Die Infektion mit dem humanen Cytomegalovirus stellt bei Personen mit eingeschränktem Immunsystem eine erhebliche, zum Teil lebensbedrohliche Gefahr dar. Dies gilt insbesondere für Transplantat-Empfänger, Patienten unter einer Tumor-Chemotherapie und für Neugeborene. Die zugelassenen antiviralen Medikamente führen häufig zu Nebenwirkungen und zur Resistenzbildung bei den Viren. Eine Resistenz, also eine erworbene Unempfindlichkeit gegenüber Medikamenten, bilden Viren zum Beispiel, indem sie ihre molekularen Angriffspunkte so verändern, dass die Wirkstoffe ihrer nicht mehr habhaft werden können. „Die Lösung des Problems der Medikamentenresistenz stellt bislang eine der Kernfragen der antiviralen Therapie dar“, erläutert Prof. Manfred Marschall.
Das Forschungsvorhaben der Erlanger stellt diesem Resistenzproblem einen neuen Entwicklungsansatz für Medikamente gegenüber. Sie wollen Wirkstoffe finden und weiterentwickeln, die an unveränderbare Strukturen des Virus binden. Damit hätte das Virus keine Möglichkeit, eine Resistenz zu entwickeln. Das Projektvorhaben vereint zu diesem Zweck erstmals neue molekulare Technologien wie z.B. hochauflösende Mikroskopieverfahren und Proteinstruktur-Analysen, die in der Entwicklung antiviraler Medikamente bisher noch nicht in dieser Form zum Einsatz kamen. Ziel dieser methodischen Innovation ist es, eine nächste Generation von anti-herpesviralen Medikamenten bereitzustellen.
Die Arbeitsgruppe und ihre Kooperationspartner konnten bereits nachweisen, dass das betreffende virale Enzym, die sogenannte Proteinkinase pUL97, durch bestimmte neue Wirkstoffe blockiert werden kann. Die Virusvermehrung kann unter dem Einsatz ganz bestimmter Inhibitoren auf eine Weise unterdrückt werden, dass es nicht zu einer Resistenzbildung kommt. Mithilfe der erprobten Wirkstoffe wollen die Virologen die Wechselwirkung zwischen einem künftigen Medikament und dem Zielmolekül voraussagen. „Die genaue Kenntnis der Wechselwirkung, vor allem mit Blick auf die räumlichen Struktur des viralen Enzyms, würde der Therapie-Entwicklung eine neue Richtung geben“, beschreibt Prof. Manfred Marschall die Motivation für das Projekt.
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 190.000 Euro. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Prof. Manfred Marschall bearbeitet dieses Projekt zusammen mit Dr. Corina Hutterer am Virologischen Institut des Universitätsklinikums Erlangen. Unterstützung erfahren die Virologen durch Prof. Vahid Sandoghdar vom Max-Planck-Institut Erlangen für die Physik des Lichts. Die wissenschaftlichen Leistungen der beiden Arbeitsgruppen umfassen die Disziplinen der medizinischen und molekularen Virologie, verschiedene Bereiche der Molekularbiologie sowie der Biophotonik und Nanooptik. Zahlreiche für dieses Projekt relevante Aspekte und Vorarbeiten wurden von ihnen in der jüngsten Vergangenheit in wissenschaftlichen Journalen publiziert.
Kontakt:
Prof. Dr. Manfred Marschall
Virologisches Institut des Universitätsklinikums Erlangen, Universität Erlangen-Nürnberg
Telefon: +49 (0)9131 8526089
E-Mail: manfred.marschall@viro.med.uni-erlangen.de
Homepage: www.virologie.uni-erlangen.de
Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.wilhelm-sander-stiftung.de