Eine neue Operationsmethode bei Gebärmutterhalskrebs verbessert die Heilungsraten auf 96%. Vorteile für den Patienten sind eine deutliche Verringerung der operationsbedingten Komplikationen, eine schnellere Heilung und ein Verzicht auf eine zusätzliche Bestrahlung. In den ersten Monaten des Jahres hat Dr. Martin Deeken, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Knappschaftskrankenhaus Püttlingen, bereits Patientinnen erfolgreich damit behandelt.
Gebärmutterhalskrebs ist weltweit nach Brustkrebs die zweithäufigste Krebsart mit jährlich 500.000 Neuerkrankungen und 350.000 Todesfällen. Aufgrund einer guten Vorsorge konnte in den letzten Jahrzehnten in Deutschland die Zahl der Erkrankungen deutlich gesenkt werden. Der Tumor ist für etwa jede 30. Krebserkrankung bei Frauen verantwortlich. Er tritt relativ häufig bei Frauen zwischen 35 und 54 Jahren auf.
Die klassische OP
Bisher basiert die operative Therapie des Gebärmutterhalskrebses seit mehr als 100 Jahren auf dem unveränderten Konzept, das als klassische Methode nach Wertheim und Meigs bekannt ist: Die so genannte radikale Hysterektomie geht von der Vorstellung aus, dass der Tumor im Zentrum steht und sich von dort aus ohne Berücksichtigung von Strukturen in das umliegende Gewebe und in die Lymphknoten ausbreitet. Bei der klassischen OP einschließlich Bestrahlung des Beckens und der Lymphabflussgebiete wurde eine 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 78% erreicht. Das erneute Auftreten von Krebs (Rezidivrate) liegt bei etwa 15-19 %.
Fortschritte durch die neue OP
An der Universitätsfrauenklinik Leipzig konnte Prof. Dr. Michael Höckel an 247 Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs nachweisen, dass sich der Tumor bis zu einem gewissen Wachstum nur in embryologisch festgelegten Grenzen, so genannten Kompartimenten, ausbreitet. An Stelle der klassischen radikalen Operation wurde nun innerhalb dieser Kompartimente operiert. Die Operation erhielt nach der embryologischen anatomischen Abgrenzung den Namen „Totale Mesometriale Resektion“ (TMMR). Sie erfolgt wie die klassische OP über einen konventionellen Bauchschnitt. Sehr große Tumore werden vor einer OP mit Hilfe der Chemotherapie verkleinert. &bdquoBesonders wichtig ist es, das hintere Kompartiment um Enddarm und Steißbein zu entfernen, damit das erneute Auftreten des Krebses verhindert wird“, ergänzt Deeken. Ebenso werden auch die Lymphknoten entfernt, da sie mit zu der embryologischen Anlage gehören.
Zahlreiche Vorteile für den Patienten
Die Betroffenen erholen sich nach einer OP viel schneller, da der Eingriff sehr viel schonender erfolgt als bei der klassischen Operation. Einerseits wird das durch das Erhalten der Nervenbahnen im gesamten Becken erreicht. Andererseits bleibt auch die Blase einschließlich ihrer Gefäß- und Nervenversorgung verschont.
&bdquoDas Positive für alle Patienten ist, dass die 5-Jahres-Überlebensrate bei 96% liegt. Zum Vergleich liegt die klassische OP mit Bestrahlung bei ca. 80%. Geringer ist auch das erneute Auftreten eines Tumors
im Beckenbereich: Er liegt gerade mal bei 1,6%, wobei er bei der herkömmlichen Methode bei 15 bis 19% liegt“, so Deeken. Darüber hinaus bleibt den Betroffenen eine Bestrahlung sowie deren Nebenwirkungen erspart. Das neue Verfahren weist auch erheblich weniger Komplikationen auf: Die Komplikationsrate liegt bei nur 12%, das sind 13% weniger als bei der klassischen OP. Schwerwiegende Komplikationen waren bisher nicht zu beobachten. Auch die gefürchteten Blasenentleerungsstörungen konnten durch die nervenschonende Operation auf 0,8% reduziert werden (Wertheim-Meigs: > 30%).
&bdquoDer einzige Nachteil des neuen Verfahrens liegt in der langen Operationszeit, die zwischen 5 und 8 Stunden beträgt. Leider kann die OP bisher nicht per Bauchspiegelung durchgeführt werden. Zudem ist sie nur bei Patientinnen mit einem BMI < 40 anwendbar“, erklärt Deeken.