Endoskopie in neuem Licht

Endoskopische Eingriffe verlangen vom Chirurgen höchste Präzision. Durch eine winzige Öffnung in der Haut muss er Skalpell oder Nadel einführen, in Position bringen und bedienen, ohne umliegendes Gewebe zu zerstören. Damit all das gelingt, braucht er Augen, die unter die Haut gehen.

Diese Augen könnten sogar besser sein als unsere eigenen: Der Physiker Dr. Nikolaos Deliolanis von der Fraunhofer Projektgruppe in Mannheim entwickelt eine Echtzeit-Multispektral- Bildgebung, die mehr sehen kann, als wir normalerweise wahrnehmen. Mit der neuen Technik sollen Chirurgen künftig auf einen Blick nicht nur das Gewebe erkennen, in welches das Endoskop vordringt, sondern auch fluoreszierende Marker in Tumoren und Gefäßen.

Das Verfahren kann die Arbeit im OP enorm erleichtern. Bisher muss der Operateur zwischen verschiedenen Anzeigen hin- und herschalten: Die Kamera zeigt entweder das normale Farbbild oder die fluoreszierenden Marker, die beispielsweise eingesetzt werden, um Tumor-Gewebe sichtbar zu machen. Theoretisch hat der Chirurg also mehrere Augen, er kann sie jedoch nicht gleichzeitig benutzen: Abhängig von der gewählten Anzeige sieht er Umgebungsgewebe oder Tumor – nie beides auf einmal. Damit ist er sozusagen immer auf einem Auge blind.

Neue Technik, neuer Durchblick

Diese partielle Blindheit können die Forscher mit ihrer Multispektral-Bildgebung eliminieren. Die Technik, an der Deliolanis zusammen mit Prof. Christian Bolenz von der Uni-Klinik Ulm arbeitet, soll in einigen Jahren fit für die klinische Anwendung sein. Die Chancen, dass dies gelingt, stehen gut, denn die Wissenschaftler wurden jetzt als Gründerteam für das GO-Bio-Programm ausgewählt. Mit dieser Förderung unterstützt das BMBF die oft langwierige und aufwendige Kommerzialisierung vielversprechender Forschungsergebnisse aus der Biotechnologie.

Lampe, Kamera und jede Menge Software

Die Echtzeit-Multispektral-Bildgebung (engl. real-time Multispektral Imaging), kurz rMSI, ist das Ergebnis jahrelanger Tüftelarbeit. »Der Trick bestand darin, verschiedene Techniken zu kombinieren«, erklärt Deliolanis. Da ist zunächst einmal die Lampe, die ein spezielles Lichtspektrum emittieren muss, damit sie die Umgebung erhellt und das Leuchten der fluoreszierenden Moleküle anregt. Dazu kommt eine Kamera, die abwechselnd Bilder der Fluoreszenz und der normalen Umgebung aufnimmt. »Der eigentlich Live-Stream entsteht durch eine eigens entwickelte Software, die dafür sorgt, dass die verschiedenen Aufnahmen so überlagert werden, dass sie zu einem Bild verschmelzen«, berichtet der Physiker.

Blutgefäße, Nerven und Tumoren werden sichtbar

Das Ergebnis kann sich im wahrsten Wortsinn sehen lassen: Bis zu sechs verschiedene Fluoreszenz Marker lassen sich mit dem neuen Verfahren sichtbar machen. Auf dem Monitor treten sie, eingebettet in das umliegende Gewebe, in unterschiedlichen Farben hervor. »Man erkennt beispielsweise Nerven, Tumore und Blutgefäße«, so Deliolanis und fährt fort: »Für Chirurgen, die während eines endoskopischen Eingriffs beispielsweise die Grenze zwischen Tumor und Gewebe exakt lokalisieren, gleichzeitig aber keine Nerven zerstören wollen, wird diese Bildgebung eines Tages sehr hilfreich sein.«

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