Treten nach dem Verzehr von Milch oder Milchprodukten Beschwerden auf, so spricht man von einer Milchzuckerunverträglichkeit, der so genannten Laktoseintoleranz. Im Volksmund wird dieses Krankheitsbild häufig als Laktoseallergie bezeichnet. Da aufgrund des Laktasemangels im Dünndarm keine Aufspaltung des Milchzuckers in die beiden Einfachzucker Galaktose und Glukose erfolgt, gelangt dieser unverdaut in den Dickdarm, wo er den Darmbakterien als Nahrungssubstrat dient.
Laktoseintoleranz – 10 Fragen und 10 kurze Antworten
1. Was ist Laktose genau?
Laktose (Milchzucker) ist ein Kohlenhydrat, das aus zwei Einfachzuckern, der Glukose und der Galaktose, besteht. Das Besondere ist jedoch, dass sie nur in Milch von Säugetieren und daraus hergestellten Produkten, wie zum Beispiel Sahne oder Käse, enthalten ist. Außerdem wird Laktose häufig in der Lebensmitteltechnologie verwendet, da es ein hohes Wasserbindungsvermögen und Reaktionsvermögen mit Eiweißen besitzt und als Trägerstoff für bestimmte Substanzen wie zum Beispiel Aromen oder Gewürze fungieren kann. So verleiht Laktose dem Joghurt eine höhere Festigkeit und ein größeres Volumen bei nahezu gleichem Kaloriengehalt. Bei Backwaren kommt es zu gewünschten Nebeneffekten, wie zum Beispiel einer stärkeren Bräunung. Da Milchzucker auch in Medikamenten enthalten sein kann, sollte man sich bei Vorliegen einer Unverträglichkeit in der Apotheke genau über die Zusammensetzung informieren.
2. Was versteht man unter einer Laktoseintoleranz und wie kommt es dazu?
Treten nach dem Verzehr von Milch oder Milchprodukten Beschwerden auf, so spricht man von einer Milchzuckerunverträglichkeit, der so genannten Laktoseintoleranz. Im Volksmund wird dieses Krankheitsbild häufig als Laktoseallergie bezeichnet. Dies würde jedoch das Vorliegen einer Immunreaktion des Körpers als Krankheitsursache ansehen, was nicht der Fall ist. Laktoseintoleranz ist also keine Lebensmittelallergie! Das Meiden von Produkten, die Milchzucker enthalten, führt zu einer Symptomverbesserung. Die Ursache dieser Erkrankung ist in einem Mangel an Laktase begründet, einem Enzym, das für die Spaltung des Milchzuckers in seine Einzelbestandteile verantwortlich ist. Folglich kann die Laktose nicht oder nur ungenügend verwertet werden. Grundsätzlich unterscheidet man den primären von dem sekundären Laktasemangel. Ersterer ist der Häufigere, er ist erblich bedingt und tritt meistens erst im Erwachsenenalter auf. Da die Laktaseaktivität mit dem Alter abnimmt, vertragen ältere Menschen Milchzucker generell schlechter als jüngere. Nur sehr selten ist der angeborene komplette Laktasemangel, bei dem es bereits im Säuglingsalter zu starken wässrigen Durchfällen, Austrocknung und Unterernährung kommt. Achtet man nicht strikt auf eine laktosefreie Ernährung, kann es zu Entwicklungsstörungen des Kindes kommen. Der sekundäre Laktasemangel hingegen ist erworben, nicht erblich bedingt. Da die Aufspaltung des Milchzuckers im Dünndarm erfolgt, können Dünndarmerkrankungen, wie zum Beispiel Zöliakie oder Morbus Crohn, zu einem Enzymmangel führen. Bei dieser Form bildet sich die Laktoseintoleranz nach erfolgreicher Behandlung der Grunderkrankung wieder zurück, sie ist demnach reversibel.
3. Wie häufig ist die Laktoseintoleranz?
Laktoseintoleranz ist die wahrscheinlich häufigste erblich bedingte Erkrankung weltweit und die häufigste Ursache für Beschwerden im Gastrointestinaltrakt. Männer und Frauen sind in gleichem Maße betroffen, es gibt also keine Geschlechtsspezifität. Regionale Unterschiede existieren hingegen sehr wohl. So sind in Afrika, Asien und Südamerika 50-100% der Bevölkerung von Milchzuckerunverträglichkeit betroffen, in Nordamerika und Nordeuropa nur 5-15% der Bevölkerung. In Deutschland zum Beispiel leiden zehn Millionen Menschen unter Laktasemangel.
