Von unserer dtd-Korrespondentin Jutta Thumser
(dtd). Nahrungsmittelbestandteile, Pollen, Hausstaubmilben oder Tierhaare – über 20.000 unterschiedlichste Stoffe sind heute bekannt, die Allergien auslösen können. Mittels eines Haut- oder Bluttests sind Allergologen in der Lage, die Auslöser der allergischen Reaktion zu finden. Nach Schätzungen von Hautärzten sind etwa 35 Prozent der Bundesbürger von Allergien betroffen. Am häufigsten kommt Heuschnupfen vor, während juckende Hautausschläge – wie Neurodermitis oder Kosmetik- und Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten sowie allergisches Asthma und Kontaktallergien eine geringere Rolle spielen. Experten raten Betroffenen, nicht zu versuchen, die Beschwerden auszuhalten und ohne medikamentöse Behandlung auszukommen, denn: Die Allergie kann sich auf andere Stoffe ausweiten, auf die man vorher nicht reagiert hat.
Genetische Disposition
Im Unterschied zu einer Erkältung ist ein Heuschnupfen keine durch Bakterien oder Viren hervorgerufene Infektion, sondern eine überschießende Reaktion des Immunsystems. Es reagiert dabei verstärkt auf bestimmte körperfremde Substanzen wie Pollen, obwohl diese – anders als Krankheitskeime – an sich keine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Die Veranlagung für Erkrankungen des sogenannten atopischen Formenkreises, zu dem auch Asthma und Neurodermitis gehören, wird vererbt. Da die genetische Disposition nicht behandelbar ist, beschäftigt sich die Forschung intensiv mit Maßnahmen zur Vorbeugung und Linderung der Beschwerden.
Langwierige Desensibilisierung
Grundregel für alle Betroffenen: Die Basis jeder Besserung ist das konsequente Meiden des Allergens. Doch nicht immer ist dies ohne weiteres möglich. In bestimmten Fällen, etwa Soforttyp-Allergien wie Heuschnupfen, können auch Medikamente weiterhelfen. Schon seit einigen Jahren gibt es so genannte Gräsertabletten, die gegen Heuschnupfen ursächlich wirken und diesen dauerhaft abmildern sollen. Auch die spezifische Immuntherapie, bei der dem Pollenallergiker die Auslöser seiner Beschwerden in geringer Dosis und unter ärztlicher Kontrolle verabreicht werden, verspricht Linderung durch die Desensibilisierung des Immunsystems. Es lernt gewissermaßen, die betreffende Substanz zu tolerieren. Die Therapie mit Spritzen, Tropfen oder Tabletten dauert in aller Regel drei Jahre und soll die Allergie über die Behandlungsdauer hinaus lindern oder gar ganz abstellen. Andere Heuschnupfenmittel, wie Kortisonspray, Cromoglicinsäure oder verschiedene Antihistaminika, wirken rein symptomatisch. Ihr Einsatz kann dennoch sinnvoll sein, denn die Symptome lassen sich damit wirkungsvoll und schnell unterdrücken.
Die Schleimhaut schützen
Nicht in jedem Fall ist die Gabe kortisonhaltiger Mittel notwendig – mehrere wissenschaftliche Untersuchungen überprüften die Wirkung eines neuartigen Nasensprays. Professor Dr. Ralph Mösges von der Universität Köln erläutert die Ergebnisse: „Das liposomale Nasenspray unterscheidet sich in seiner Wirksamkeit nicht von der leitliniengemäßen Therapie mit Antihistamin- und Corticosteroid-Sprays“. Da auf Kortison und Antihistamine verzichtet wird, ist das Heuschnupfenspray auch für Schwangere und Kinder geeignet. Es ist gut verträglich und zeigt seine Wirkung bereits ab dem ersten Sprühstoß – die Liposomen (Fettkügelchen) formen einen Schutzfilm, der die Allergene binden und den Kontakt der Allergene mit der Nasenschleimhaut verhindern kann.
Vorbeugen mit Mikronährstoffen
Bei der Prävention von Heuschnupfen, Asthma und Neurodermitis kann möglicherweise auch Selen eine wichtige Rolle spielen. Denn das unverzichtbare Spurenelement gilt als natürlicher Partner des Immunsystems. Wissenschaftler vermuten, dass Selen, etwa in Form von körperfreundlichem Natriumselenit, bestimmte Funktionen des Immunsystems modulieren kann. Im Fall von Allergien bedeutet dies, dass überaktive Abwehrzellen gehemmt werden könnten. In einer 2005 veröffentlichten deutschen Studie unter an Neurodermitis erkrankten Kindern konnte die positive Wirkung einer Selengabe auf den Krankheitsverlauf bereits nachgewiesen werden.
