Unter Endometriose versteht man das heterotope (= ortsfremde) Auftreten von Gewebe, das der normalen Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) von Aufbau und Funktion her ähnlich ist. Funktionelle Ähnlichkeit bedeutet, daß die Endometriose hormonellen Änderungen des Zyklus unterworfen ist. Sie ist ein sexualhormonabhängiger Prozeß, Östrogeneinfluß führt zur Ausbreitung der Erkrankung, Östrogenmangel führt zu ihrer Rückbildung.
Die Endometriose kann prinzipiell an allen Strukturen im gesamten Bauchraum auftreten. Man unterscheidet genitale Formen (Gebärmutter, Eileiter, Eierstock, Halteapparat der Gebärmutter, Bauchfell, Blase, Raum zwischen Enddarm und Scheide u.a.) von nicht-genitalen (Darm, Nabel, Harnleiter) Formen. Auch der Befall der Lunge ist beschrieben worden.
Vorwiegend tritt die Endometriose in der hormonell aktiven Phase auf, nie vor der Pubertät und nach den Wechseljahren selten, wobei zwei Drittel aller Patientinnen jünger als 35 Jahre und 10 % jünger als 20 Jahre sind. Etwa 5-10 % der weiblichen Bevölkerung sind von der Erkrankung betroffen, wobei die Hälfte der Betroffenen beschwerdefrei ist. Unerfüllter Kinderwunsch kann seine Ursache in einer Endometriose haben. Jede zweite bis dritte Frau mit unerfülltem Kinderwunsch ist Endometrioseträgerin.
Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. Asiatinnen erkranken zweimal häufiger als Mitteleuropäerinnen, während Afrikanerinnen die Krankheit 1 1/2mal häufiger haben.
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Letztlich noch ungeklärt ist die Ursache der Endometriose ist. Drei mögliche Entstehungsursachen werden gegenwärtig diskutiert:
1. Die Transplantationstheorie:
Nach dieser Theorie liegt der Ursprung im Endometriumgewebe. Die Endometriumzellen gelangen durch Verschleppung oder Invasion in andere Lokalisationen, was auf mehreren Wegen geschehen kann:
Ausbreitung über das Menstrualblut bei einer retrograden, d.h. rückwärts gerichteten Menstruation . Hierbei gelangt das Menstrualblut über die Eileiter in den Bauchraum. Abgestoßene Endometriumzellen werden verschleppt, bei "gesunden" Frauen ohne Veranlagung für Endometriose werden diese Zellen vom Immunsystem erkannt und zerstört. Bei Frauen mit Endometriose scheint eine Störung der zellulären Immunabwehr vorzuliegen. Die Endometriumzellen nisten sich ein und wachsen. Diese verringerte Immunabwehr kann aber eventuell auch die Folge einer bereits bestehenden Endometriose sein.
Ausbreitung über das Gefäßsystem: Endometriumzellen können über das Blut- und/oder Lymphgefäßsystem an jeden Ort des Organismus gelangen (z. B. Gehirn, Lungen).
Mechanische Verschleppung der Endometriosezellen bei Eingriffen, bei denen die Gebärmutterhöhle eröffnet wird.
Durch direkte Ausbreitung wächst die Gebärmutterschleimhaut in den Gebärmuttermuskel oder in den Eileiter ein. Die Fähigkeit der Endometriumzellen, in Gewebespalten einzudringen, ermöglicht diese Invasion. Saugbewegungen von Eileiter und Gebärmutter vor dem Eisprung können Endometriumzellen in die Bauchhöhle oder die Eierstöcke verschleppen .
2. Die "Metaplasietheorie":
Bereits beim Fetus angelegtes Gewebe wird im Erwachsenenalter in Endometriumgewebe umgewandelt. Man erklärt so die Entstehung der Endometriose zwischen Enddarm und Scheide (rektovaginale Endometriose).
3. Die Kombination aus Transplantations- und Metaplasietheorie:
Verschleppte Endometriumzellen treffen auf unreife Zellen und lösen die Umwandlung in endometriales Gewebe.
Hauptsymptom der Endometriose sind starke Schmerzen vor oder mit der Regelblutung. Häufig klagen die Patientinnen aber auch über menstruationsunabhängige Unterleibsschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Kreuzschmerzen. Es kann zu Blutungsstörungen aller Art kommen. Liegt ein Befall der Blasenwand vor, können Beschwerden beim Wasserlassen auftreten.
Die Beschwerden hängen von der Lokalisation der Endometrioseherde ab. Alle monatlich auftretenden Symptome und Beschwerden sind verdächtig im Bezug auf Endometriose.