4. Wie äußert sich eine Laktoseintoleranz?
Da aufgrund des Laktasemangels im Dünndarm keine Aufspaltung des Milchzuckers in die beiden Einfachzucker Galaktose und Glukose erfolgt, gelangt dieser unverdaut in den Dickdarm, wo er den Darmbakterien als Nahrungssubstrat dient. Die Beschwerden entstehen nun dadurch, dass bei der Fermentation Gase und kurzkettige Fettsäuren entstehen, außerdem kommt es wegen dem Milchzucker zu einem Wassereinstrom in den Dickdarm. Charakteristisch für die Laktoseintoleranz ist, dass die Beschwerden sofort oder spätestens einige Stunden nach dem Verzehr von laktosehaltigen Lebensmitteln auftreten und langsam abklingen. Typische Symptome sind dabei Bauchschmerzen, Durchfälle, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen. Daneben können auch Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und Hautprobleme auftreten, die jedoch in ihrer Stärke individuell ganz unterschiedlich sein können.
5. Können Komplikationen auftreten?
Da man durch den Verzicht auf Milch und alle Milchprodukte den Symptomen einer Laktoseintoleranz am Besten entgegenwirken kann, genau diese Lebensmittel jedoch den Hauptlieferanten an Kalzium, einem lebenswichtigen Mineralstoff, darstellen, kann es mit der Zeit zu Mangelerscheinungen kommen. Patienten mit Milchzuckerunverträglichkeit laufen Gefahr, an Osteoporose zu erkranken, da unser Körper das Kalzium vor allem zum Aufbau von Knochen und Zähnen benötigt. Aufgrund dessen sollten Betroffene darauf achten, möglichst viele andere kalziumreiche Lebensmittel wie zum Beispiel Grünkohl, Spinat, Brokkoli und Sojabohnen zu sich zu nehmen. Allerdings enthält dieses pflanzliche Kalzium zusätzlich Oxalsäure, die es für den Körper schlechter verfügbar macht. Eine Einnahme von Vitamin D wäre daher empfehlenswert. Längerfristig führt Milchzuckerunverträglichkeit außerdem zu einer Beeinträchtigung der Darmflora. Um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, könnte man prebiotisch oder probiotisch wirkende Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen.
6. Wie lässt sich Laktoseintoleranz diagnostizieren?
Der Nachweis einer Milchzuckerunverträglichkeit kann auf verschiedene Weisen erfolgen:
H2-Atemtest:
Sicherste und einfachste Methode, mit der sich eine Laktoseintoleranz Nachweisen lässt. Der Patient trinkt eine Milchzuckerlösung, woraufhin der Wasserstoffgehalt in der Atemluft gemessen wird. Wird der Milchzucker durch das Enzym Laktase nicht gespalten, gelangt er in den Dickdarm, wird dort von Darmbakterien zersetzt, wobei unter anderem Wasserstoff entsteht, das dann vermehrt über die Atemluft abgegeben wird. Je weniger ein Patient Milchzucker verträgt, desto mehr Wasserstoff ist in der Atemluft enthalten.
Laktose-Toleranztest:
Er wird normalerweise mit dem H2-Atemtest kombiniert. Nachdem die Milchzuckerlösung getrunken wurde, werden Blutabnahmen durchgeführt, um Blutzuckersteigerungen zuGe beobachten. Üblicherweise entsteht bei der Aufspaltung von Milchzucker Glukose, die dann über die Darmwand in die Blutbahn gelangt, wo sie dann nachgewiesen werden kann. Bei Laktoseintoleranz gelangt ein entsprechend geringer Teil an Glukose ins Blut. Konzentrationen unter 20 Milligramm pro Deziliter werden als Hinweis auf Milchzuckerunverträglichkeit angesehen.
Gentest:
Relativ neues Verfahren, das über die genetische Veranlagung für die Entstehung einer Laktoseintoleranz Aufschluss gibt. Ist zur Zeit aufgrund der Kosten- und Zeitintensität noch kein Standardverfahren.
