Empfindlicher Schlauch – der Darm

Von unserer dtd-Korrespondentin Natascha Plankermann

(dtd). Ist etwas schwer verdaulich, so schlägt es uns nicht nur auf den Magen, sondern stört den empfindlichen Schlauch, der dahinter beginnt – den Darm. Insgesamt ist er beim Menschen etwa acht Meter lang, wird in Dünn- sowie Dickdarm unterteilt und hat eine beeindruckend große Oberfläche: rund 500 Quadratmeter. Das ist den blatt- oder fingerförmigen Erhebungen der Dünndarmschleimhaut zu verdanken, den so genannten Darmzotten. Ein Überblick über häufige Darmerkrankungen und Möglichkeiten, sie zu behandeln.

Der Durchfall

Vom Durchfall bleibt wohl keiner in seinem Leben verschont – vor allem, wenn er auf Reisen schon einmal ungewaschenes Obst gegessen hat. Eine solche Diarrhoe ist laut dem niedergelassenen Gastroenterologen und Internisten Dr. Walter Frasch aus dem niederrheinischen Viersen meist eine harmlose Angelegenheit, die ohne Behandlung innerhalb weniger Tage abklingt. „In dieser Zeit sollte man viel trinken, weil dem Körper durch den Durchfall Flüssigkeit verloren geht“, sagt Dr. Frasch. Wer es sich absolut nicht leisten kann, häufig zur Toilette zu laufen, kann mit dem Wirkstoff Loperamid etwas dagegen unternehmen. Wird der Durchfall jedoch blutig, und ist mit Fieber sowie Bauchschmerzen verbunden, sollte man einen Arzt zu Rate ziehen. „In solchen Fällen kann es notwendig werden, nach Erregern zu fahnden, welche gezielt antibiotisch behandelt werden können“, erklärt der Gastroenterologe.
(Bild 1, 2 und 3)

Das Reizdarm-Syndrom

Ein stetes ungutes Gefühl im Unterbauch, begleitet von Verstopfung, Durchfall – oder beidem im Wechsel – kann ein Hinweis auf das so genannte Reizdarm-Syndrom sein. Dahinter steckt keine organische Erkrankung, sondern eher eine veränderte Wahrnehmung im Darm-Bereich: Schon ganz normale Verdauungsabläufe werden als unangenehm bzw. sogar schmerzhaft empfunden, die Funktion des Verdauungstraktes ist gestört. „Bis wir Ärzte zu dieser Feststellung kommen, müssen wir häufig durch eine Magen- und Darmspiegelung sowie Blutanalysen ernste Erkrankungen wie Tumore, Gallensteine oder Darmentzündungen wie Morbus Crohn ausschließen“, sagt Dr. Walter Frasch. „Außerdem sollte man überprüfen, ob nicht eine Nahrungsmittelunverträglichkeit besteht.“ Die Gewissheit, nicht an einer schwerwiegenden Erkrankung zu leiden, hilft dann oft dabei, besser mit den Beschwerden umzugehen. Anschließend spricht Dr. Frasch mit den Betroffenen zum Beispiel über eine Umstellung der Ernährung. Ein wichtiges Thema sind auch mögliche psychische Ursachen des Reizdarm-Syndroms wie Stress oder Überbelastung. Manchmal kann auch eine an den Beschwerden orientierte medikamentöse Behandlung hilfreich sein, aber neue Medikamente mit durchschlagendem Erfolg gibt es auf diesem Gebiet momentan nicht. Einigen Patienten verschafft es jedoch Erleichterung, systematisch Entspannungstechniken zu erlernen oder sich eine psychotherapeutische Begleitung zu gönnen.
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Die Divertikulitis

„Jeder Zweite, der älter als 50 Jahre ist, hat Divertikel“, sagt Internist Dr. Frasch. Als Grund für diese Ausstülpungen der Darmwand, die dafür sorgen, dass diese nicht glatt verläuft, wird der Alterungsprozess vermutet – sicher sind sich die Experten allerdings nicht. Schmerzhaft spürbar werden die Divertikel erst, wenn man an einer Divertikulitis leidet: das bedeutet, dass sich die Ausstülpungen entzünden. Ein Vorgang, der beispielsweise durch Kotpfropfen ausgelöst werden kann. „Ist die Diagnose gesichert, wird meist zuerst antibiotisch behandelt. Danach gilt es, mittels einer Darmspiegelung oder einer Röntgenuntersuchung sicherzustellen, dass es sich nicht um einen begleitenden Darmkrebs handelt“, erklärt Dr. Frasch. Behandelt wird diese Erkrankung durch Antibiotika. Klingen die heftigen Entzündungen jedoch nicht ab, kann es notwendig werden, ein Stück Darm zu entfernen.

