Darmkrebs – Jährlich erkranken in Deutschland zirka 50.000 Menschen an Darmkrebs. Das Kolorektale Karzinom (CRC) gehört in der westlichen Welt zu den häufigsten Karzinomen. Bei Männern und Frauen ist es der zweithäufigste Krebs (nach Lungen- bzw. Brustkrebs). Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Aktuell gehen in Europa auf das Kolonkarzinom 30 bis 40 Sterbefälle pro 100.000 Einwohner und 10 Sterbefälle auf ein Rektumkarzinom zurück. Die Diagnose Darmkrebs stellt Betroffene und Angehörige vor zahlreiche unbeantwortete Fragen. Darmkrebs kann – rechtzeitig entdeckt – gut behandelt werden. In einem frühen Stadium ist oft eine Heilung möglich. Somit spielt die Früherkennung eine wesentliche Rolle im Hinblick auf die Therapieoptionen. Dank moderner Diagnostik und Therapien konnte die Mortalität in den letzten Jahren gesenkt werden.
Darmkrebs-Entstehung
Der menschliche Darm hat zwei große Abschnitte: den Dünndarm und den Dickdarm. Der Dickdarm ist 1,5 bis 1,8 m lang, sein längerer Abschnitt (Grimmdarm) ist wie ein umgekehrtes "U" im Bauchraum gelagert. In der medizinischen Fachsprache heißt dieser Teil Kolon. Die letzten 15 bis 20 cm des Dickdarms sind besonders abgegrenzt, man nennt diesen Abschnitt Mastdarm (Rektum). Spricht man von Darmkrebs, so ist damit fast immer ein Kolon- oder Rektumkarzinom gemeint. Der Krebs geht dabei meist von der Schleimhaut aus, die den Darm innen auskleidet. Krebserkrankungen des Dünndarms kommen sehr selten vor. Rund 90 % der Darmkrebserkrankungen entstehen aus gutartigen Schleimhautwucherungen, so genannten Polypen oder Adenomen. Durch weitere Mutationen in den Schleimhautzellen entwickelt sich aus einem Polyp ein bösartig wachsender Darmkrebs.
Querschnitt Darmlumen
Quelle: Merck Serono GmbH
Darmkrebs-Entwicklung
Krebs geht von körpereigenen Zellen aus, die sich verändern und beginnen unkontrolliert zu wachsen. Die Entwicklung eines Tumors läuft in mehreren Stufen ab: Ausgangspunkt sind Mutationen, d.h. Veränderungen in der Erbinformation (der DNA) der Zellen. Diese könnte man vereinfacht auch als "Schreibfehler" in der DNA bezeichnen: Einzelne Buchstaben des genetischen Codes werden durch falsche ersetzt oder ganze Abschnitte der DNA verdoppelt und sind damit dann mehrfach vorhanden oder manchmal auch getauscht. Längst nicht alle Mutationen führen zu einer Verwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle. Die meisten Mutationen werden sogar von der Zelle selbst wieder repariert. Dennoch kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass Mutationen bestehen bleiben, die die Wachstumskontrolle der Zellen beeinträchtigen. Eine solche Mutation kann zum Beispiel einen zelleigenen Rezeptor für einen Wachstumsfaktor betreffen, der an der Kontrolle des Zellwachstums beteiligt ist. Dies kann dazu führen, dass die Zelle permanent den Befehl erhält, sich zu teilen. Hier führt also eine falsche Erbinformation dazu, dass sich die Zelle viel öfter teilt, als von der Natur vorgesehen. Bei jeder der Teilungen, die nun rascher erfolgen, muss naturgemäß auch die gesamte Erbinformation kopiert werden – inklusive der falschen Informationen. Ähnlich wie der Mensch beim schnellen Arbeiten eher Fehler macht, gerät auch die Zelle unter "Zeitdruck": Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wegen der höheren Teilungsrate noch mehr Fehler in das Erbgut gelangen, wodurch die Wandlung der normalen Zelle in eine Tumorzelle begünstigt wird. Die zunehmende Zellzahl führt zur Bildung einer Geschwulst, die zunächst gutartig ist. Eine kritische Phase tritt ein, wenn die Geschwulst bösartig (maligne) wird. Das ist dann der Fall, wenn die Zellen des Tumors durch weitere Mutationen die Fähigkeit erwerben, in umliegendes Gewebe einzudringen und sich als Metastasen an anderen Stellen des Körpers anzusiedeln und wenn weitere Fehler in der Erbinformationen zur Deaktivierung des programmierten Selbstmords der Zellen führen. Dieser Mechanismus verhindert normalerweise das unkontrollierte Zellwachstum. Mit Ausschalten dieses Mechanismus ist das Teilungsverhalten der Tumorzelle völlig außer Kontrolle. Ein weiteres Merkmal eines bösartigen Tumors ist die Fähigkeit, Blutgefäße zur Nährstoffversorgung des wachsenden Krebses "anzulocken", d. h. aufgrund von Signalen des Tumors wachsen Blutgefäße näher an ihn heran. Eine große Gefahr, die von Tumoren ausgeht, ist die Fähigkeit, Metastasen zu bilden, wodurch sich an anderen Stellen des Körpers neue Krebsherde entwickeln können. Zum Zeitpunkt der Darmkrebs-Diagnose haben schon etwa 20% der Tumore im Darm Metastasen gestreut. Diese relativ hohe Metastasierungsrate macht den Darmkrebs besonders tückisch und unterstreicht die Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen.
