Gefräßiges Bakterium: WissenschafterInnen der Uni Graz klären, wie Cholera-Erreger zu Nahrung kommt

Infiziert sich ein Mensch mit Cholera, bringt der Krankheitserreger Darmzellen zum Absterben. Diese toten Zellen entleeren unter anderem ihre DNA in den Darm, wo diese von Vibrio cholerae in ihre Bausteine, so genannte Nukelotide, zerlegt wird. „Die Nukleotide enthalten Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphate und damit die drei wichtigsten organischen Nährstoffe“, erklärt Schild. „Damit sind sie ein gefundenes Fressen für Cholera-Bakterien.“ Auch andere Darmbakterien können sich von den DNA-Bausteinen ernähren, aber nicht so schnell und nicht so gut.

Viel hilft viel
Die Cholera-Erreger verfügen etwa über gleich drei Enzyme statt nur eines, um die Phosphate aus den Nukleotiden abspalten zu können, wie das amerikanische Team herausfand. Weiters sind sie der bislang einzige bekannte Organismus mit drei Aufnahmesystemen für Nukleoside – so nennt man die Nukleotide, wenn die Phosphate bereits abgespalten sind. Diese Erkenntnisse der ForscherInnengruppe legen den Grundstein für neue Therapiemöglichkeiten bei Cholera-Infektionen.
Die Krankheitserreger leben in Wasser, wo ihnen wenig Nährstoffe zur Verfügung stehen. Werden sie von Menschen über Speisen oder Getränke aufgenommen, können sie sich im Darm massiv vermehren. „Die Bakterien nutzen uns quasi als Supermarkt für den Wocheneinkauf, bis sie über den Stuhl wieder ausgeschieden werden, damit sie dann im Wasser bis zum nächsten Getrunkenwerden über die Runden kommen“, beschreibt Schild. Schafft man es, die „Fresssysteme“ zu blockieren, können sich die Krankheitserreger weniger stark vermehren und sind meist auch nicht mehr fit genug, um im aquatischen Umfeld zu überleben. „Damit haben wir ein neues Angriffsziel gegen Vibrio cholerae“, betont der Molekularbiologe.

Krebstherapie
Im Gegensatz zu anderen Bakterien haben die Aufnahmesysteme der Cholera-Erreger hohe Ähnlichkeit zu menschlichen Transportern, die eine wichtige Rolle in der Chemotherapie spielen. Dort werden häufig Nukleosid-ähnliche Stoffe verwendet, um Krebszellen zu bekämpfen. „Damit haben wir nun möglicherweise ein einfaches bakterielles System gefunden, mit dem wir die Aufnahme von Chemotherpeutika in Krebszellen simulieren können“, erklärt Schild.

Publikation: Tanja Gumpenberger, Dina Vorkapic, Franz G. Zingl, Katharina Pressler, Stefanie Lackner, Andrea Seper, Joachim Reidl und Stefan Schild: Nucleoside uptake in Vibrio cholerae and ist role in the transition fitness from host to environment, Molecular Microbiology, DOI: 10.1111/mmi.13143

Kontakt für Rückfragen:
Assoz. Prof. Dr. Stefan Schild
Institut für Molekulare Biowissenschaften
Karl-Franzens-Universität Graz
Tel.: 0316/380-1970
E-Mail: stefan.schild@uni-graz.at

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