„Es war sehr effektiv und interessant und wir sind stolz, so viele hochkarätige Forscher aus den USA, Großbritannien, der Schweiz, Spanien, Israel, Japan, den Niederlanden, Italien und natürlich aus Deutschland hier in Tangermünde versammelt zu haben. Wir konnten sehr viel voneinander lernen. So haben wir auf unserem Symposium unter anderem auch Forschungsergebnisse diskutiert, die erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt wurden“, fasst Michael Kreutz, Leiter der Forschergruppe Neuroplastizität am Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg, zusammen. Er war der Initiator des 3rd LIN Symposiums, das vom 27.-30. August 2012 in Tangermünde stattfand. Das Thema der 4 –tägigen Konferenz war Neuronale Plastizität. Neuronale Plastizität ist die Grundlage von Lern- und Gedächtnisprozessen. Darunter versteht man erfahrungsabhängige Veränderungen an den Kontaktstellen von Nervenzellen.
„Unser Gehirn verändert sich ständig, ein Leben lang. So werden die Funktionen des Nervensystems je nach Bedarf erhalten, angepasst oder erweitert. Vor allem durch Lernprozesse oder auch nach Beschädigungen verändert sich das Gehirn, Synapsen bauen sich um, Hirnareale vernetzen sich. Das Gehirn eines Musikers oder Mathematikers beispielsweise ist anders vernetzt als bei einem Laien. Wie das allerdings genau funktioniert ist noch nicht abschließend erforscht. Am Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg beispielsweise untersuchen wir die neuronale Plastizität unter anderem auf der molekularen Ebene. Dabei werden Veränderungen in der Struktur und Funktion unseres Denkorgans ebenso wie die Effekte von Genen und Botenstoffen untersucht. Uns geht es dabei vor allem um die genaue Funktionsweise der synaptischen Verbindungen“, erläutert Kreutz weiter. Anwendung finden diese Forschungen beispielsweise bei der Untersuchung von Gedächtnisstörungen, wie sie bei vielfältigen Hirnerkrankungen beobachtet werden. Forschungen zeigen, dass es Veränderungen an den synaptischen Verbindungen zwischen den Nervenzellen sind, die diesen Krankheiten zugrunde liegen. Bei der Konferenz wurden genau solche neuen Erkenntnisse zu molekularen und zellulären Mechanismen diskutiert, die später einmal in eine klinische Anwendung führen können. Das wäre bei Demenz-Erkrankungen aber auch bei psychiatrischen Erkrankungen denkbar.
Auf dem 3. LIN-Symposium wurden diverse Forschungsansätze vorgestellt und diskutiert. Die teilweise unveröffentlichten Daten der insgesamt 120 Wissenschaftler aus aller Welt stießen dabei auf besonderes Interesse. Die verschiedenen Forschergruppen vereinbarten darüberhinaus Kooperationen. Dabei sollen direkte Fragestellungen gemeinsam untersucht oder auch Forschungsmaterial ausgetauscht werden. Bereits in den kommenden Wochen wollen die Wissenschaftler in die detaillierte Planung gehen.
Das nächste LIN Symposium soll voraussichtlich 2014 wieder in Tangermünde stattfinden.
Hintergrund: Das Leibniz-Institut für Neurobiologie Das LIN zählt zu den international führenden Hirnforschungszentren. Seine Mission besteht im Studium der Mechanismen von Lernen und Gedächtnis sowie deren krankhafter Störungen auf allen Ebenen der Hirnorganisation. Das 2011 neu bezogene Gebäude beherbergt sechs Abteilungen, vier Forschergruppen und sechs technologisch ausgerichtete Speziallabors. Klassische Forschungsfelder sind die Verarbeitung von akustischen Informationen und Sprache, die Langzeit-Veränderung stimulierter Nervenzellen durch neuronale Erregungsmuster sowie die Mechanismen der Bildung und Aktivierung von Synapsen.