Regulieren statt unterdrücken
Wichtig bei allen Therapieansätzen ist, das in Alarmbereitschaft versetzte Immunsystem nicht unüberlegt durch stimulierende Mittel noch mehr anzuregen. Eine regulierende Behandlung setzt oft bei der Darmflora an, denn der Darm ist eine zentrale Verbindung zur Außenwelt und unser wichtigstes Immunorgan. Nach den Erkenntnissen der Gesellschaft für Vitalpilzkunde e.V. kann sich nach der Einnahme von Vitalpilzen oft schon nach kurzer Zeit eine Besserung der allergischen Reaktion zeigen. Die Wirksamkeit des Reishi und des Hericium, die die Schleimhäute der Verdauungsorgane stärken, antientzündlich wirken und so für ein intaktes Immunsystem sorgen können, ist in Studien belegt.
Hausverbot für Blütenpollen
Mit Hasel, Erle und Birke beginnt das jährliche Leiden der zehn bis 13 Millionen deutschen Pollenallergiker. Neue, hoch allergene Pflanzen wie Ambrosia, deren Pollen bis November fliegen, sorgen zudem für immer längere Leidenszeiten. Deshalb sollte zumindest nachts der Kontakt mit den Allergenen so weit wie möglich eingeschränkt werden. Um den Pollenflug in den eigenen vier Wänden zu unterbinden, gibt es spezielle Pollenschutzgewebe, die passgenau für Fenster und Türen angefertigt werden. Dank der besonderen Beschichtung bewirkt das innovative Gewebe, dass die Pollen buchstäblich hängen bleiben – und nur die frische Luft ins Innere eindringt, damit zumindest nicht auch noch die Nachtruhe gestört wird.
Lästige Mitbewohner
Dagegen haben es Hausstauballergiker nicht so leicht, den belastenden Allergenen zu entkommen. In nur einem einzigen Gramm Staub können sich an die 15.000 Hausstaubmilben befinden, deren Kot für die allergischen Reaktionen verantwortlich ist. Ihr Vorkommen ist keine Frage mangelnder Hygiene, vielmehr gehören sie zu den natürlichen Mitbewohnern der häuslichen Umgebung, die sich in Betten und Polstern besonders wohl fühlen. Bislang ließen sich die Beeinträchtigungen nur durch milben- und allergendichte Überzüge reduzieren. Der ruhige Schlaf wird in der Regel allerdings dadurch „erkauft“, dass die sogenannten Encasings zu 100 Prozent aus Kunstfasern bestehen. Als wesentlich effektiver und hautfreundlicher hat sich die aktive Wirkung von reinen Silberfäden in Baumwoll-Bettwäsche erwiesen. Dank einer gegenpoligen elektrischen Ladung töten die Silberionen die Milben bei Kontakt ab. Silberfaserbettwäsche ist somit nicht nur eine passive „Hürde“, sie ist für Hausstaubmilben ein tödlicher elektrischer Zaun. Ein Test des TEC Laboratoire in Anglet, Frankreich, hat die Wirkung bestätigt und eine 94-prozentige Reduktion der Hausstaubmilben-Population durch den Einsatz von Silberfaserbettwäsche nachgewiesen.
Wenn der Vierbeiner zur Qual wird
Für viele Menschen ist ein Leben ohne Haustier kaum vorstellbar. Mehr als sieben Millionen Katzen, knapp sechs Millionen Kleintiere – wie Hamster, Meerschweinchen oder Mäuse – und rund fünf Millionen Hunde leben in deutschen Haushalten. Die Freude am vierbeinigen Hausgenossen wird getrübt, wenn beim Besitzer oder einem Familienmitglied eine Tierhaarallergie diagnostiziert wird. Die Betroffenen leiden unter Niesen, Augenjucken oder Atemnot. Vor allem bei Kindern hat sich die Allergierate in den letzten Jahren sprunghaft erhöht. Zwar steht mit der spezifischen Immuntherapie eine langfristig erfolgreiche Behandlung zur Verfügung, doch bis zur Desensibilisierung können zwei bis drei Jahre vergehen. Allergologen empfehlen daher, dem auslösenden Tier so weit wie möglich aus dem Wege zu gehen. Menschen, die auf ihre eigenen Haustiere allergisch reagieren, stehen damit vor einem großen Problem. Denn es reicht selten aus, die Tiere aus bestimmten Bereichen des Hauses zu verbannen. Die allergieauslösenden Substanzen sind nämlich nicht die Haare selbst, sondern Allergene, die von Hautschuppen oder aus dem Speichel, Talg oder Urin der Tiere stammen. Zusammen mit den losen Haaren verbreiten sie sich in der Umgebungsluft und können sich dort wochenlang halten.
