Zeit: vom 20.06.2013, 15:00 Uhr bis 22.06.2013, 16:00 Uhr
Ort: Universität und Oper Leipzig
Wagners Musikdramen fordern von den Sängerinnen und Sängern Höchstleistungen, die mit teils enormen Belastungen für den Stimmapparat einhergehen. Welche Risikofaktoren bedrohen Hochleistungsstimmen und wie können sie durch wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen Stimmphysiologie, Phoniatrie und Akustik sowie durch eine spezialisierte medizinische Betreuung minimiert werden? Diese grundlegenden Fragen haben die Universitätsmedizin Leipzig in Zusammenarbeit mit den Bayreuther Festspielen und der Oper Leipzig bewogen, im Jubiläumsjahr eine außergewöhnliche Fachveranstaltung zur Stimmgesundheit bei Wagner-Stimmen auf die Beine zustellen.
Hochkarätige Podiumsdiskussionen
Ziel des Symposiums ist es, nicht nur Fachleute wie Mediziner, Logopäden, Sänger, Musikwissenschaftler oder Chorleiter anzusprechen, sondern auch interessierte Studierende und Laien. Höhepunkte werden zwei hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen im Audimax der Universität zur Stimmbelastung im Musikdrama sein, zum einen aus der Sicht der Interpreten (Freitag) und zum anderen aus der Sicht der Produzenten (Samstag). Dabei erwartet werden als Gäste der Nürnberger Tenor Prof. Siegfried Jerusalem, dessen Siegfried und Tristan bei den Bayreuther Festspielen seiner Zeit als sensationell beurteilt wurden und die Berliner Sopranistin Prof. Christiane Libor, die jüngst in „Die Feen“ auf der Leipziger Opernbühne glänzte. Außerdem bereichern die Diskussionen der Musikwissenschaftler Prof. Thomas Seedorf aus Karlsruhe, die Leipziger Operndirektorin Franziska Severin, die künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin der Bayreuther Festspiele, Prof. Katharina Wagner, sowie der Dirigent Prof. Christoph Ulrich Meier aus Wien. Tickets sind gesondert über alle bekannten Vorverkaufsstellen für 12 € erhältlich. „Wir richten uns ausdrücklich auch an interessierte Laien“, sagt Organisator Michael Fuchs. „Die drei Tage sind eine wunderbare und außergewöhnliche Möglichkeit für interdisziplinäre Gespräche, die so äußerst selten zustande kommen.“
Wagner-Stücke fordern
„Das älteste, echteste und schönste Organ, dem unsere Musik allein ihr Dasein verdankt, ist die menschliche Stimme“, stellte schon Richard Wagner fest. Er hat das italienische Belcanto durch die durchkomponierte Form des Musikdramas mit großem Orchester abgelöst. Seitdem werden besondere Anforderungen an die dramatische Stimme gestellt. Sie muss Strahlkraft besitzen und gegenüber dem großen Orchester hörbar sein, selbst wenn es teils sehr laute Strecken mit großer Emotionalität und dichtem Klang hervorbringt. Außerdem hat sich die stimmliche Gestaltungsart verändert. So dürfen auch „hässliche“ Töne auftauchen, wenn es beispielsweise gilt, den geifernden Zwerg Alberich authentisch darzustellen. Hauptpartien sind oft mit einer langen und ausdrucksintensiven Bühnenpräsenz verbunden.
Deshalb gilt es für zukünftige Wagner-Sänger, Erfahrungen zu sammeln, ob ihre Stimme den Anforderungen entspricht oder sich durch Gesangstechnik noch weiterentwickeln lässt, meint Prof. Michael Fuchs, Phoniater an der Leipziger Universitätsmedizin und Ex-Thomaner. „Es gibt hochkarätige Belcanto-Sänger, die gut beraten sind, keine Wagner-Rollen zu übernehmen. Jemand, der den Tamino aus Mozarts Zauberflöte perfekt darbieten kann ist nicht automatisch bereit für den Tristan. Wagner hat für mich viel mit sängerischer Effektivität zu tun, mit seiner Kraft zu haushalten. Es gilt, die Kräfte einzuteilen, während einer Partie, aber auch während der Probenarbeit einer Produktion und mit den anderen sängerischen Verpflichtungen abzustimmen. dabei können Sänger an ihre Grenzen stoßen.“
Bei dauerhaftem Überschreiten der Grenzen drohen Funktionsstörungen wie eine Veränderung der Stimmlippenschwingung. Darauf folgen Entzündungs- und Heilungskaskaden, die zu organischen Veränderungen an den Stimmlippen führen können. Sicht- und hörbare Veränderungen, die beim Phoniater zur Behandlung landen. „Solche Folgen können überall auftreten“, erklärt Fuchs. „Im Wagnerschen Musikdrama besteht jedoch ein besonderes Risiko.“