS) an der Universität Umeå, an der sie eine Gastprofessur innehat, weiterhin eine Forschungsgruppe.
Charpentier studierte Biochemie, Mikrobiologie und Genetik an der Universität Pierre und Marie Curie in Paris, Frankreich und promovierte dort in Mikrobiologie mit Forschungsarbeiten, die sie am Institut Pasteur durchführte. Danach verbrachte Sie fünf Jahre in den USA, wo sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin Positionen in New York, unter anderem an der Rockefeller University, sowie am St. Jude Children’s Research Hospital in Memphis, innehatte.
Im Jahr 2002 zog sie zurück nach Europa, um ihre eigene Forschungsgruppe am Max F. Perutz Labor (MFPL) in Wien aufzubauen, wo sie sich im Jahr 2006 in der Mikrobiologie habilitierte.
2013 habilitierte sich Charpentier an der Universität Umeå in der medizinischen Mikrobiologie. Vor der Ehrung mit dem Nobelpreis, wurde Emmanuelle Charpentier mit zahlreichen renommierten Auszeichnungen für ihre Arbeit am CRISPR-Cas9-System geehrt. Charpentier ist eine Erfinderin und Mitinhaberin von geistigem Eigentums das auch die CRISPR-Cas9-Technologie umfasst und ist Mitbegründerin von CRISPR Therapeutics und ERS Genomics. Diese beiden Firmen wurden gegründet, um die Entwicklung der CRISPR-Cas9-Genom-Editier-Technologie für biotechnologische und biomedizinische Zwecke zu erleichtern.

Über CRISPR-Cas9
Die CRISPR-Cas9-Technologie ist ein leistungsfähiges und einfach zu verwendendes Gen-Editier-Werkzeug, mit dem effizient und gezielt Änderungen im Genom vorgenommen werden können um Gendefekte zu beheben oder die Genexpression in der Zelle zu verändern. Das CRISPR-Cas9-System wurde ursprünglich als eine adaptive Immunantwort in Bakterien beschrieben, welche Bakterien benutzen um Virus-Angriffe abzuwehren.
Im Jahr 2011 identifizierte das Labor von Charpentier einen wesentlichen Bestandteil des CRISPR-Cas9-Systems, die tracrRNA, was zu einer bahnbrechenden Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature führte.
Im folgenden Jahr konnte Sie zusammen mit ihren Kollaborationspartnern beschreiben, wie die drei entscheidenden Komponenten des Systems – das Cas9-Enzym und die beiden Lotsen-RNAs crRNA und tracrRNA – zusammenarbeiten, um die funktionale molekulare Schere zu bilden, welche das Genom gezielt an einer bestimmten Stelle schneidet. Diese Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science im Jahr 2012 veröffentlicht. In der gleichen Publikation konnten sie auch zeigen, wie das System verändert werden kann, so dass mit speziellen RNA-Vorlagen jede beliebige Sequenz innerhalb des Genoms verändert werden kann. Diese grundlegenden Entdeckungen ermöglichten die anschließende Anwendung der Technologie in vielen verschiedenen Bereichen der Wissenschaft und die Technologie wurde in außergewöhnlich kurzer Zeit von tausenden Wissenschaftlern auf der ganzen Welt aufgegriffen.
CRISPR-Cas9 wird heute sowohl als Werkzeug in der Forschung als auch in der Entwicklung neuartiger therapeutischer Ansätze für Menschen mit schwerwiegenden Krankheiten verwendet.

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