Herzschwäche sichtbar machen

Vor 119 Jahren, am 8. November 1895, entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg die später nach ihm benannten Strahlen. Bis heute gehört Würzburg auf dem Gebiet der medizinischen Bildgebung zu den besten Standorten in Deutschland.

Nun hat die Universität Würzburg eine weitere exzellente Bildgebungsexpertin gewonnen: Die Physikerin Laura Maria Schreiber hat am 1. November als Forschungsprofessorin den neu geschaffenen Lehrstuhl für zelluläre und molekulare Bildgebung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) übernommen. Sie ist dort Sprecherin der Abteilung für kardiovaskuläre Bildgebung.

Mit MRT tief in den Menschen blicken

Als Physikstudentin interessierte sich Schreiber für ferne Sterne und Galaxien. Als Professorin ist sie davon fasziniert, mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) und anderen Bildgebungsmethoden tief in den Körper des Menschen blicken zu können.

„Es ist die Verbindung von vielen verschiedenen Methoden, die es uns erlauben, in den Menschen hineinzusehen und dabei Informationen über die Funktionsfähigkeit von Organen zu bekommen, ohne den Körper eröffnen zu müssen“, sagt Schreiber. „Man muss sich dabei auf vielen verschiedenen Gebieten gut auskennen und dabei ständig Grenzen und Hürden überwinden. Daneben verspüre ich eine Befriedigung, mit meiner Arbeit einen Beitrag zum Verständnis und zur Diagnostik von Krankheiten zu leisten, damit Patienten zukünftig noch besser behandelt werden können.“

Innovative Bildgebungsverfahren entwickelt

Bereits für ihre Promotion am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg wählte Schreiber die Magnetresonanztomographie, ein Forschungsgebiet, das sich Anfang der 1990er-Jahre gerade erst entwickelte. Dabei arbeitete sie an einem Verfahren, das Tumore der weiblichen Brustdrüse besser sichtbar macht – quasi eine Art Mammographie ohne Röntgenstrahlen. Seitdem hat sie weitere innovative Bildgebungsverfahren entwickelt, mit denen sich zum Beispiel die Durchblutung von Organen messen oder die Sauerstoffkonzentration in Lungenbläschen bestimmen lassen.

„Aus Sicht einer MRT-Physikerin ist das Herz das Organ, das am schwierigsten darzustellen ist, weil es sich tief im Körperinneren befindet, von sehr unterschiedlichen Geweben umgeben ist und sich viel und stark bewegt“, sagt Schreiber. Aber: „Schwieriges ist immer besonders reizvoll und spannend!“

Seit 1997 forscht die Physikerin daher verstärkt auf dem Gebiet der kardialen Bildgebung. An der Universität Mainz entwickelte sie mit Kardiologen und Radiologen Verfahren, um die Durchblutung des Herzens genauer messen zu können. Andere Entwicklungen zielten darauf, die Bewegung des Herzens beim Atmen auszugleichen. Damit müssen Patienten bei den Aufnahmen nicht mehr den Atem anhalten, was gerade Schwerkranken nicht leicht fällt.

Herzforschung mit Ultrahochfeld-MRT

In Würzburg wird Schreiber in den kommenden Jahren weiter mit besonders schnellen und starken MRT-Geräten experimentieren. Mit der Fertigstellung des neuen Forschungsgebäudes für das DZHI werden dort ein sogenanntes Ultrahochfeld-MRT-Gerät für Untersuchungen am Menschen sowie weitere experimentelle Bildgebungsgeräte installiert.

„Mein Ziel wird es mittelfristig sein, mit diesen top-modernen Geräten Herzinsuffizienz zu erforschen und Diagnoseverfahren zur möglichst frühzeitigen Erkennung, zur Beurteilung des Schweregrades und auch des Behandlungserfolges zu entwickeln“, sagt Schreiber. „Dabei möchte ich die Ultrahochfeld-MRT so weiterentwickeln, dass wir die bestmöglichen Bilder aus dem Herzen bekommen.“

Fächerübergreifende Kooperationen als Ziel

Dabei setzt Schreiber auf die enge Zusammenarbeit mit den anderen Wissenschaftlern am DZHI und über die Fakultätsgrenzen hinaus: „In einer Arbeitsgruppe ‚Computational Cardiology‘ werden wir die meines Wissens weltweit einmalige Situation haben, dass Spezialisten aus Bildgebung, Kardiologie und Hochleistungsrechnen in einer Einrichtung zusammenarbeiten werden um zu verstehen, welche physiologischen Prozesse im Herzen vor sich gehen und wie diese bei Herzinsuffizienz gestört sind.“

Von dieser engen Zusammenarbeit der Experten verspricht sich die Professorin praxisnahe Erkenntnisse, die Patienten mit Herzinsuffizienz zu Gute kommen. Als Leiterin der Bildgebung will Schreiber zudem einen umfangreichen Service für Wissenschaftler des DZHI anbieten.

Würzburg setzt eine Tradition fort

Auch privat freut sich Schreiber über ihren Wechsel nach Würzburg: „Ich habe bisher immer in Städten gelebt, die mit einem Fluss in Verbindung gebracht werden – München, Heidelberg, Boston, Mainz. Würzburg setzt diese Tradition fort. Und Würzburg liegt wie meine frühere Wahlheimat Mainz in einem Weinanbaugebiet. Ich freue mich, nicht nur die Weine, sondern vor allem auch die Menschen und die Region kennenzulernen.“

Ein Besuch der Würzburger Röntgen-Gedächtnisstätte, also bei den Anfängen der medizinischen Bildgebungsforschung, steht bei Laura Maria Schreiber schon ganz oben auf dem Programm.

Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz

Das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) ist eine Einrichtung der Universität und des Universitätsklinikums Würzburg. Es wird vom Bundesforschungsministerium als Interdisziplinäres Forschungs- und Behandlungszentrum gefördert. Seit seiner Gründung im Jahr 2010 erforscht das DZHI die Grundlagen der Herzinsuffizienz und arbeitet an einer verbesserten Behandlung der Erkrankung.

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