Die unbewusste Einnahme: Wann Medikamente wirklich nötig sind

Medikamente, Krebsmedikamente: Arzneimittelengpässe

Medikamente können heilen – oder abhängig machen. Wenn die Einnahme von Arzneimitteln zu häufig, unbewusst oder sogar bewusst missbräuchlich erfolgt, sind gesundheitliche Schäden vorprogrammiert.

Medikamente begleiten unser Leben vom Kindesalter an. Bei Fieber, Schmerzen, Durchfall, Übelkeit und vielen anderen Symptomen greifen die meisten Menschen auch ohne einen Besuch beim Arzt zu bewährten Arzneimitteln. In vielen Fällen ist das unbedenklich. So können gelegentlich auftretende Kopfschmerzen beispielsweise in der Regel ohne Arztbesuch mit rezeptfrei erhältlichen Präparaten behandelt werden. Auch bei einfachen Erkältungssymptomen oder einer akuten Übelkeit reicht die Hausapotheke meist aus, um eine kurzfristige Behandlung in Eigenregie durchzuführen.

Werden Medikamente genau nach Beipackzettel und nur über einen kurzen Zeitraum hinweg eingenommen, besteht selten ein gesundheitliches Risiko. Viele Arzneimittel, die heute auf dem Markt sind, bergen allerdings durchaus die Gefahr, schon nach verhältnismäßiger Einnahme abhängig zu werden. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren schreibt etwa 5 Prozent aller verschreibungspflichtigen Medikamente ein verstärktes Suchtrisiko zu. Auch bei rezeptfrei erhältlichen Präparaten kommt es nicht selten vor, dass sich unerwünschte Nebenwirkungen, verschlimmernde Effekte oder sogar eine Abhängigkeit einstellen. Ungefähr 10 Prozent der frei verkäuflichen Arzneimittel sollen Experten zufolge eine suchtgefährdende Wirkung haben. Die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen mit einer Medikamentenabhängigkeit schätzt die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahr auf 1,2 bis 2 Millionen.

Die Gefahren bei der Einnahme von Medikamenten lassen sich klar definieren:

  • Es kann zu einer Gewöhnung und damit einhergehend zu einer Steigerung der Dosierung kommen.
  • Bei einer gewohnheitsmäßigen oder übermäßigen Medikamenteneinnahme kann es zu einer körperlichen oder psychischen Abhängigkeit kommen. Dieser wieder zu entkommen, ist aus eigener Kraft oft nicht möglich.
  • Durch eine gewohnheitsmäßige Einnahme von Medikamenten können körperliche und psychische Symptome betäubt werden, der Körper verlernt, Signale zu senden und darauf zu reagieren. So können schwerwiegende Ursachen für Schmerzen oder andere Beschwerden unerkannt bleiben und verschleppt werden, bis hin zu chronischen Erkrankungen oder irreparablen Schädigungen.
  • Werden die Medikamente abgesetzt, können die Beschwerden, gegen die sie eingenommen wurden, verstärkt zurückkehren.
  • Kopfschmerzmittel können die Gesundheit erheblich beeinträchtigen und bei zu häufiger Einnahme einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz herbeiführen. Durch die verstärkte Einnahme des Medikamentes besteht eine gefährlich erhöhte Suchtgefahr.Medikamente
  • Schlaf- und Beruhigungsmittel bergen ein erhöhtes Suchtrisiko. Darüber hinaus haben sie eine sehr lange Wirkungszeit. Werden sie am Abend vor dem Schlafengehen eingenommen, wirken sie meist am Morgen und Vormittag noch nach und können die Reaktionsfähigkeit deutlich herabsenken. Das ist vor allem im Straßenverkehr gefährlich, zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit. Die Schläfrigkeit und Benommenheit lässt sich oft auch nach vielen Stunden nicht abschütteln. Dies kann eine erhöhte Unfall- und Sturzgefahr mit sich bringen.
  • Medikamente wirken nicht nur auf die Symptome, gegen die sie eingesetzt werden, sondern auch auf die Organe, vor allem auf die Nieren, die Leber und den Darm. Müssen sehr häufig Medikamente abgebaut werden, kann das zu Nierenschäden, einer Überlastung der Leber, Durchblutungsstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden führen.

