Mit den Starting Grants fördert der Europäische Forschungsrat junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit jeweils bis zu 1,5 Millionen Euro. Sie gelten als eines der prestigereichsten Förderinstrumente in Europa. Antragsteller sollten herausragende Vorarbeiten vorzuweisen haben und müssen den Antrag für Starting Grants maximal sieben Jahre nach Abschluss der Promotion einreichen. Die Erfolgsquote des zweistufigen Antragsverfahrens liegt bei circa zehn Prozent. In diesem Jahr waren drei Aachener Wissenschaftler erfolgreich.
Professor Hendrik Bluhm
Die Nutzung quantenmechanischer Effekte zur Informationsverarbeitung stellt einen grundlegenden Paradigmenwechsel dar. Verschiedene Anwendungen sind möglich, etwa eine starke Effizienzsteigerung in der Datenverarbeitung und eine abhörsichere Datenübertragung. Zentrale Idee dabei ist, klassische Bits durch Quantenbits – kurz genannt Qubits – als elementare Speicher- und Rechenbauelemente zu ersetzen. Zur Übermittlung von Quantendaten über größere Distanzen und zur Vernetzung zukünftiger Quantencomputer ist es von großem Interesse, den Zustand von stationären Qubits auf Photonen zu übertragen. Diese könnten in der Folge per Glasfaserkabel weitergeleitet werden. Ziel des ERC-Projekts von Professor Hendrik Bluhm ist, dies für die von ihm untersuchten Halbleiterqubits zu erreichen. Diese Quantenbauelemente zeigen bisher vielversprechende Eigenschaften als stationäre Qubits und haben aufgrund ihrer Kompatibilität mit der Halbleitertechnologie ein hohes Anwendungspotential. Die optische Ankopplung ist bislang jedoch weitgehend unerforscht.
Bluhm hat an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg Physik studiert, an der Stanford University promoviert und in Harvard als Postdoc gearbeitet. Seit März 2011 ist er Universitätsprofessor für das Fach Physik der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der RWTH und Leiter des Lehrstuhls für Quantentechnologie.
Dr. Andreas Walther
Der Chemiker Dr. Andreas Walther forscht an intelligenten Nanostrukturen. Wenn Wissenschaftler ein Material mit einer bestimmten Funktion entwickeln möchten, optimieren sie zunächst die Struktur und Beschaffenheit des Materials. Walther geht einen Schritt weiter und betrachtet in seinem ERC-Projekt die zeitliche Kontrolle über Materialstrukturen. „Ein menschlicher Körper funktioniert durch das Zusammenspiel unendlich vieler molekularer Komponenten. Dabei spielt eine entscheidende Rolle, dass einzelne Komponenten im Laufe der Zeit neu entstehen, sich verändern oder sich auflösen“, so Walther. „Ich möchte künstliche Materialien entwickeln, denen das auf ähnliche Weise gelingt und die eine Art zeitlich vorgegebenes Programm absolvieren.“ Derartige Materialien könnten vielseitigen Einsatz finden – zum Beispiel als temporäre Datenspeicher, als Trägermaterialien für medizinische Wirkstoffe oder Biosensoren.
Walther promovierte an der Universität Bayreuth in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Axel Müller, wo er sich auf die Synthese weicher Polymersysteme konzentrierte. Als Postdoc forschte er anschließend an der Helsinki University of Technology und der Aalto University in Finnland. 2011 wechselte er nach Aachen und leitet seitdem eine Nachwuchsgruppe am DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien.
Dr. Rafael Kramann
In dem von der Europäischen Union geförderten Projekt „Targeting perivascular myofibroblast progenitors to treat cardiac fibrosis and heart failure in chronic kidney disease“, kurz CureCKDHeart, sollen grundlegende pathophysiologische Vorgänge im Herzen von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz aufgeschlüsselt und neue Therapeutische Targets spezifisch auf den Zellen identifiziert werden, die Herzvernarbung verursachen. Dr. Rafael Kramann und sein Team werden in einem zweiten Schritt versuchen, neue zielgerichtete Therapien zu entwickeln, die Herzvernarbung reduzieren oder sogar aufhalten können. Ziel des ERC-Projektes ist es, ein besseres Verständnis der Pathophysiologie zu erreichen und mit der Entwicklung neuer Therapien plötzlichen Herztod zu vermeiden und chronische Herzinsuffizienz bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz zu reduzieren.
Kramann ist in der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, rheumatologische und immunologische Erkrankungen, Medizinische Klinik II, tätig, die zur Uniklinik RWTH Aachen gehört.