Gefahr auf dem Teller: Lebensmittel-Allergien
Allergien gegen Nahrungsbestandteile wurden von Hippokrates bereits 400 vor Chr. beobachtet. Damals war noch in erster Linie der Verzehr von Fisch, Erdbeeren oder Hühnerei die Ursache. Heute reagieren schätzungsweise zehn Prozent der Bundesbürger allergisch auf Lebensmittel oder die darin enthaltenen Zusatzstoffe wie Farb- und Konservierungsmittel, Antioxidanzien, Emulgatoren und unerwünschte Rückstände (z. B. Pestizide und Antibiotika). Allergische Symptome treten besonders im Bereich der Haut, der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts auf. Auffallend ist, dass die gleichen Lebensmittel oder deren Inhaltsstoffe bei Betroffenen oft unterschiedliche Reaktionen auslösen können. Im Zeitalter der Fertiggerichte sollten hochgradig sensibilisierte Menschen auch auf die so genannten “versteckten Allergene“ achten. Das sind nicht erkennbare und nicht gekennzeichnete Allergie auslösende Nahrungsbestandteile in komplex zusammengesetzten Speisen aus dem Handel. Bereits ein geringer Verzehr der versteckten Allergene in Form von Erdnüssen, Haselnüssen, Soja, bestimmten Gewürzen oder Milchprotein können schwerste allergische Reaktionen auslösen. Lebensgefährlich ist die besonders starke allergische Reaktion, der so genannte anaphylaktische Schock, der sofort ärztlich behandelt werden muss.
Nahrungsmittel-Pseudoallergien
Von einer pseudo-allergischen Reaktion spricht man, wenn es zu den gleichen Symptomen wie bei einer Allergie kommt, jedoch keine Antikörper im Blut oder durch Hauttests nachgewiesen werden können. Bei diesen scheinbar allergischen Reaktionen findet keine vorhergehende Sensibilisierung statt und das Immunsystem ist augenscheinlich nicht beteiligt. Immerhin rufen bei etwa 120.000 Bundesbürgern einige Lebensmittelzusatzstoffe pseudoallergische Reaktionen vor. Bestes Beispiel ist das China-Restaurant-Syndrom, eine pseudoallergische Reaktion gegen den Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat (E-Nummer 621), der bei empfindlichen Menschen während des Essens oder bis zu einer Stunde danach Symptome wie Schwächegefühl, Tränenfluss, Übelkeit, Herzklopfen, Schweißausbruch oder Muskelzucken auslösen kann. Heute wird Mononatriumglutamat auch bei vielen anderen Lebensmitteln eingesetzt, besonders bei Fertigprodukten wie Gewürzmischungen, Salatdressings, Gemüse-, Fleisch- und Fischkonserven sowie Trockensuppen. Für die Hersteller besteht die Pflicht, Nahrungsmittelzusatzstoffe zu kennzeichnen. Allerdings “verstecken“ sie sich meistens hinter den so genannten E-Nummern, was dem Allergiker die Nahrungsmittelauswahl häufig erschwert. Ganz allgemein gilt: E-Nummern der Gruppe 100 sind Farbstoffe, die der Gruppe 200 sind Konservierungsstoffe, die der Gruppe 300 sind Antioxidanzien und die der Gruppe 400 sind Stabilisatoren und Emulgatoren.
Allergie oder Unverträglichkeit?
Bauchschmerzen oder Juckreiz nach dem Essen müssen aber nicht zwangsläufig auf eine Lebensmittelallergie hinweisen. Neben der allergischen Abwehrreaktion des Immunsystems gibt es eine Reihe von anderen Unverträglichkeitsreaktionen auf Lebensmittel, denen andere Reaktionsmechanismen zu Grunde liegen. So gibt es alleine in Deutschland rund 14 Millionen Menschen, die Milch oder Milchprodukte gar nicht zu sich nehmen können, weil sie eine Laktose-Unverträglichkeit haben. Ihnen fehlt das für die Spaltung der Laktose zuständige Enzym Laktase und das führt zu Verdauungsproblemen, Durchfall und Bauchschmerzen. Als Alternative zu einer milchfreien Ernährung gibt es im Handel heute laktosefreie Milch und Milchprodukte, bei denen der Milchzucker bereits in seine Bestandteile Glukose und Galaktose gespalten wurde, so dass der Genuss von Milch problemlos möglich ist und die Intoleranz keine Rolle mehr spielt.