(Quelle: https://www.palverlag.de)

Das grundlegende Problem ist außerdem: Medikamente behandeln grundsätzlich nur Symptome, nicht aber die Ursache für die körperlichen oder psychischen Beschwerden. Deshalb ist bei anhaltenden Symptomen immer ein Arzt zu konsultieren, um die Ursache zu ermitteln.

 

Unbewusste Medikamenteneinnahme: Der schleichende Weg in die Sucht

Einen Großteil der Präparate in der Hausapotheke nehmen wir nach eigenem Gutdünken und ohne Bedenken ein. Wollen die Kopfschmerzen trotz frischer Luft und Kaffee nicht weichen, ist der Gang zum Medizinschrank beinahe schon selbstverständlich. Gerade diese Selbstverständlichkeit führt dazu, dass Medikamente oft schon beiläufig und fast unbewusst eingenommen werden. So kann der schleichende Weg in eine Abhängigkeit beginnen.

Neben Alkohol und Drogen ist die Medikamentenabhängigkeit die häufigste Suchterkrankung in Deutschland. Selbstverständlich sind Menschen, die bei Migräne oder Fieber häufiger zu rezeptfreien Präparaten greifen, nicht automatisch abhängig oder gesundheitlich gefährdet. Ob sich eine Medikamentenabhängigkeit entwickelt, hängt in erster Linie von der Wirkungsweise des eingenommenen Arzneimittels und vom persönlichen Umgang mit dem Konsum ab.

In jedem Beipackzettel sind Anweisungen zur Dosierung und Art der Anwendung enthalten, aber auch zu einem empfohlenen maximalen Zeitraum, über den ein Medikament eingenommen werden sollte. Auch zum Verkaufsgespräch in der Apotheke gehört eine ausdrückliche Empfehlung, wie lange ein Medikament ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eingenommen werden sollte.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachgesellschaften Leitlinien entwickelt, die Empfehlungen zur Behandlung verschiedenster Krankheitsbilder und Symptome mit Medikamenten aussprechen. Diese Leitlinien fließen auch verstärkt in die Entwicklung von Beipackzetteln mit ein. Beispielhaft seien hier das WHO-Stufenschema der Schmerztherapie bei Krebspatienten und die Leitlinie zur Behandlung von Migräne genannt.

Wenn Medikamente zu früh, zu häufig und zu hoch dosiert eingesetzt werden, können sie nicht nur ihre positive Wirkung auf die Gesundheit verlieren, sondern auch chronische Erkrankungen fördern und einen schleichenden Weg in die Sucht ebnen.

Wann sollten Medikamente trotzdem eingenommen werden?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich gibt ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder dem Apotheker Aufschluss über Anwendungsgebiete, den empfohlenen Anwendungszeitraum und mögliche Nebenwirkungen.

Grundsätzlich sollte vor der Einnahme jedes Medikamentes der Beipackzettel gründlich studiert werden. Hier kommt es vor allem auf Kontraindikationen, Unverträglichkeiten und eventuelle Nebenwirkungen oder Kreuzreaktionen mit anderen Medikamenten an. Ein ausführlicher und immer aktueller Medikamentenplan kann helfen, die Übersicht über risikolos einzunehmende Arzneimittel und eventuelle Problematiken bei der Einnahme verschiedener Präparate zu behalten.

Ärztlich angeordnete Medikationen, zum Beispiel bei schweren akuten Erkrankungen oder chronischen Krankheitsbildern, sollten unbedingt genau eingehalten werden. Hier kann eine eigenmächtige Reduktion der Medikamenteneinnahme schwere gesundheitliche Schäden hervorrufen. Bei Eigenmedikationen gilt grundsätzlich: Nur in absoluten Notfällen und wenn sämtliche nicht medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, sollten pharmazeutische Arzneimittel eingenommen werden.

Bei der Anwendung sollten folgende Aspekte unbedingt Berücksichtigung finden: 

  • Einnahmezeitpunkt
  • Häufigkeit der Einnahme
  • Tageszeit der Einnahme
  • Vorgaben im Hinblick auf die Mahlzeiten

 

Tritt nach 3 bis 5 Tagen keine deutliche Besserung ein, ist eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt unbedingt zu empfehlen.

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