Humboldt-Preisträgerin aus Nigeria forscht in Saarbrücken an Arzneimittel gegen Magengeschwüre

Am Anfang ihres aktuellen Forschungsprojekts stand die Erfahrung, selbst geheilt worden zu sein: Als Petra Obioma Nnamani 2009 an einem Magengeschwür litt, nahm sie zunächst Omeprazol, einen der bekanntesten und meistverschriebenen Wirkstoffe zur Hemmung der Magensäure-Produktion. An den Beschwerden änderte sich dadurch nichts. Erst als ihr eine Freundin ein Stück Baumrinde brachte, die sie kaute und mit Wasser schluckte, verschwanden die Schmerzen – und kamen bis heute nicht wieder.

Als Pharmazeutin an der University of Nigeria Nsukka startete Petra Nnamani sofort weitere Versuche mit der Rinde des tropischen Baumes: Mit ihrem Team der „Public Health and Environmental Sustainability Research Group“ bereitete sie das Material in verschiedenen Dosierungen auf und stellte in Experimenten mit Ratten fest, dass der „Rinden-Cocktail“ um ein Vielfaches stärker wirkte als Omeprazol. „Dieses Wissen haben wir anschließend aus dem Labor in die Klinik übertragen und konnten feststellen, dass die Magengeschwüre bei über 500 Patienten vollständig verschwanden – und das quasi ohne Kosten“, erzählt die 40-jährige Wissenschaftlerin. Die natürlichen Inhaltsstoffe der Baumrinde seien daher wohl nicht nur in der Lage, die Entzündung der Magenschleimhaut zu heilen, sondern wirkten möglicherweise auch antibakteriell auf das Bakterium Helicobacter pylori, welches das Magengeschwür in den meisten Fällen verursache.

Noch ungeklärt ist, welche Rinden-Inhaltsstoffe genau für diese starke Wirkung verantwortlich sind und wie der Mechanismus dahinter aussieht. Das will Petra Nnamani im Laufe dieses Jahres mithilfe des Georg Forster-Forschungspreises am Saarbrücker Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), einem Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), herausfinden: So wird sie zunächst daran arbeiten, das mögliche Leitmolekül des Wirkstoffs vollständig zu charakterisieren und zu isolieren – und dieses anschließend an in-vitro-Gewebemodellen testen. Dabei forscht sie gemeinsam mit Fachkollegen der Abteilung „Wirkstofftransport“ von Prof. Claus-Michael Lehr. „Im Labor lassen sich die molekularen Vorgänge an der Schleimhaut nach der Wirkstoffzugabe genau verfolgen“, erläutert Claus-Michael Lehr. „Solche Versuche an geeigneten Gewebemodellen – in unserem Fall entzündete Schleimhaut des menschlichen Magen-Darm-Trakts – haben im Allgemeinen eine bessere Aussagekraft für die Wirksamkeit beim Menschen als Tierversuche an lebenden Ratten oder Mäusen“, fügt Lehr hinzu. Die nigerianische Wissenschaftlerin will zudem ein weiteres Ziel erreichen: „Ich möchte den Schritt hin zu einer modernen Medizin machen, also eine geeignete Darreichungsform für das Arzneimittel entwickeln“, betont Petra Nnamani, die ihr Projekt als besonders relevant für ihr Heimatland und andere Übergangs- und Entwicklungsländer einstuft: „In Nigeria leiden rund dreimal so viele Menschen an einem Magengeschwür wie in den Industrieländern“, sagt sie.

Dr. Petra Obioma Nnamani ist seit 2005 Dozentin an der pharmazeutischen Abteilung der University of Nigeria Nsukka. Die 40-Jährige leitet dort die „Public Health and Environmental Sustainability Research Group”. In ihren Forschungen beschäftigt sie sich insbesondere mit dem Transport von Wirkstoffen und der Optimierung von Arzneimitteln hinsichtlich ihrer Darreichungsform.

Weitere Infos zur Preisträgerin:

Der Georg Forster-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung würdigt Forscher aus Schwellen- und Entwicklungsländern, die international anerkannt sind und an entwicklungsrelevanten Themen arbeiten. Die Preisträger werden von Fachkollegen aus Deutschland nominiert und eingeladen, Kooperationen mit ihnen zu etablieren oder auszubauen. Der mit je 60.000 Euro dotierte Forschungspreis wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.

Weitere Infos zum Preis:

Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und wurde im August 2009 vom HZI und der Universität des Saarlandes gegründet. Die Forscher suchen hier insbesondere nach neuen Wirkstoffen gegen Infektionskrankheiten, optimieren diese für die Anwendung am Menschen und erforschen, wie sie am besten durch den Körper zum Wirkort transportiert werden können. Das HIPS gehört zum Standort Hannover-Braunschweig des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF).

Kontakt:
Prof. Dr. Claus-Michael Lehr
Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS)
Leiter der Abteilung Wirkstoff-Transport
Tel.: 0681 98806-1000
E-Mail: claus-michael.lehr@helmholtz-hips.de

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