Trotz einiger Risiken bedeutet die Digitalisierung für die Medizin vor allem eine große Chance. Erkrankungen lassen sich dank digitaler Daten und künstlicher Intelligenz präziser diagnostizieren und mit zunehmend höherer Effektivität behandeln. Gleichzeitig verändert das Digitalzeitalter die Beziehung zwischen Ärzten und Patienten. So beispielsweise durch Gesundheitsportale.
Von Selbsthilfeforen bis hin zu virtuellen Sprechstunden ermöglicht das Internet für die Bevölkerung einen neuen Zugang zu Themen wie Krankheit und Therapie. Obwohl die digitalen Entwicklungen ihre Vorteile bieten, sind sie kein Ersatz für einen Arztbesuch.
Immer mehr Bürger neigen jedoch zu Selbstdiagnosen. Arztbesuche schieben sie oft auf die lange Bank und therapieren sich selbst. Dieses Vorgehen ist mit Vorsicht zu genießen. So insbesondere, weil der Durchschnitt im gegenwärtigen Überangebot an Gesundheitsportalen kaum zwischen seriösen und unseriösen Plattformen unterscheiden kann.
Selbstbehandlung ist oft unangemessen
Bereits im Jahr 2012 gaben drei Viertel aller Bundesbürger in der MSL-Gesundheitsstudie des Marktforschungsinstituts Skopos an, regelmäßig das Internet als Informationsquelle für Krankheiten zu nutzen. Bei Bagatellerkrankungen neigten sie zur anschließenden Medikamentenbeschaffung und Selbstbehandlung ihrer Leiden.
Dies birgt einige Gefahren: Wer lediglich auf Basis eigener Recherche Selbstdiagnosen stellt und sich selbst therapiert, stuft Ursachen, Symptome und Krankheitsbilder möglicherweise falsch ein. Dies kann eine Erkrankung unnötig verlängern und im schlimmsten Fall sogar fatale Folgen haben. Daher ist ohne ärztliches Fachwissen und die Möglichkeit einer gezielten Diagnostik von dieser Vorgehensweise grundsätzlich abzuraten. Wer sich krank fühlt, nutzt das Internet besser dazu, auf einfache Art und Weise Zugang zu örtlichen Fachärzten zu finden.
Auf entsprechenden Portalen können Patienten sogar einfach online Termine bei spezialisierten Ärzten vereinbaren. So wie die medizinische Forschung dank digitalisierter Daten voranschreitet, profitiert also auch der Einzelne von der digitalen Entwicklung. Der gewissenhafte Umgang mit Gesundheitsportalen kann jedoch zumindest bis zum Arzttermin kurzfristige Linderung verschaffen.
Auf Zertifikate achten
Natürlich gibt es durchaus seriöse Informationsseiten zum Thema Krankheit und Behandlung, so unter anderem in Form der Internetpräsenz bekannter Krankenkassen. Ein wichtiges Kriterium für die Vertrauenswürdigkeit einer Gesundheitswebsite sind Zertifikate wie das der Stiftung Health on the Net (HON) oder des Instituts für Qualität und Transparenz von Gesundheitsinformationen (IQTG).
Seiten mit Zertifikaten wie diesen gelten als neutral und handeln damit beispielsweise nicht im Auftrag von Pharmakonzernen. Letztere schlagen in Sachen Therapie unabhängig von der Wirksamkeit vorzugsweise die eigenen Medikamente vor. Schon allein deshalb sind sie keine angemessenen Informationsquellen.
Die Bundesärztekammer warnt außerdem vor der ausschließlichen Medizinberatung über Foren oder Cyberärzte. In diesem Kontext verweist das Amt auf das deutschlandweit gültige Fernbehandlungsverbot. Obwohl virtuelle Sprechstunden in der Bundesrepublik bereits zur Realität gehören, ersetzen sie persönliche Arzttermine nicht.
Zunehmende Zahl an Cyberchondern
Eine weiterhin beunruhigende Entwicklung im Rahmen digitaler Medizinangebote ist die steigende Zahl an sogenannten Cyberchondern. Als solche gelten Menschen, die nach eingehender Internetrecherche davon überzeugt sind, an einer bestimmten Krankheit zu leiden. Teils steigert sich diese Überzeugung sogar bis hin zur Besessenheit.
Die immer leichtere Zugänglichkeit medizinischer Information erschwert Ärzten in diesem Zusammenhang die Diagnose. Ihre Patienten empfinden sich aufgrund ihrer Recherche immer öfter selbst als Experten und zweifeln ärztliche Aussagen häufig sogar an.