Gefäßalterung schon in jungen Jahren verhindern

Am 30. Mai 2012 findet erstmalig im Gefäßzentrum des Knappschaftskrankenhaus Püttlingen ein Aktionstag für Jugendliche statt. Die Aktion läuft im Rahmen der bundesweiten Aktion der Deutschen Gesellschaft für Angiologie. Ziel ist es, Jugendliche über die Folgen von Übergewicht, Bewegungsmangel, Nikotin und ungesunder Ernährung in unserem Organismus zu informieren. Anhand praktischer Beispiele und Übungen wird auf spielerische Weise den Heranwachsenden ein Gespür für ihren Körper vermittelt. Im Mittelpunkt stehen wichtige Impulse, die ihnen zu einem gesünderen Lebensstil und mehr Selbstverantwortung im Umgang mit Gesundheit verhelfen sollen.

Gefäßalterung, die Arteriosklerose, beginnt nicht erst mit dem Eintreten von Symptomen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Schaufensterkrankheit. Der Grundstein für die Entwicklung einer Arteriosklerose wird bereits in der Jugend gelegt. Die größten Risikofaktoren sind Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht und falsche Ernährung. Diese Faktoren fördern nachweislich das frühe Entstehen von Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus.

Aktionstag „gesunde Gefäße“ für Jugendliche

„In einem Pilotprojekt möchten wir dabei 24 Schüler der Klassenstufe 5 der Peter-Wust-Schule in Püttlingen ihrem Körper ein Stück näher bringen. Dabei helfen uns verschiedene Workshops: Mit Hilfe praktischer Übungen, anhand von Beispielen und Modellen, möchten wir ihnen Informationen über Herz, Kreislauf und Gefäße veranschaulichen“, so Dr. Christiane Jochum, Leiterin des Püttlinger Gefäßzentrums. Die Veranstaltung wird von den Mitarbeitern der Angiologie, Schülern der Krankenpflegeschule und den Lehrern der Peter-Wust-Schule unterstützt.

In einem 1. Workshop lernen die Schüler die oben beschriebenen Risikofaktoren und deren Auswirkung auf den Organismus kennen. Darüber hinaus erlernen die Jugendlichen den Umgang mit dem Blutdruckmessgerät und das Ertasten des Pulses. Die Schüler bereiten mit einer Ernährungsberaterin ein leckeres, gesundes Mittagessen selbst zu. Ein weiterer Workshop nennt sich ‚Rollstuhlparcours‘. „Für die Jugendlichen sicherlich eine lustige Erfahrung. Jedoch lernen sie dabei, wie schwierig das Leben durch eine Gehbehinderung werden kann“, so Jochum. In Patienteninterviews besteht die Möglichkeit, mit Gefäßpatienten ins Gespräch zu kommen, deren Gedanken und Alltagserfahrungen besser kennen zu lernen. Die Patienten berichten aus ihrer eigenen Erfahrung auch darüber, was sie aus der heutigen Sicht gerne anders gemacht hätten. „Wenn ein solches Gespräch dazu führt, dass der ein oder andere Schüler zum Beispiel nicht mit dem Rauchen beginnt, hätten unsere Aktion schon ein Ziel erreicht,“ berichtet Dr. Christiane Jochum.

„Unser Ziel ist es, die Schüler für den Umgang mit dem eigenen Körper und die Eigenverantwortung zu sensibilisieren. Wer bis zum 18. Lebensjahr nicht mit dem Rauchen begonnen hat, wird so schnell kein ‚echter‘ Raucher mehr.“ Heute beginnt die Raucherkarriere bereits mit 11- 12 Jahren. Jeder 5. Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren raucht – unabhängig vom Geschlecht, bereits regelmäßig. Auch in Bezug auf das Bewegungsverhalten entwickelt sich die Freude an körperlicher Aktivität bereits in jungen Jahren – oder auch nicht. Auch auf die modernen Gefahren, z.B. Shisha-Rauchen als Einsteigerdroge, wird eingegangen.

„Die junge Generation könnte die erste sein, die vor ihren Eltern stirbt“

Neue Studien belegen, dass etwa 17% Prozent aller Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind. Bei 7–8 Prozent aller Kinder und Jugendlichen liegt bereits eine schwere Adipositas vor, d.h. sie sind stark übergewichtig. 85 Prozent dieser übergewichtigen Kinder werden auch als Erwachsene mit Übergewicht zu kämpfen haben.

Schulkinder sehen täglich im Durchschnitt etwa zwei Stunden fern, zum Teil in Kombination mit dem Konsum von Süßigkeiten und anderen Kalorienbomben. Zusätzlich fehlt häufig die regelmäßige körperliche Bewegung. Hält dieser Trend an, wird in 40 Jahren jeder zweite Erwachsene unter Fettleibigkeit leiden. Übergewicht ist keinesfalls nur ein rein ästhetisches oder psychisches Problem. Langfristig drohen vielfältige Folgen bei Übergewicht:
• Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck. Ganz besonders kritisch ist die rapide Zunahme des Diabetes vom Typ-2 schon bei Jugendlichen.
• Immer mehr Kinder haben auch aufgrund von Übergewicht beim Schuleintritt bereits motorische Defizite und Koordinationsstörungen.
• Der Haltungs- und Bewegungsapparat wird überstrapaziert – so können schon früh Schäden an Gelenken auftreten.

Kostenexplosion im Gesundheitswesen

Die Kosten für das Gesundheitssystem bei Gefäßerkrankungen und Diabetes sind bereits jetzt schon enorm. Beispielsweise geben wir für Diabetes-Patienten aktuell etwa 3,7 Mrd. € pro Jahr aus. Aufgrund der ansteigenden Erkrankungszahlen bis 2025 wird sich die Höhe der Ausgaben auf etwa 4,5 Milliarden € pro Jahr steigern. Nach Angaben der WHO (Weltgesundheitsorganisation) könnte etwa die Hälfte der Diabetes-Erkrankungen durch Prävention und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in der Jugend verhindert werden.

Das rechtzeitige Vorbeugen von Übergewicht bringt zum einen mehr Lebensqualität, reduziert Kosten im Gesundheitswesen und gewährt zum anderen einen längeren Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Die volkswirtschaftliche Bedeutung ist immens vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung mit einer Zunahme der Menschen über 60 Jahre und einer zunehmend höheren Lebenserwartung bei einem weiteren Rückgang der Geburtenrate. „In Zukunft wird es zunehmend wichtiger, auch Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsvorsorge zu ergreifen – neben den bereits existierenden Möglichkeiten der Therapie, Pflege und Rehabilitation“, erklärt Dr. Christiane Jochum.

Nach oben scrollen