Erste Urologische Universitätsklinik in Ostdeutschland: Urologie in Jena feiert 50. Geburtstag

Jubiläum in der Lessingstraße 1: Seit genau 50 Jahren ist dies die Anschrift der Jenenser Urologie. Erst nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt sich die Urologie in Deutschland als selbstständiges Fachgebiet. Der erste Lehrstuhl im Osten des Landes entsteht 1959 in Halle, jedoch ohne eine eigenständige Klinik. In Jena ist es der Chirurg und Urologe Prof. Dr. Emil Hienzsch, der sich für die Herauslösung der Urologie aus der Chirurgischen Universitätsklinik und für die Gründung eines Lehrstuhls für Urologie einsetzt. So nimmt die erste eigenständige Urologische Universitätsklinik Ostdeutschlands am 15. November 1963 ihren Betrieb auf. Dank seines großen Engagements gilt Hienzsch als Wegbereiter der modernen Urologie – wie sie heute nicht nur am Universitätsklinikum Jena (UKJ) praktiziert wird.

Bis ins Jahr 1945 beherbergt das 1915 errichtete Gebäude ein humanistisches Gymnasium. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird hier zunächst ein Hilfskrankenhaus eingerichtet, später eine Tuberkuloseklinik. Als die Urologische Klinik ihren Betrieb aufnimmt, sind die Bedingungen alles andere als günstig: Den Ärzten und Schwestern stehen lediglich ein nicht klimatisierter Operationssaal, ein 10-Bett-Zimmer sowie geliehene Instrumente zur Verfügung. In den ersten Jahren können sie nur Teile des Gebäudes nutzen, erst ab 1976 dient das Haus ausschließlich der Urologie. Mehrere Umbauten und Erweiterungen in den 1970er-Jahren verbessern die medizinische Betreuung spürbar: Die Zahl der Betten steigt, eine Poliklinik macht die Vor- und Nachbehandlung im eigenen Haus möglich, der erweiterte Laborbereich erlaubt bessere Diagnostik. Im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit von Prof. Hienzsch steht das Harnsteinleiden. Die von ihm und seinem Nachfolger als Klinikdirektor, Prof. Hans-Joachim Schneider, begründeten „Jenaer Harnsteinsymposien“ ziehen namhafte Wissenschaftler aus dem In- und Ausland an. Bis Mitte der 1980er-Jahre ist die Urologie in Jena als „Steinklinik“ bekannt, eine Spezial-Sprechstunde für Patienten mit Harnsteinen gehört bis heute zum Angebot der Klinik.

Die politische Wende bringt große Herausforderungen mit sich. Mit der Grenzöffnung wechseln viele Fachärzte in die alten Bundesländer, in Jena fehlt das Personal. Mit einer ganzen Reihe junger Assistenzärzte und Schwestern gelingt der Urologischen Klinik der Neubeginn. Doch um internationalen Standards zu genügen, muss in technische Ausstattung und vor allem ausreichende Räumlichkeiten investiert werden. Auf Initiative und mit finanzieller Unterstützung des Münchener Urologen und Unternehmers Dr. Rudolf Castringius entsteht bereits im Jahr nach der Wende ein Funktionsanbau an der Südseite der Klinik – der Flügel war Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört worden. „Dieser Anbau war ein Segen für das Haus“, sagt PD Dr. Wolfgang Berg, der seit 1972 an der Klinik tätig ist. Neben vier modernen OP-Sälen entstehen ein Diagnostiktrakt, Ambulanzräume, modern ausgestattete Bettenstationen und ein Hörsaal. Zusammen mit Umbauten im alten Gebäudeteil sind so die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Mitarbeiter neben Methoden der modernen Harnsteintherapie weitere Behandlungsschwerpunkte ausbauen können.

Prof. Dr. Jörg Schubert, der die Leitung der Klinik Ende 1988 übernimmt, gründet das Nierentransplantationszentrum und baut es zu einem der stärksten der Region aus. Die erste Transplantation in Thüringen erfolgt hier im November 1990. Während seiner Zeit als Direktor entwickelt die Klinik ein sehr breites klinisches und operatives Spektrum. Prof. Schubert setzt sich zudem für die enge Kooperation mit anderen Fachgebieten, unter anderem im Bereich der onkologischen Grundlagenforschung ein.

Auf interdisziplinäres Arbeiten kommt es vor allem bei der Behandlung von Tumoren an. „Wir sind als Prostatakarzinomzentrum nach den Standards der Deutschen Krebshilfe ausgewiesen und Teil des ebenfalls zertifizierten Onkologischen Zentrums des UKJ“, so der heutige Klinikdirektor Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm. Um die Patienten mit Tumoren des Harntraktes und der männlichen Genitale optimal behandeln zu können, arbeiten die Experten in der Diagnostik, der Therapie und der Nachsorge eng zusammen.

In den Kerngebieten der Urologie spielen die so genannten minimal-invasiven Verfahren eine immer größere Rolle, die sich durch kleinere Schnitte, weniger Wundschmerzen und geringere Blutverluste auszeichnen. Seit 2011 verfügt die Klinik über einen DaVinci-Operationsroboter der neuesten Generation. Indem der Operateur die Roboter-Arme und daran gekoppelte Präparier- und Nahtinstrumente über eine Konsole steuert, ist hochpräzises Arbeiten möglich. Einer der häufigsten Eingriffe, die in der Klinik für Urologie zurzeit mit Hilfe des DaVinci-Systems erfolgen, ist das Entfernen der Prostata bei einem lokal begrenzten Prostatakarzinom. „Hier kommt es besonders darauf an, die potenzerhaltenden Nervenbündel und den Harnschließmuskel zu schonen – diese Funktionen zu erhalten, ist durch den Einsatz des Roboters am besten gewährleistet“, so Prof. Grimm. Auch bei der Behandlung der gutartigen Vergrößerung der Prostata kommen minimal-invasive Verfahren zum Einsatz – eine neue Methode arbeitet mit dem so genannten Greenlight-Laser, der das vergrößerte Gewebe verdampft. Bei der Behandlung von Harnsteinen helfen dem Urologen heute Ureteroskope, die es dank einer kleinen Kamera an der Spitze des Geräts möglich machen, Steine in jedem Areal der Niere zum Beispiel mit Lasertechnik zu behandeln. „Doch trotz aller Technik, die wir heute nutzen können, steht selbstverständlich der Patient im Zentrum unseres Bemühens“, so Prof. Grimm. Für die Betreuung der Patienten sei es von großer Bedeutung, dass es an der Klinik für Urologie ein gut eingespieltes, sehr erfahrenes Pflegeteam gibt.

Kontakt:
Klinik und Poliklinik für Urologie
Universitätsklinikum Jena
Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm
Lessingstraße 1
07743 Jena
Tel. 03641 935206

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