Heinrich-Pette-Institut trauert um Pionier der Zell- und Virusgenetik

„Sein Tod ist für die vielen Kolleginnen und Kollegen des HPI, die Wolfram Ostertag noch aus seiner aktiven Zeit am Institut kennen, ein großer Verlust. Wir verlieren nicht nur einen exzellenten Forscher, der unbeirrt auch unkonventionelle Wege ging und niemals in seinem Elfenbeinturm blieb, sondern immer auch die praktische Umsetzung seiner Forschung vorantrieb. Wir verlieren vor allem einen wunderbaren Menschen und kollegialen Freund“, sagt Dr. Carol Stocking, eine langjährige Mitarbeiterin von Wolfram Ostertag.

Professor Ostertag begann sein Biologiestudium in Mainz und setzte es in den USA an der Indiana University fort. Dort promovierte er mit 23 Jahren bei Prof. H. J. Muller (Nobelpreisträger) und beschäftigte sich in den folgenden Jahren an der Universität Münster mit der chemischen Mutagenese an Zellkulturen des Menschen. Damit gehörte er zu den Pionieren der molekularen Humangenetik und beschrieb unter anderem die Chromosomenbruch verursachende Wirkung von Koffein.

Mit bereits 29 Jahren habilitierte Wolfram Ostertag, wechselte an die renommierte John Hopkins University in Baltimore und arbeitete danach am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen. Nach einer Zeit am Beatson Institute in Glasgow, dessen Ehrenmitglied Wolfram Ostertag bis zuletzt war, holte Prof. Rudolf Jaenisch ihn im Jahr 1980 an das Heinrich-Pette-Institut. Hier leitete er 22 Jahre die Abteilung Zell- und Virusgenetik.

Zu seinen international wegweisenden Arbeiten gehört die Erstbeschreibung der anti-retroviralen Eigenschaften der Substanz Azidothymidin (AZT) bereits im Jahr 1974. Diese Pionierarbeit war Grundlage für die spätere Zulassung von AZT in der HIV-Therapie von AIDS-Patienten. Später beschäftigte sich Wolfram Ostertag mit den Eigenschaften von Retroviren für den Tranfer von Genen in Zellen. Damit trieb er die Entwicklung so genannter „Retroviraler Vektoren“ entscheidend voran, die heute nach wie vor Basis vieler gentherapeutischer Studien sind. In den folgenden Jahren galt sein Interesse dem blutbildenen System und den Eigenschaften von Stammzellen in der Hämatopoese. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Heinrich-Pette-Institut im Jahr 2002 blieb Wolfram Ostertag als Honorarprofessor der Medizinischen Hochschule Hannover aktiv und war international höchst anerkannt.
(idw, 09/2010)

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