Bisher wurde von dem parallelen Verzehr von Grapefruitsaft und der Einnahme von Medikamenten aufgrund von Wechselwirkungen eher abgeraten. Doch im Falle eines Krebsmedikaments kann die Wirksamkeit durch Grapefruitsaft scheinbar verbessert werden. Grund ist die Hemmung eines Enzyms im Darm, welches den Wirkstoff des Medikaments normalerweise abbauen würde. Praktisch bedeutet dies: Für die optimale Wirksamkeit könnten Patienten in Zukunft eine geringere Dosis des Wirkstoffes benötigen.
Die Forscher der Universität Chicago untersuchten den Einfluss von Grapefruitsaft auf die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten mit dem Wirkstoff Sirolimus. Dieser Wirkstoff wurde ursprünglich eingesetzt, um nach Transplantationen eine Abstoßreaktion zu verhindern, indem die Vermehrung von Zellen unterbunden wird. Es zeigte sich, dass Sirolimus ebenfalls das Wachstum von Tumorzellen hemmen kann und dadurch auch bei bestimmten Krebsarten angewandt wird. Bisher musste das Medikament in relativ hohen Dosen verabreicht werden, um eine wirksame Konzentration im Blut zu erreichen, da es im Darm durch Enzyme (sogenannte p70-S6-Kinasen) abgebaut wird.
Die Wissenschaftler untersuchten in der aktuellen Studie die Wechselwirkung von Grapefruitsaft mit Sirolimus. Hintergrund ist, dass die Bitterstoffe der Grapefruit in der Lage sind, die abbauenden Enzyme zu hemmen. Um die Wirkung zu untersuchen, teilten die Forscher 138 Patienten mit Krebs im Endstadium in drei Gruppen ein. Die erste Gruppe nahm ausschließlich Medikamente mit dem Wirkstoff Sirolimus ein. Die zweite Gruppe trank parallel zur Einnahme 250 Milliliter Grapefruitsaft und die dritte Gruppe nahm Ketoconazol (Chemikalie) ein, welche ebenfalls die abbauenden Enzyme hemmt. Um den Einfluss zu erfassen, erhöhten die Wissenschaftler bei allen Patienten langsam die Dosis des Kebsmedikaments, bis bei allen die optimale Wirkkonzentration im Blut erreicht war.
Die Ergebnisse waren erstaunlich: Patienten, die ausschließlich das Medikament einnahmen, brauchten 90 Milligramm pro Woche. Die Grapefruitsaft-Gruppe benötigte nur 25 bis 35 Milligramm und die Ketoconazol-Gruppe nur 16 Milligamm. Sowohl der Fruchtsaft als auch die Chemikalie verbessern die Bioverfügbarkeit des Medikaments. Der Vorteil des Saftes besteht darin, dass es sich um ein natürliches Lebensmittel handelt und nicht um eine Substanz, die zu weiteren Nebenwirkungen führen kann. Zudem ist eine Erhöhung des Wirkstoffes im Blut um 350 Prozent in der Fruchtsaftgruppe beachtlich.
Die Vorteile einer Enzymhemmung im Darm sind, dass die Dosis des Medikaments gesenkt werden kann, da der Wirkstoff länger im Körper verweilt. Dadurch haben Patienten mit weniger Nebenwirkungen während der Therapie zu rechnen und die Behandlung wird insgesamt deutlich kostengünstiger. (Anmerkung der Redaktion MEDIZIN ASPEKTE: Vor eigenmächtigen Änderungen einer Therapie wird dringend gewarnt. In jedem Fall ist der verantwortliche Arzt vor der Änderung einer Therapie zu befragen!)
Die Studie gibt erste Anhaltspunkte, dass natürliche Lebensmittel die Bioverfügbarkeit von Medikamenten durchaus positiv beeinflussen können. Deshalb sollte auch in Zukunft auf diesem Gebiet fleißig geforscht werden.