(umg) Prof. Dr. Tobias Moser, Professor für Auditorische Neurobiologie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), ist einer der Preisträger des wichtigsten deutschen Forschungsförderpreises, des Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Der Preis ist mit 2,5 Millionen Euro für bis zu sieben Jahre dotiert. Prof. Moser ist damit der erste Leibniz-Preisträger aus der Universitätsmedizin Göttingen, seitdem der Preis 1986 erstmals verliehen wurde. Der Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat am Mittwoch, dem 10. Dezember 2014, in Bonn acht Wissenschaftlern den Leibniz-Preis 2015 zuerkannt. Sie waren zuvor vom zuständigen Nominierungsausschuss aus 136 Vorschlägen ausgewählt worden.
„Wir gratulieren Prof. Moser sehr herzlich zu dieser herausragenden Auszeichnung. Mit dieser besonderen Förderung der DFG bekommt Prof. Moser völlig verdient die Möglichkeit, seinen innovativen Ansatz der optogenetischen Hörforschung weiterzuverfolgen. Wir sind wir sehr stolz darauf, dass Prof. Moser mit dem bedeutendsten deutschen Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden ist“, sagt Prof. Dr. Heyo Kroemer, Vorstand Forschung und Lehre der UMG und Dekan der Medizinischen Fakultät.
Schwerhörigkeit ist die am weitesten verbreitete Störung der Sinneswahrnehmung, mit enormen sozioökonomischen Auswirkungen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass 278 Millionen Menschen weltweit von Schwerhörigkeit betroffen sind. Daher besteht ein dringender Bedarf für ein besseres Verständnis der dabei beteiligten sensorischen Mechanismen und für die Entwicklung verbesserter Hör-Hilfen.
Professor Tobias Moser ist gegenwärtig weltweit führend in der Erforschung der Synapsen im Innenohr und international an vorderster Spitze in der Erforschung der Physiologie und Pathophysiologie des Innenohrs. In jüngster Zeit ist es ihm und seinen Mitarbeitern gelungen, die Werkzeuge der Optogenetik zu nutzen, um die Fasern des Hörnervs optisch zu reizen. Dieser Befund verspricht immense Verbesserungen in einer neu zu entwickelnden Generation von Innenohrimplantaten.
BEGRÜNDUNG DER DEUTSCHEN FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT (DFG)
Tobias Moser hat mit seinen Arbeiten erheblich zu einem besseren Verständnis synaptischer Prozesse im Innenohr und damit der Grundlage des Hörens beigetragen. Seine neuen konzeptionellen wie technischen und experimentellen Ansätze haben Maßstäbe gesetzt, die nun mit dem Leibniz-Preis gewürdigt werden.
Mosers Hauptinteresse gilt den Haarsinneszellen im Innenohr, deren Verlust jeder Mensch ab einem gewissen Alter erleidet und der zu erheblichen Einschränkungen in der Kommunikation mit Mitmenschen führen kann. Bei der Erforschung dieser elektrophysiologisch, molekularbiologisch und mechanisch höchst komplexen und zudem schwer zugänglichen Zellen verband Moser anspruchsvollste Grundlagenforschung mit translationalen Ansätzen und klinischer Praxis. Besondere Bedeutung haben dabei seine Arbeiten zur Synapse der inneren Haarsinneszellen, der „Ribbon-Synapse“. Diese ist, wie Moser entschlüsseln konnte, für die synchrone Aktivität der Hörnerven verantwortlich und damit die Grundlage für die Wahrnehmung der Tonhöhen und für die Schalllokalisation. Auf diese Weise konnte Moser auch zeigen, wie es möglich ist, mit Milli- und teilweise Mikrosekunden-Genauigkeit akustische in bioelektrische Signale umzusetzen. Auf translationalem und klinischem Gebiet entwickelte Moser schließlich mit optischen Stimulationen im Innenohr eine Alternative zur derzeit gebräuchlichen elektrischen Stimulation durch Cochlea-Implantate, der eine große Zukunft prognostiziert wird.
ZUR PERSON
Geboren 1968, studierte Tobias Moser Medizin in Leipzig und Erfurt. Er wurde mit einer im Göttinger Labor des Leibniz- und Nobelpreisträgers Erwin Neher angefertigten Arbeit promoviert. In Nehers Abteilung am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie blieb er auch danach als Postdoktorand und Nachwuchsgruppenleiter. Parallel dazu begann er eine Facharztausbildung an der Universität Göttingen, an deren Universitätsklinikum er seit 2001 eine eigene Arbeitsgruppe, das „InnerEarLab“ leitet. Nach der Habilitation in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 2003 wurde er 2005 zum Professor ernannt und hat seit 2007 einen eigenen Lehrstuhl inne. Nachdem er mehrere Rufe aus Deutschland und den USA abgelehnt hat, baut Moser aktuell in Göttingen ein neues Institut für Auditorische Neurowissenschaften auf. Ebenso ist er Sprecher des seit 2011 geförderten Göttinger Sonderforschungsbereichs (SFB) „Zelluläre Mechanismen Sensorischer Verarbeitung“.
Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis
Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich von der DFG verliehen. Er ist der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland. Ziel des Leibniz-Programms ist es, die Arbeitsbedingungen herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verbessern, ihre Forschungsmöglichkeiten zu erweitern, sie von administrativem Arbeits-aufwand zu entlasten und ihnen die Beschäftigung besonders qualifizierter jüngerer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erleichtern. Pro Jahr können bis zu zehn Preise mit einer Preissumme von jeweils 2,5 Millionen Euro verliehen werden. Die Förderung wird nur auf Vorschlag Dritter gewährt. Die Entscheidung über die Preisträger trifft der Hauptschuss aufgrund einer Empfehlung des Nominierungsausschusses für das Leibniz-Programm.
WEITERE INFORMATIONEN:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Prof. Dr. Tobias Moser
Professor für Auditorische Neurobiologie
InnenOhrLabor, Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Telefon 0551 / 39-8968, -22803, -22837
tmoser@gwdg.de
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen