Fliegen als Krankheitsüberträger

Offene Wunden an Armen und Beinen, entstellte Gesichter – Frambösie ist eine Krankheit, die Haut, Knochen und Knorpel befällt. Betroffen sind vor allem Kinder in den entlegensten tropischen Gegenden von Afrika, Südostasien und dem Pazifikraum. Auslöser der Krankheit ist das Bakterium Treponema pallidum subspecies pertenue. Bislang ging man davon aus, dass das Bakterium nur von Mensch zu Mensch übertragen wird. Eine jetzt veröffentlichte Studie eines internationalen Forscherteams um Sascha Knauf vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung legt jedoch nahe, dass auch Fliegen als Überträger fungieren. Dies muss bei der Bekämpfung der Krankheit berücksichtigt werden (EBioMedicine 2016).

Da wo die Straßen aufhören und nur noch einzelne Dörfer den Urwald unterbrechen, beginnt das Frambösie-Gebiet. Benannt nach der Himbeere, französisch ‘framboise’, führt diese Krankheit zunächst zu himbeerartig aussehenden Hautveränderungen. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kommt es im weiteren Verlauf zu schweren Knochen- und Knorpelveränderungen, die insbesondere im Gesicht und an den Extremitäten auftreten. Die Ansteckung erfolgt durch Hautkontakt mit einer infizierten Person. Die World Health Organization (WHO) geht davon aus, dass 75 bis 80 Prozent der Betroffenen Kinder unter 15 Jahre sind.

Eigentlich genügt eine Pille eines Antibiotikums, um die durch das Bakterium Treponema pallidum subspecies pertenue ausgelöste Krankheit zu heilen. Praktisch gibt es jedoch viele Dörfer ohne Zugang zum rettenden Medikament. Die WHO hat sich nun ein zweites Mal dem Problem angenommen und will die Krankheit bis zum Jahr 2020 ausrotten. Dabei könnte es aber ein Problem geben: Nicht nur hat das internationale Forscherteam um Sascha Knauf vom Deutschen Primatenzentrum in einer früheren Studie den Frambösieerreger auch im Affen nachgewiesen und damit den Verdacht nahegelegt, dass es ein bisher unbeachtetes Tierreservoir gibt, das Bakterium konnte in der aktuell veröffentlichten Studie auch auf Fliegen nachgewiesen werden. „Dadurch bekommt die Mensch-zu-Mensch, aber auch die Affe-zu-Mensch Übertragung eine neue Dimension, die zuvor nur spekuliert werden konnte“, sagt Sascha Knauf. Sollten Fliegen die Bakterien von Affen auf Menschen übertragen, so ist es fraglich, ob die Krankheit beim Menschen überhaupt nachhaltig ausgerottet werden kann, da gerade in den Urwalddörfern Affen und Menschen so nah beieinander leben, dass eine Fliege von einer Wunde zur nächsten gelangen kann.

Sascha Knauf und seine Kollegen haben 207 Fliegen in zwei Nationalparks in Tansania untersucht. In beiden Parks leben mit Treponema infizierte Paviane. In rund 20 Prozent der untersuchten Fliegen konnte Bakterien-DNA nachgewiesen werden. „Unsere Untersuchung bekräftigt die Annahme, dass Fliegen die Frambösie übertragen können“, sagt Sascha Knauf, Erstautor der Studie. Die Forscher wollen weiter an dem Thema arbeiten, da bislang noch nicht klar ist, ob die in den Fliegen gefundenen Bakterien lebensfähig sind. „Wenn sich bestätigt, dass die Fliegen tatsächlich lebende Bakterien übertragen und infizierte Affen als Reservoir fungieren, wird es immer wieder Fälle von Frambösie geben, auch wenn die Krankheit beim Menschen durch Medikamente und Hygienemaßnahmen ausgerottet wird“, sagt Knauf.

Originalpublikation

Sascha Knauf, Jane Raphael, Oriol Mitjà, Inyasi A. V. Lejora, Idrissa S. Chuma, Emmanuel K. Batamuzi, Julius D. Keyyu, Robert Fyumagwa, Simone Lüert, Charmie Godornes, Hsi Liu, Christiane Schwarz, David Smajs, Philippe Grange, Dietmar Zinner, Christian Roos, Sheila A. Lukehart (2016): Isolation of Treponema DNA from necrophagous flies in a natural ecosystem. EBioMedicine, doi: 10.1016/j.ebiom.2016.07.033, http://www.ebiomedicine.com/article/S2352-3964(16)30343-7/fulltext

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