Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) hat in der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern die erste Hürde genommen: Mit den beiden Exzellenzclustern Hearing4all und REBIRTHT4S (From Regenerative Biology to Reconstructive Therapy – Translation for Success) sowie dem neuen Vorhaben RESIST (Resolving Infection Susceptibility) ist die MHH in die zweite und entscheidende Runde des Förderprogramms eingezogen. „Wir freuen uns, dass alle drei von der MHH eingereichten Anträge zur Hauptantragstellung aufgefordert sind“, betont MHH-Präsident Professor Dr. Christopher Baum. „Das Ergebnis der hart umkämpften Vorauswahl ist ein großartiger Erfolg für die MHH und ihre Kooperationspartner und ein weithin sichtbarer Ausdruck der konzeptionellen, personellen und strukturellen Stärken unseres Standorts. Damit sind wir im Bereich der Medizin bundesweit die erfolgreichste Universität.“ Zudem bestehe nun für den Standort Hannover die große Chance, auch in der Förderlinie der Exzellenzuniversitäten erfolgreich zu sein. Der Präsident dankt allen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Koordinatorinnen und Koordinatoren, die zu diesem Erfolg beigetragen haben.
Mit der Exzellenzstrategie soll der Wissenschaftsstandort Deutschland nachhaltig gestärkt und seine internationale Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessert werden. Am 27. und 28. September hat ein international besetztes Expertengremium über die in der Förderlinie Exzellenzcluster eingereichten Antragsskizzen beraten und beschlossen, welche der 195 Projekte zur Antragstellung für die Endrunde aufgefordert werden. Die Verbünde dürfen jetzt bis Ende Februar den Vollantrag schreiben. Die Entscheidung über die Förderung der Anträge fällt im September 2018.
Als Exzellenzcluster werden international wettbewerbsfähige Forschungsfelder an Universitäten oder in Universitätsverbänden gefördert. Die Exzellenzcluster werden ab dem 1. Januar 2019 im Umfang von drei bis zehn Millionen Euro pro Jahr für sieben Jahre gefördert.
Die MHH-Kandidaten:
Kampf gegen Infektionen
Der neue Forschungsverbund RESIST (Resolving Infection Susceptibility) ist ebenfalls aufgefordert, einen Vollantrag zu stellen. In dem Verbundprojekt werden die molekularen Grundlagen von Abwehrschwächen gegenüber Erregern erforscht, um Infektionen besser vermeiden, diagnostizieren und therapieren zu können. „Dies ist ein großer Erfolg für die Infektionsforschung im Raum Hannover-Braunschweig. Wir freuen uns sehr über die Anerkennung unserer bisherigen gemeinsamen Anstrengungen und auf die damit verbundenen neuen Möglichkeiten, Menschen zu helfen, die von schweren Infektionen betroffen sind“, sagt Professor Dr. Thomas Schulz. Der Leiter des MHH-Instituts für Virologie ist Sprecher von RESIST. Zu diesem regionalen Verbund gehören außer der MHH das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig, das TWINCORE-Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung Hannover, die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover sowie das „Centre for Structural Systems Biology“ in Hamburg.
Gegen die leise Volkskrankheit
Auch die Hörforscher aus dem seit 2012 im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderten Exzellenzcluster Hearing4all der MHH, der Universität Oldenburg und der Leibniz Universität Hannover freuen sich, die erste Hürde auf dem Weg zur neuen Förderperiode erfolgreich genommen zu haben. „Wir sind natürlich stolz und glücklich darüber, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Bedeutung unserer Forschung für immerhin rund 16 Millionen Betroffene allein in Deutschland anerkennt und damit auch gleichzeitig unsere Forschungsleistung auf dem Gebiet der Diagnostik und Therapie von Hörstörungen auszeichnet“, erklärt HNO-Klinikdirektor Professor Dr. Thomas Lenarz, gleichzeitig stellvertretender Sprecher des Exzellenzclusters Hearing4all. Allein die HNO-Klinik der MHH hat im Rahmen des Exzellenzclusters zusätzlich fast zehn Millionen Euro an Forschungsgeldern eingeworben, 25 Patente angemeldet und gerade die ersten Patienten mit dem neuen Mittelhirnimplantat AMI versorgt, um defekte Hörnerven zu überbrücken und den gehörlosen Patienten auf diese Weise wieder zum Hören zu verhelfen.
Die rund 200 Forscher aus Hannover und Oldenburg bereiten sich nun mit Hochdruck darauf vor, den Vollantrag für eine zweite Förderperiode zu stellen. Die erste Förderperiode hatte die DFG von 2012 bis nun Ende Oktober 2017 gewährt und die Hörforschung von Hearing4all mit rund 28 Millionen Euro unterstützt.
Regenerative Therapien für Volkskrankheiten von Blut, Leber, Lunge und Herz
Auch der seit 2006 im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderte interdisziplinäre Forschungsverbund REBIRTH (Von REgenerativer BIologie zu Rekonstruktiver THerapie) darf einen Vollantrag stellen. Im Rahmen des Neuantrages für den Forschungsverbund für regenerative Wissenschaften, Medizin und Technologie REBIRTHT4S wollen die MHH-Forscher gemeinsam mit der Leibniz Universität Hannover ein breites Spektrum an therapeutischen Konzepten und Plattformtechnologien anwenden, um die Entstehung und Entwicklung von Volkskrankheiten zu verstehen. „Die Entscheidung des Expertengremiums freut mich außerordentlich“, sagt Professor Dr. Axel Haverich, Koordinator des Exzellenzclusters REBIRTH und Direktor der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie. „Zum einen würdigt es unsere Leistungen der vergangenen Jahre, zum anderen besteht nun die Möglichkeit, dass wir unsere Therapien konsequent weiterentwickeln können – nicht zuletzt zum Wohle der Patienten.“ Neben den beiden Antragstellern werden sich auch wieder Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin, des Friedrich-Löffler-Instituts in Mariensee, des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung, des Laser Zentrums Hannover e. V. sowie des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin an dem Verbundprojekt beteiligen.
In den vergangenen zehn Jahren haben die rund 250 Wissenschaftler neue Therapiemethoden für Blut, Leber, Lunge und Herz entwickelt und wegweisende Erkenntnisse zu Krankheitsmechanismen und zur Stammzellbiologie erlangt. In der ersten Förderperiode 2006 bis 2011 erhielt REBIRTH 32,5 Millionen Euro, in der zweiten rund 28 Millionen Euro. In dieser Zeit konnten die Forscher 88 Patente anmelden, 15 Erfindungen lizensieren und sieben Start-up-Unternehmen gründen. In dem angegliederten Doktorandenprogramm „Regenerative Sciences“ wurden über 100 Nachwuchsforscher ausgebildet und zahlreiche, weltweit beachtete Studien publiziert.