Der Darmkrebs

Über seinen Stuhlgang redet keiner gerne. Dabei könnte genau das lebensrettend sein. Denn „wenn ein ständiges Verstopfungsgefühl den Gang zur Toilette hindert oder sich immer wieder mit Durchfall abwechselt, dann kann das schon ein Hinweis auf einen Darmtumor sein“, sagt Heinz-Gerd Lingens, Allgemeinmediziner aus Kleve. Mit 70 000 neuen Erkrankungen pro Jahr ist Darmkrebs immer noch die zweithäufigste Tumorart, bei Männern ebenso wie bei Frauen. „Jährlich sterben 20 000 Menschen daran, quasi die Einwohnerzahl einer Stadt wie Goch“, sagt Dr. Johannes Olejnik, der sich auf Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes spezialisiert hat. Was ihm und seinen Kollegen Sorge bereitet: Trotz dieser alarmierenden Zahlen nehmen nur acht bis zehn Prozent derjenigen, die Anspruch auf eine vorsorgliche Darmspiegelung (Koloskopie) haben, dieses Angebot auch tatsächlich wahr. Dabei sind sich die Spezialisten einig, dass die Koloskopie die einzig wirksame Möglichkeit ist, Vorstufen von Krebs – so genannte Polypen – früh zu erkennen und gleichzeitig zu entfernen, oder aber Tumore in einem frühen, noch gut behandelbaren Stadium vorzufinden. Denn diese wachsen tückischerweise langsam und ohne Schmerzen zu bereiten im Darm heran. Treten die beschriebenen Veränderungen beim Stuhlgang auf oder findet sich gar Blut im Stuhl, haben die Geschwulste oft schon eine beängstigende Größe erreicht.
Da Darmkrebs vor allem bei Menschen ab der Mitte des fünften Lebensjahrzehnts auftritt, haben diese ebenso Anrecht auf eine von der Krankenkasse bezahlte, vorbeugende Darmspiegelung wie Menschen, die einer Risikogruppe angehören, weil bei ihnen erblich bedingte Tumore zu befürchten sind.

Chronische Leiden
Colitis ulcerosa & Morbus Crohn

(dtd). Darmentzündungen können eine langwierige Angelegenheit sein – das Unangenehme an den klassischen chronischen Erkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn ist überdies, dass ihre Ursachen bis heute unbekannt sind. Dennoch ist es möglich, für Patienten eine ordentliche Lebensqualität zu erreichen, meint Internist Dr. Walter Frasch aus Viersen am Niederrhein.

Colitis ulcerosa

Die Entzündung der Schleimhaut des Dickdarms, Colitis ulcerosa, entsteht durch bisher ungeklärte Ursachen – allerdings scheint eine Fehlregulation des Immunsystems dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Meist beginnt die Erkrankung im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter. Dabei kann der Dickdarm komplett, nur auf seiner linken Seite oder im untersten Abschnitt befallen sein. Das Krankheitsgefühl wird häufig von der Dauer und Schwere der Schübe bestimmt. Colitis ulcerosa zeigt sich manchmal nur in einer blutig-schleimigen Beimengung im Stuhl, sie kann sich aber auch in regelmäßigen, blutigen Durchfällen mit Bauchkrämpfen äußern. Die Betroffenen entwickeln eine Blutarmut, fühlen sich körperlich schwach und schwer krank. So unterschiedlich wie sich diese Krankheit darstellt, muss sie auch im Einzelfall behandelt werden. Regelmäßig aktualisierte Leitlinien helfen dem Arzt, die Medikamente möglichst individuell auf das Problem jedes Patienten anzupassen.
(Bild 5)

Morbus Crohn

Die Beschwerden bei Morbus Crohn können denjenigen bei der ebenfalls entzündlichen Colitis ulcerosa ähneln – es werden jedoch auch andere Symptome beobachtet, wie etwa Gelenkschmerzen (Arthritis), der Knochenschwund Osteoporose, Gallenerkrankungen sowie Haut- und Augenentzündungen. Der Morbus Crohn kann alle Abschnitte des Verdauungstraktes befallen, häufig ist jedoch der Übergang vom Dünn- zum Dickdarm von dieser Erkrankung betroffen. Als eine mögliche Ursache gilt die genetische Veranlagung, da Morbus Crohn in manchen Familien gehäuft auftritt – und Rauchen gilt als Risikofaktor. Da Morbus Crohn für gewöhnlich in Schüben auftritt, die mehrere Wochen dauern können, richtet sich die Therapie einerseits daran aus, die Symptome bei einem akuten Schub zu lindern. Andererseits bemühen sich die Mediziner, mittels Cortison oder Immunsuppressiva, die die Funktionen des Immunsystems mindern, die „schubfreien“ Zeiten möglichst lange dauern zu lassen.

