Die genomische Medizin entwickelt sich rasant: aus der Therapiesteuerung von Tumorerkrankungen sowie in der Diagnostik seltener Erkrankungen ist sie heute nicht mehr wegzudenken. Durch die Sequenzierung des gesamten Genoms können medikamentöse Therapien gezielt auf die genetische Beschaffenheit des Tumors zugeschnitten werden. So eröffnen sich spezifischere und effizientere Behandlungsoptionen für die betroffenen Patienten.
Deutschland verliert international den Anschluss
International gibt es in vielen Ländern große Initiativen, die die Genomik in die medizinische Versorgung integrieren sollen. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Genomsequenzierung für die Diagnostik, Prävention und Behandlung von Erkrankungen im Sinne einer personalisierten Medizin zukünftig unabdingbar ist. In England läuft seit 2012 das „Genomics England Project“, in dem knapp 100.000 Genome vorwiegend aus den Bereichen Krebs und seltene Erkrankungen sequenziert wurden. Die USA haben mit dem „All of Us“ Programm und Frankreich mit „France Médecine Genomique 2025“ ähnliche Programme aufgesetzt. In Deutschland gibt es derzeit keine vergleichbaren Initiativen. „Die deutsche Wissenschaft verliert derzeit massiv den Anschluss in der Genommedizin“, stellt Jürgen Eils von der Uniklinik Heidelberg auf dem Workshop in Berlin fest.
Nationale Strategie für die Genomforschung fehlt
Was fehlt, ist eine nationale übergreifende Strategie, die die Genommedizin auf eine breite Basis stellt. „In Deutschland gibt es einige Spitzeneinrichtungen, die die klinische Sequenzierung z. B. in der Krebsmedizin oder bei der Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen unterstützen. Aber das reicht längst nicht aus. Wir brauchen eine genomische Medizin, die bei den Patienten in der Versorgung ankommt und dabei im Schulterschluss mit der Forschung agiert“, fordert Krawczak.
Hintergrundinformationen zur Pressemeldung:
Interview mit Prof. Dr. Michael Krawczak, Jürgen Eils und Dr. Roman Siddiqui:
„Deutschland verpasst den Anschluss in der genomischen Medizin“