Kinder mit Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) besitzen eine schlechte Prognose. Bei der Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) handelt es sich um eine seltene und tödlich verlaufende Muskelerkrankung von der überwiegend Jungen betroffen sind. Bereits im frühen Kindesalter kommt es zu einem fortschreitenden Muskelabbau, zunächst der Bewegungs- und später der Atem- und Herzmuskulatur. Die Betroffenen versterben vorzeitig, oft schon im dritten Lebensjahrzehnt, an Lungen- oder Herzkomplikationen. Für Patienten mit Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) ist eine frühe Diagnose essenziell, denn mit einer frühzeitig einsetzenden medikamentösen Therapie kann die Prognose entscheidend verbessert werden. Mit Ataluren (TranslarnaTM) steht gehfähigen Duchenne-Patienten mit einer Nonsense-Mutation ab einem Alter von zwei Jahren eine mutationsspezifische Therapie zur Verfügung, die an der Ursache der Erkrankung ansetzt. In einem von PTC Therapeutics unterstützten Symposium im Rahmen des diesjährigen Kinder- und Jugendärztetages zeigten Experten die Notwendigkeit einer DMD-Früherkennung auf und stellten Real-Life-Daten zu Ataluren vor, die den klinischen Nutzen der kausalen Therapie bestätigen.
Dr. med. Cornelia Köhler, Bochum, erläuterte den hohen Stellenwert der Früherkennung der DMD. Die Inzidenz der seltenen X-chromosomal rezessiv vererbten DMD beträgt bei neugeborenen Jungen etwa 1 : 3.600 bis 1 : 6.000.5 Durch Mutation im Dystrophin-Gen kommt es zum Mangel des Strukturproteins Dystrophin, was dazu führt, dass die Muskelfasern zunehmend in Bindegewebe und Fett umgebaut werden und unaufhaltsam degenerieren. Eine frühe Diagnose der DMD sei essenziell, um die Prognose der Patienten durch eine eventuell infrage kommende zusätzliche medikamentöse Therapie zu verbessern, erklärte Köhler. Eine frühe Diagnose bedeute auch weniger Stigmatisierung, weniger Belastung und weniger Komplikationen. Die Patienten würden durch die Aufnahme in ein DMD- Patientenregister z. B. auch von neuen, innovativen Therapien profitieren. Des Weiteren könnten Eltern bei weiterem Kinderwunsch bewusster planen, so Köhler. Leider erfolgt die Diagnosestellung der DMD durchschnittlich erst mit 3,8 Jahren, weil Eltern und Ärzte mögliche Symptome oftmals erst spät erkennen. Kognitive Störungen, verzögerte Sprachentwicklung und Verzögerung der motorischen Entwicklung können jedoch unspezifische, frühe Zeichen einer DMD sein. Diese Auffälligkeiten könnten im Rahmen der U7 im 21. − 24. Lebensmonat erkannt werden. Liegt eine unspezifische Entwicklungsverzögerung bei Jungen oder eine unklare Erhöhung der Transaminasen vor, sollte eine Bestimmung der Kreatinkinase erfolgen und bei auffallend hohem Wert ≥ 1000 U/l die Überweisung an ein neuromuskuläres Zentrum zur gendiagnostischen Abklärung, schloss Köhler.
Früherkennung verbessert Prognose
Auch Tanja Weisbrod, Schwäbisch Gmünd, betonte die Notwendigkeit einer frühen Diagnosestellung verbunden mit einer genetischen Untersuchung zur Bestimmung des Mu- tationstyps. In diesem Zusammenhang erläuterte sie die verschiedenen Arten von Mutation- en: Während bei den meisten Duchenne-Patienten Deletionen oder Duplikationen vorliegen, besteht bei etwa 13 % der DMD-Patienten eine Nonsense-Mutation im Dystrophin-Gen, die zu einem vorzeitigen Stopp-Codon und folglich zu einem verfrühten Abbruch der Protein- biosynthese von Dystrophin in der Zelle führt. Für Duchenne-Patienten mit einer Nonsense- Mutation (nmDMD) steht die mutationsspezifische Therapie Ataluren zur Verfügung, die ein Durchlesen des vorzeitigen Stopp-Codons ermöglicht und damit zur Bildung von funktionell aktivem Dystrophin in vollständiger Länge führt. Weisbrod schlussfolgerte – auch aufgrund von Erfahrungen aus dem klinischen Alltag −, dass durch eine frühe, differenzierte Diagnose und einen sehr frühen Behandlungsbeginn möglicherweise auch die Langzeitprognose der DMD-Patienten verbessert werden könnte.
Ataluren überzeugt auch im klinischen Alltag
Zur Wirksamkeit und Sicherheit von Ataluren unter realen Bedingungen präsentierte Frau Andrea Gangfuß, Studienärztin an der Universitätskinderklinik in Essen, Ergebnisse der multizentrischen Beobachtungsstudie STRIDE (Strategic T argeting of Registries and International Database of Excellence). In dieser Studie wurden 216 Kinder aus 14 Ländern, die auf Grund einer Nonsense-Punktmutation im DMD-Gen mit Ataluren behandelt wurden, eingeschlossen und Daten über einen Zeitraum von 5 Jahren gesammelt. Das mittlere Alter bei der Erstuntersuchung in dieser Registerstudie lag bei 9,8 Jahren, die Diagnose erfolgte im Alter von durchschnittlich 5,2 Jahren. Die Auswertung der STRIDE-Register-Daten zeigte ein mittleres Alter bei Verlust der Gehfähigkeit von 16,5 Jahren. Bei Patienten mit alleiniger Steroidtherapie lag dies bei 13 Jahren. Zudem hat sich gezeigt, dass das Sicherheitsprofil von Ataluren im Rahmen des Registers mit dem in früheren klinischen Studien vergleichbar ist.20 Die längere Gehfähigkeit wirkt sich positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus. Insgesamt bestätige das STRIDE-Register die Ergebnisse aus der Phase-III-Studie zu Ataluren in der Anwendung im praktischen Alltag, resümierte Frau Gangfuß.
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