Humangenetik: Ethische Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen der modernen Techniken eingefordert

Mit etwa 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern findet vom 16. – 18. März in Lübeck die 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (GfH) statt. Die Konferenz ist zugleich die Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Humangenetik (ÖGH) und der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Genetik (SGMG). Tagungspräsidentin ist Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach, Direktorin des Instituts für Humangenetik der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Sie eröffnet den Kongress am Mittwoch, dem 16. März, um 16:00 Uhr im Hotel Hanseatischer Hof (Wisbystraße 7-9, Lübeck).

Im wissenschaftlichen Programm der Tagung wird es unter anderem um das Pro und Kontra einer personalisierten Medizin mit individuellen genetischen Prognosen und um neue Verfahren (CRISPR/Cas9) in der Humangenetik gehen, die auch für die Gentherapie in Zukunft große Bedeutung haben können. In weiteren Symposien werden aktuelle Themen aus den Bereichen „Epigenetik“, „Onkologie“ und „Neurogenetik“ sowie der Grundlagenforschung diskutiert.

Namhafte internationale Forscher halten die Fachvorträge in den Plenarsitzungen. Sir John Burn aus Newcastle (UK) spricht über „Genetic Prediction: Clinical relevance of DNA testing and the Future of Human Genetics“ („Genetische Prognose: Die klinische Bedeutung von DNA-Tests und die Zukunft der Humangenetik“), Prof. Dennis Lo aus Hongkong über „Plasma DNA as a Treasure Trove for Molecular Diagnostics“ („Plasma DNA als eine Fundgrube für die Molekulare Diagnostik“). Einen abendlichen Festvortrag zum Thema „Wie wird man zum Spitzenmusiker? Höchstleistung im Spannungsfeld von Genetik, Gesellschaft und Persönlichkeit“ hält Prof. Dr. Eckart Altenmüller aus Hannover (Mittwoch, 18:30 Uhr).

Im Rahmen der Jahrestagung findet unter dem Titel „Wird der Mensch zum Modellbaukasten? Humangenetiker lesen im ‚Buch des Lebens‘“ auch eine Vortragsreihe für Oberstufenschüler statt (Mittwoch, 8:30 – 12:00 Uhr). Themen dabei sind die rasante Entwicklung der genetischen Diagnostik („Vom Chromosom unter dem Mikroskop zum Genom in der Cloud“), die durch die Präimplantationsdiagnostik (PID) ins Bewusstsein gerückte Diskussion um das Designer-Baby („Wie viel überlasse ich dem Zufall?“) und modernste Techniken der Genom-Veränderung („Mendel hat ausgedient“). Dabei geht es um das erstmals 2012 verwendete CRISPR/Cas9-System („Genschere“), mit dem die DNA auf enzymatisch gezielt geschnitten und verändert werden kann. Die Fachzeitschrift „Science“ erklärte dieses neue Verfahren zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2015.

Wissenschaftliche Schwerpunkte des Lübecker Instituts für Humangenetik, deren neueste Ergebnisse auf der Konferenz vorgestellt werden, sind die Klinische und die Funktionelle Genetik sowie die Präimplantationsdiagnostik. Institutsdirektorin Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach hebt anlässlich der Jahrestagung, die schon 2000 einmal in Lübeck stattgefunden hat, die Wichtigkeit einer breiten ethischen Diskussion in Gesellschaft und Politik über Möglichkeiten und Grenzen der Humangenetik hervor. Sie weist darauf hin, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung der Präimplantationsdiagnostik derzeit zwischen den Bundesländern noch unterschiedlich sind. Prof. Gillessen-Kaesbach betont: „Ich plädiere für eine verlässliche und bundeseinheitliche Gesetzeslage, unter welchen Bedingungen die Forschung an Embryonen zulässig ist, damit Deutschland auf diesem wichtigen Wissenschaftsfeld international nicht den Anschluss verliert.“

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