GPCR bilden die größte Familie von molekularen Angriffspunkten für Medikamente: Mehr als ein Drittel aller Arzneimittel entfalten ihre Wirkung über eine Wechselwirkung mit GPCR. So wirken beispielsweise blutdrucksenkende Betablocker dadurch, dass sie die Funktion eines GPCR aus der Familie der adrenergen Rezeptoren bremsen. Andererseits entfalten starke Schmerzmittel wie etwa Morphin ihre Wirkung dadurch, dass sie Opioidrezeptoren, die ebenfalls zur Klasse der GPCR gehören, aktivieren. Im Menschen werden etwa 800 unterschiedliche GPCR gebildet. Nur ein kleiner Teil davon ist bisher erforscht. Dem will der diesjährige Chemie-Nobelpreisträger Brian Kobilka mit seinen neuen Forschungspartnern abhelfen.
Bereits 2011 war es in enger Zusammenarbeit zwischen den Labors von Kobilka und Gmeiner gelungen, die erste Röntgenkristallstruktur – also ein dreidimensionales Bild, das sogar einzelnen Atome sichtbar macht – eines GPCR zu erhalten, der an einen aktivierenden Wirkstoff gebunden ist. Die neu gegründete Forschergruppe will nun auf Basis der Erkenntnisse, die sich aus solchen Kristallstrukturen gewinnen lassen, neuartige Arzneistoffe entwickeln, die sich durch eine höhere Effektivität oder geringere Nebenwirkungen auszeichnen.
Während im Labor von Brian Kobilka in Stanford Kristallisationsexperimente und weitere strukturbiologische Untersuchungen durchgeführt werden sollen, wird die Arbeitsgruppe des Computerchemikers Brian Shoichet an der University of Toronto die neuen Kristallstrukturen nutzen, um im Computer mehrere Millionen von potenziellen Wirkstoffen auf ihre Wechselwirkungen mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren zu untersuchen. Die erfolgversprechenden Wirkstoffe, in der Fachsprache „Hits“ genannt, sollen dann im Labor von Roger Sunahara (University of Michigan) auf ihre Wirkung in hoch spezialisierten In-vitro-Zelltests untersucht werden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf Wirkstoffe gelegt, die nicht mit der Bindungsstelle körpereigener Botenstoffe wie etwa Adrenalin am GCPR wechselwirken, sondern mit unabhängigen Bindungstaschen (allosterische Bindungsstellen). Diese Art der Steuerung und Kontrolle von GCPR verspricht die Möglichkeit, mit einer hohen Zielgenauigkeit an einen gewünschten GCPR anzudocken sowie eine „natürlichere“ Beeinflussung der physiologischen Vorgänge.
Schließlich wird es die Aufgabe von Peter Gmeiner und seiner Arbeitsgruppe sein, gefundene Hits chemisch weiter zu modifizieren und zu optimieren und andererseits maßgeschneiderte Wirkstoffe für GPCR zu konstruieren, die zusammen mit gereinigten Rezeptoren im Kobilka-Labor neue Kristallstrukturen liefern können.
„Die neu gegründete Forschergruppe gibt uns die Gelegenheit, die Pharmaforschung revolutionieren“, sagt Prof. Peter Gmeiner.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter Gmeiner
Tel.: 09131/85- 24116
peter.gmeiner@fau.de