Allgemein lässt sich nach Ansicht des Viersener Gastroenterologen Dr. Walter Frasch sagen, dass gerade die Behandlung der chronischen Darmentzündungen von der ständigen Kommunikation zwischen Arzt und Patienten lebt. „Wir wissen heute, dass aufgeklärte Betroffene ihre Behandlung selbst wesentlich konsequenter betreiben, mit deutlich besseren Ergebnissen für den kurzfristigen und langfristigen Verlauf. Hier haben Selbsthilfegruppen viel erreicht.“ Auch über Nebenwirkungen der immer wieder erforderlichen Cortisonbehandlung muss nach Ansicht von Dr. Frasch offen gesprochen werden, damit bei Bedarf andere Medikamente gegeben werden können, die das Immunsystem beeinflussen. So ist es laut Dr. Frasch für Betroffene meist möglich, eine annehmbare Lebensqualität zu erreichen – und sie haben die gleiche Lebenserwartung wie der Durchschnitt der Bevölkerung.

Die Spezialisten für den Darm
Fachärzte und ihre Methoden

(dtd). Der Facharzt für den Darm ist der Gastroenterologe. Mediziner mit dieser Ausrichtung befassen sich mit der Diagnostik und der Therapie von Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts – egal, ob es um medikamentöse Behandlungen geht, oder um Eingriffe mithilfe des Endoskops. Mit diesem Rohr, das starr oder flexibel sein kann, lässt sich der Darm nicht nur untersuchen: es sind auch kleinere Eingriffe möglich. So kann der Arzt zum Beispiel Polypen entfernen, die er während einer Darmspiegelung entdeckt. In Zentren werden heute durch Gastroenterologen auch endoskopische Eingriffe vorgenommen, durch die manche größere Operation vermieden werden kann.

Apropos Darmspiegelung: Immer noch gibt es jede Menge Vorurteile gegenüber diesem Verfahren. So meinen viele: „Eine Darmspiegelung ist furchtbar – sie tut weh, man muss vorher Diät halten und literweise Abführmittel trinken.“ Doch das ist nicht richtig: Eine Darmspiegelung durch einen erfahrenen Arzt ist eine relativ harmlose Angelegenheit. Das biegsame Endoskop, das dafür genutzt wird, lässt sich mit den voluminösen Untersuchungsinstrumenten früherer Jahre nicht vergleichen. Auf Wunsch gibt es zudem ein Schmerz- oder Beruhigungsmittel. Und dank moderner Zwei-Liter-Lösungen müssen Patienten zur Darmreinigung nur noch die Hälfte der bisherigen Menge der abführenden Lösung trinken. Komplizierte Diäten sind nicht notwendig.
(Bild 6)

Eine Kapsel sendet Bilder aus dem Verdauungstrakt

Eine neue Methode, mit der man erstmals den Dünndarm in seiner gesamten Länge von etwa sechs Meter betrachten kann, ist die Kapsel-Endoskopie. Damit werden Erkrankungen des Dünndarms analysiert, die mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden nicht diagnostizierbar sind, wie etwa Blutungen und chronisch-entzündliche Veränderungen. Die Kapsel, die einer vergrößerten Medikamentenkapsel ähnlich sieht, enthält Batterien, einen Sender, eine Lichtquelle sowie eine Chip-Kamera. Sie lässt sich in der Regel problemlos schlucken und wird durch die natürliche Darmbewegung (Peristaltik) durch den Darm fortbewegt. Von dort sendet sie etwa sechs Stunden lang Bilder an ein Aufzeichnungsgerät. Dies geschieht über Elektroden, die auf den Bauch aufgeklebt werden. Während der Untersuchung kann sich der Patient frei bewegen. Anschließend wird die Kapsel auf natürlichem Wege über den Darm ausgeschieden und nicht wieder verwendet.

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