Bei den bösartigen Tumoren des Hodens handelt es sich überwiegend um Keimzelltumoren, wobei zwischen Seminomen und Nicht-Seminomen (u. a. Teratome) unterschieden wird. Als gesicherter Risikofaktor für die Entstehung von Hodenkrebs gilt der Kryptorchismus (Hodenhochstand). Bei einem geringen Teil der Betroffenen scheint eine genetische Disposition (familiär gehäuftes Auftreten) vorzuliegen. Söhne und Brüder von Patienten mit Hodenkrebs haben ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko. Wenig Klarheit besteht bislang darüber, welche Ursachen für den beobachteten Inzidenzanstieg in den letzten Jahrzehnten verantwortlich sind. Die Forschung konzentriert sich derzeit auch auf vorgeburtlich einwirkende Risikofaktoren. Außerdem werden mehrere postnatale Merkmale (frühzeitiger Pubertätsbeginn, Hochwuchs und Subfertilität) als mögliche Risikofaktoren diskutiert. Die Therapie besteht in fast allen Fällen zunächst in der operativen Entfernung des betroffenen Hodens, meist auch der regionalen Lymphknoten. Beim Seminom wird zusätzlich eine adjuvante Strahlentherapie, bei Nicht-Seminomen eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt. In höheren Stadien wird in beiden Fällen eine Chemotherapie durchgeführt (Preiß et al. 2008).
Trends von Inzidenz, Mortalität und Überlebensraten
Seit den 1970er-Jahren ist in Deutschland ein Anstieg der Hodenkrebsinzidenz zu verzeichnen. Zwischen 1980 und 2004 stiegen sowohl die altersstandardisierten Raten als auch die absolute Zahl von Erkrankungsfällen um mehr als 50 %. In der Altersgruppe von 35 bis 49 Jahren haben sich die Erkrankungsraten insgesamt mehr als verdoppelt. Parallel zum Anstieg der Erkrankungszahlen kam es zunächst nur in den alten Bundesländern, nach der Vereinigung auch in den neuen Bundesländern, zu rückläufigen Sterberaten. Von 1980 bis 2004 nahmen die Sterberaten in Deutschland insgesamt altersstandardisiert um 68 % ab, am deutlichsten für die Männer von 15 bis 34 Jahren. Im Jahr 2004 starben noch 190 Männer an bösartigen Hodentumoren. Zu einem sprunghaften Anstieg der Überlebensraten beim Hodenkrebs kam es schon in den 1970er-Jahren nach Einführung von Cisplatin in der zytostatischen Therapie. Seit Beginn der 1980er-Jahre verbesserten sich die relativen 5-Jahres- Überlebensraten weiter von etwa 80 % auf über 95 % zu Anfang dieses Jahrzehnts.
Prävalenzen
Im Jahr 2004 lebten etwa 22.100 Männer mit einer bis zu 5 Jahre zurückliegenden Diagnose, die 10-Jahres-Prävalenz lag mit ca. 40.800 Männern fast doppelt so hoch. Die Zahl der prävalenten Fälle lag damit um etwa 40 % bis 50 % höher als 1990. Der Anstieg betraf vor allem die Männer über 40 Jahre, für die sich die Prävalenzen in etwa verdoppelten. Die demografischen Veränderungen tragen insgesamt nur geringfügig zu diesen Entwicklungen bei. Daher wäre für das Jahr 2010 bei gleich bleibenden Inzidenzraten auch mit weitgehend unveränderten Prävalenzen zu rechnen (projizierte 5-Jahres-Prävalenz: 22.300).
Fazit
Die Zunahme der Erkrankungszahlen beim Hodenkrebs hat zusammen mit den weiter verbesserten Überlebensaussichten bis 2004 zu einem deutlichen Anstieg der Prävalenz geführt. Die 5-Jahres-Prävalenz lag zuletzt bei 22.100 Männern. Zugenommen hat dabei der Anteil über 40-jähriger Männer, die inzwischen 40 % bis 45 % der prävalenten Fälle ausmachen. Wenn sich der steigende Trend bei den Inzidenzraten fortsetzt, ist bis 2010 auch mit weiter steigenden Prävalenzen zu rechnen. (RKI 02/2010)