Exogene Risikofaktoren
- fett- und fleischreiche Ernährung
- ballaststoff- und vitaminarme Kost
Endogene Risikofaktoren
- Vorhandensein von Polypen
- Mamma-, Ovarial- oder Uteruskarzinome
- Colitis Ulcerosa/Morbus Crohn können das Risiko erhöhen
Zirka 10 bis 15 Prozent der Betroffenen weisen eine erbliche Komponente auf, die sie für die Entstehung von Darmkrebs prädisponiert.
Vermeiden von Risikofaktoren
Zur Vorbeugung von Darmkrebs wird eine gesunde Ernährung empfohlen: Viele Ballaststoffe und Vitamine, wenig Fett – so könnte man knapp die Ernährungsregeln zur Prävention formulieren. Weitere Risikofaktoren, auf die eine direkte Einflussnahme schwieriger oder nicht möglich ist, sind bestimmte entzündliche Darmerkrankungen und im Dickdarm lokalisierte Polypen (Vorwölbungen der Schleimhaut).
Bei 10 bis 15% der Betroffenen werden erbliche Faktoren für die Entwicklung des Darmkrebses mitverantwortlich gemacht. Besonders wenn Verwandte an Darmkrebs erkrankten, bevor Sie 45 Jahre alt waren, besteht das Risiko einer Vererbung der Darmkrebs-Veranlagung. Nutzen Sie die Darmkrebsfrüherkennung. Gehen Sie zu regelmässigen Tests auf okkultes Blut im Stuhl. Bei positivem Testausgang sollte zur weiteren Abklärung unbedingt eine Koloskopie durchgeführt werden. Nur 37 Prozent der kolorektalen Karzinome sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung noch lokal begrenzt. Etwa 20 Prozent haben bereits Metastasen gestreut.
Folgende Symptome können auf Darmkrebs hindeuten:
- Blut oder Schleim im Stuhl
- schmerzhafter Stuhldrang (Tenesmen)
- Änderung der Stuhlgewohnheiten (Wechsel von Verstopfung und Durchfall
- Anämie
- Gewichtsabnahme
- zunehmende Lichtungseinengung (Darmstenose)
- Darmverlegung
- Perforationen, Fistelbildung oder Bauchfellentzündung
Therapie
Die Therapie wird in Abhängigkeit von der Pathologie, der Lokalisation und der Größe des Tumors sowie dem Stadium der Krebserkrankung durchgeführt. Neben der kurativen Operation kommen adjuvante und palliative Chemo- und/oder Strahlentherapien zum Einsatz.
Im Frühstadium (UICC-Stadium I) kann die alleinige chirurgische Entfernung des entarteten Gewebes zur Heilung führen. Bei der Operation wird der betroffene Darmabschnitt zusammen mit dem regionalen Lymphabflussgebiet entfernt. Ob dabei die Anlage eines künstlichen Darmausgangs notwendig wird, hängt vor allem von der Lokalisation des Tumors ab.
Im UICC-Stadium III wird beim Kolonkarzinom standardmäßig eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt, wobei einige Arbeitsgruppen auch schon im UICC-Stadium II zu dieser Therapie raten. In den meisten Ländern wird dazu 5-Fluoruracil in Kombination mit der Verstärkersubstanz Folinsäure verabreicht. 5-Fluoruracil (5-FU) wird intrazellulär in toxische Metaboliten umgewandelt und hemmt die Thymidilatsynthase in den Tumorzellen.
Eine palliative Chemotherapie ist immer dann indiziert, wenn eine kurative chirurgische Therapie nicht mehr möglich ist. Meist ist das beim Vorliegen von Metastasen der Fall. Basis der palliativen Chemotherapie bleibt die Kombination von 5-FU und Folinsäure. Allerdings konnte mit einer Dreifachkombination von 5-FU, Folinsäure und neueren Substanzen wie Irinotecan (FOLFIRI-Regime) und Oxaliplatin (FOLFOX-Regime) die Lebenszeit der Patienten deutlich verlängert und gleichzeitig die Lebensqualität verbessert werden.
Beim Rektumkarzinom kommt auch eine Strahlentherapie in Frage. Durch sie kann der Tumor präoperativ oder palliativ verkleinert werden. Eine adjuvante Radio-Chemotherapie ist schon ab dem Stadium II indiziert. Für eine palliative Chemotherapie kommen die gleichen Schemata wie beim Kolonkarzinom zur Anwendung. Falls noch keine adjuvante Bestrahlung durchgeführt wurde, kann eine palliative Strahlentherapie sinnvoll sein.
Prognose
Die Lebenserwartung hängt vom Stadium der Erkrankung ab. Im Frühstadium der begrenzten Erkrankung (UICC I) liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate zwischen 85 und 90 Prozent. Hat der Tumor die Darmwand infiltriert, liegt das Fünf-Jahres-Überleben zwischen 60 und 80 Prozent und sinkt beim Vorliegen von Metastasen auf weniger als 10 Prozent. (Merck-Serono 02/2010)