Die Autoren des HTA-Berichts Petra Schnell-Inderst, Theresa Hunger, Katharina Hintringer, Ruth Schwarzer, Vanadin Seifert-Klauss, Holger Gothe, Jürgen Wasem und Uwe Siebert erhielten den mit 2.000 Euro dotierten Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der evidenzbasierten Medizin und Gesundheitsversorgung.
In ihrem HTA-Bericht fassen die Autoren den Stand des Wissens zum Angebot, zur Inanspruchnahme, zur Akzeptanz und zur ökonomischen Bedeutung sowie zu ethischen, sozialen und rechtlichen Aspekten der sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) auf Grundlage erschienener Studien zusammen. Für die zwei am häufigsten erbrachten Leistungen – das Screening auf den Grünen Star (Glaukom) sowie auf Eistockkrebs mittels vaginalen Ultraschalls (VUS) – haben sie die Evidenz zu Nutzen und Schaden geprüft.
Bei Individuellen Gesundheitsleistungen – auch als Selbstzahlerleistungen bezeichnet – handelt es sich um Leistungen, die nicht der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterliegen. IGeL sollten entsprechend den Vorgaben der Bundesärztekammer aus ärztlicher Sicht „notwendig oder empfehlenswert, zumindest aber vertretbar sein“. Sie müssen vom Patienten ausdrücklich gewünscht und privat bezahlt werden.
Die Initiative für Selbstzahlerleistungen geht überwiegend von den Ärzten aus, fanden die Autoren heraus. Zwischen 19 und 53 Prozent der Versicherten haben bereits Angebote erhalten, selbst nachgefragt haben 16 bis 19 Prozent.
Der mit Selbstzahlerleistungen erzielte Umsatz wird für das Jahr 2010 auf 1,5 Mrd. Euro geschätzt. Für die beiden am häufigsten erbrachten Selbstzahlerleistungen liegt keine Evidenz aus wissenschaftlichen Studien vor, dass sie den Patienten einen Nutzen bringen.
Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. zeichnet diese Arbeit mit seinem Wissenschaftspreis aus, weil sie auf hochwertiger und transparenter Methodik gründet und einen tiefen Einblick in einen umstrittenen Versorgungsbereich verschafft. Die Ergebnisse belegen, dass bei den beiden am häufigsten erbrachten Selbstzahlerleistungen die wissenschaftliche Evidenz zu patientenrelevantem Nutzen missachtet wird.
Mit der Verleihung des Preises an die Autoren einer Arbeit über Selbstzahlerleistungen möchte das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. die Aufmerksamkeit auf die Schutzfunktion der evidenzbasierten Medizin und auf die ethischen Aspekte dieses Versorgungsbereichs lenken.