7. Was ist bei der Ernährung zu beachten?
Da die Beschwerden immer nach Verzehr von Milchzucker auftreten, konzentrieren sich die Ernährungsempfehlungen vor allem auf die Meidung oder Reduzierung des Konsums von Milch, Milchprodukten und allen Lebensmitteln, die Milchzucker enthalten. Wie viel Mengen an Laktose jeder Patient verträgt, hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab und muss individuell ausgetestet werden. Nur sehr selten treten Beschwerden schon bei sehr geringen Mengen (unter drei Gramm) auf. Wird der Milchzucker in kleinen Mengen verzehrt, treten in der Regel keine Probleme auf. Ab zehn Gramm kommt es dann meist zu den oben beschriebenen Symptomen. Die individuelle Testung der tolerierbaren Menge erfolgt am Besten mit dem Führen eines Ernährungstagebuches, in das alle verzehrte Lebensmittel und unter Umständen damit verbundene Beschwerden notiert werden. Zu Beginn sollte ein vier- bis sechswöchiger Zeitraum einer laktosefreien Ernährung eingehalten werden. Bei Beschwerdefreiheit können dann verschiedene Milchprodukte in kleinen Mengen zu sich genommen werden. Dabei ist zu beachten, dass fermentierte Milchprodukte wie zum Beispiel Joghurt, Kefir Dickmilch oder Hartkäsesorten in der Regel gut verträglich sind. Langsam können dann weitere Produkte getestet und die zugeführte Menge gesteigert werden.
Milchzuckerfreie Lebensmittel:
- Fleisch und Fisch
- Obst und Gemüse
- Kartoffeln, Nudeln, Reis
- Hülsenfrüchte
- Getreide
- Mineralwasser, Fruchtsäfte, Tee, Kaffee
- Pflanzenöle
- Eier
8. Was kann man zusätzlich unternehmen?
In Drogeriemärkten werden zur Linderung der Beschwerden und zur besseren Verträglichkeit milchzuckerhaltiger Speisen laktasehaltige Präparate zum Kauf angeboten, wodurch das Enzym Laktase von außen zugeführt wird und damit eine Aufspaltung des Milchzuckers in Galaktose und Glukose im Dünndarm erfolgen kann.
Die natürliche Verdauung wird demnach praktisch unterstützt. Diese Präparate sollten vor den Mahlzeiten eingenommen werden; die verwendete Menge muss jedoch individuell ausgetestet werden. Außerdem haben diese Substanzen den Vorteil, dass es bei dem Verzehr von industriell gefertigten Lebensmitteln, in denen Milchzucker vielleicht als Träger für Aromen oder Gewürze enthalten ist, nicht zu Beschwerden kommt. Im Handel gibt es zahlreiche Milchersatzprodukte, die auf Reis oder Soja basieren, außerdem laktosefreie Milch und Milchprodukte. Dies ist vor allem für Patienten mit einer schweren Milchzuckerunverträglichkeit von Vorteil.
9. Welche Erkrankungen können ähnliche Beschwerden hervorrufen?
Das so genannte Reizdarm-Syndrom, ein Symptomenkomplex aus chronischen, in Schüben auftretetenden Bauchschmerzen und Stuhlveränderungen ohne fassbare organische Ursache, kann ähnliche Symptome wie eine Milchzuckerunverträglichkeit auslösen. Etwa 50% der Patienten mit Verdauungsstörungen und 20% der Gesamtbevölkerung leiden an dieser Erkrankung. Vor allem Menschen zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr sind davon betroffen. Eine weitere Erkrankung ist die Dyspepsie, eher ein Sammelbegriff für unspezifische, mit der Nahrungsaufnahme verbundene Beschwerden im Magen-Darm-Bereich. 5% der Deutschen leiden unter dyspeptischen Beschwerden und befinden sich deshalb in ärztlicher Behandlung. Bei 50% liegt eine Entzündung der Speiseröhre aufgrund von ständigem Sodbrennen, ein Magengeschwür oder Magenkrebs vor.
10. Selbsthilfegruppen und Ratgeber
Nutzen sie die Möglichkeit, sich fachkundigen Rat einzuholen. Selbsthilfegruppen bieten in diesen Fällen Ansprechpartner, die über praktische Tipps aus eigener Erfahrung verfügen.
Selbsthilfegruppen: Nakos
Die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) ist die bundesweite Aufklärungs-, Service- und Netzwerkeinrichtung im Feld der Selbsthilfe und Selbsthilfeunterstützung in Deutschland.