Die Erkrankung wird oft nicht auf Anhieb erkannt. Bei der vaginalen Untersuchung kann der Frauenarzt Verdickungen und schmerzhafte Knoten im Unterleib erkennen, in seltenen Fällen können Endometrioseherde in der Scheide sichtbar sein.
Bei der Bauchspiegelung (Laparoskopie) werden die veränderten Gewebsinseln und -nester klassifiziert. Zystische Veränderungen auf und im Eierstock können ein indirekter Hinweis sein.
Nur durch eine Gewebeprobe (Biopsie) kann eine gesicherte Diagnose erfolgen. Nur eine feingewebliche Untersuchung (Histologie) kann eine Endometriose bestätigen oder ausschließen.
Häufig, jedoch nicht in allen Fällen steht der Schweregrad der Endometriose mit dem Ausmaß der Beschwerden in Verbindung.
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Je nachdem, welches Organ befallen ist, werden verschiedene Formen der Endometriose unterschieden:
– Endometriose der Gebärmutter
– Endometriose der Eileiter
– Eierstock-Endometriose
– Endometriose des Bauchfells Rectocervikale
– Endometriose (Raum zwischen Rektum und Gebärmuttermund)
– Endometriose ausserhalb des Unterbauchs
Da die Entstehung nach wie vor unbekannt ist, gibt es auch keine ursächliche Behandlung der Endometriose. Allein der Nachweis der Erkrankung durch Bauchspiegelung und Gewebeprobe ist noch kein Grund für eine operative oder medikamentöse Behandlung. Ist die Patientin beschwerdefrei, erfordert die Erkrankung nur gynäkologische Kontrolluntersuchungen. Verursacht sie jedoch Beschwerden wie chronische Unterleibsschmerzen oder andere Symptome wie z. B. Sterilität verursacht, ist eine Behandlung notwendig.
Da die Endometriose eine gutartige Erkrankung ist, richtet sich die Behandlung vor allem nach dem Beschwerdebild, wobei eine fortgeschrittene, schwere Endometriose immer behandelt werden muss. Die einfachste Form der Behandlung ist die symptomatische, das heißt, die Schmerzen werden behandelt. Es können Schmerzmittel, Prostaglandinsynthese-Inhibitoren und niedrigdosierte Gestagene verordnet werden.
Auch die Unterdrückung der Östrogenbildung im Eierstock ist ein weiterer Ansatz. Im Gegensatz zum chirurgischen Eingriff wirkt die hormonelle Behandlung auf sämtliche, noch so winzige Endometrioseherde. Der Nachteil besteht darin, dass sie langwierig und mit Nebenwirkungen behaftet ist. Es gibt bisher kein Medikament, das die eine Endometriose dauerhaft heilen könnte. Alle hormonellen Behandlungsmethoden unterdrücken die zyklische Sekretion der Eierstock-Östrogene. Die Wirkung ist bei fortgeschrittener Endometriose begrenzt, da Eierstockzysten, Verwachsungen und Narben sowie die rectovaginale Endometriose nicht auf die hormonelle Behandlung reagieren.
Es gibt verschiedene Hormonmischungen, die verwendet werden:
– Östrogen-Gestagen-Therapie
– Gestagene
– Danazol
– Gonadotropin-Releasing-Hormon-ähnliche Hormone(GnRH-Agonisten)
Die chirurgische Therapie bei einer operativen Therapie der Endometriose zielt dahin, verändertes Gewebe möglichst per Bauchspiegelung zu entfernen.
Der Vorteil liegt darin, dass die Nebenwirkungen einer hormonellen Therapie vermieden werden. Der Nachteil der chirurgischen Behandlung besteht darin, dass nur sicht- und tastbare Herde entfernt werden. Mikroskopisch kleine Endometrioseimplantate können übersehen werden, genauso wie tief ins Gewebe eingewachsene Herde und solche in anderen Organsystemen.
In 20- 40% der Fälle kommt es innerhalb von 5 Jahren nach einer chirurgischen Endometriosebehandlung zum Wiederauftreten von Beschwerden. Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung und nur mittels komplettem Östrogenentzug ist eine dauerhafte Beschwerdefreiheit und Rückbildung der Erkrankung zu erreichen. Nur die beidseitige Entfernung der Eierstöcke schützt vor Rückfall. Diese radikale Behandlung kommt nur als letzte Maßnahme in Frage, wenn entsprechende Beschwerden der anderen Unterleibsorgane wie Darm und Blase damit verbunden sind. Außerdem sollte die Frau ein entsprechendes Alter erreicht haben bzw. die Familienplanung abgeschlossen sein.