Jahr für Jahr erkranken Millionen Menschen an Krebs. Bei vielen von ihnen stoßen die schulmedizinischen Behandlungen rasch an ihre Grenzen. Seit dem Frühjahr 2017 ist in Deutschland Cannabis als Arzneimittel zugelassen – für schwerkranke Patienten bietet dies zugleich neue Hoffnung, denn wissenschaftliche Studien geben Hinweise darauf, dass sich Cannabis-Wirkstoffe positiv auf die Therapien auswirken und die Lebensqualität der Patienten verbessern.
Was ist Cannabis überhaupt?
Cannabis zählt zur Gruppe der Hanfgewächse und enthält psychoaktive Wirkstoffe. Die Pflanze wird seit tausenden von Jahren als Nutz- und Heilpflanze verwendet. Für Patienten, die an Krebs leiden, ist die Pflanze bedeutsam, da sie einen schmerzlindernden Effekt hat und die Beschwerden, die mit der Krankheit und ihrer Therapie einhergehen, verbessert.
Was ändert sich für die Menschen mit dem neuen Gesetz?
Das Bundeskabinett wagte 2016 den Vorstoß und machte es sich zum Ziel, Cannabis als Medizin für schwerkranke Patienten einzusetzen. Sofern die Patienten keine oder geringe Chancen auf Heilung haben, sollte es ihnen ohne Schwierigkeiten möglich sein, Cannabis zu medizinischen Zwecken zu erhalten. Die Kosten hierfür sollen die Krankenkassen tragen. Im Frühjahr 2017 wurde das entsprechende Gesetz beschlossen. Seitdem ist es schwerkranken Patienten möglich, Cannabis als Arzneimittel mit einem entsprechenden Rezept in der Apotheke zu erhalten. Weiterhin ist es jedoch verboten, Cannabis selbst herzustellen und anzubauen. Unter folgenden Bedingungen ist Cannabis seit dem Jahr 2017 als Medizin zugelassen:
- Für schwerkranke Patienten, die keine oder nur geringe Chancen haben, gesund zu werden
- Nur mit einem ärztlichen Attest
- Medizinisches Cannabis erhalten die Patienten ausschließlich in Apotheken
Wie unterscheidet sich Cannabis von Cannabisöl?
Das Cannabisöl besteht aus den Blüten und Blättern der Hanfpflanze und ist ein rein pflanzliches Produkt mit einem hohen CBD und einem niedrigen THC Gehalt. Das Öl ist seit einigen Jahren bekannt und erlangte in Verbindung mit Krebs durch den Kandier Rick Simpson eine weitreichende Bedeutung. Simpson litt unter Hautkrebs und gab an, er hätte diesen erfolgreich mit Cannabisöl geheilt. Zwar gibt es für diese Behauptung keinerlei wissenschaftliche Belege, jedoch sprechen die Wissenschaftler den Wirkstoffen eine krebshemmende Wirkung zu, die sie in Tierversuchen mit Ratten und Mäusen nachwiesen.
Weiterhin stellten die Forscher einen Zusammenhang von Cannabis und Prozessen im Gehirn fest, denn das THC (Tetrahydrocannabinol als psychoaktiver Wirkstoff) verlangsamte bei Mäusen die Alterungsprozesse des Gehirns. Die ersten Versuche an menschlichen Patienten dokumentierte der Spanier Manuel Guzmán im Jahr 2006. Er leitete das THC bei Menschen, die einen Hirntumor hatten, direkt ins Gehirn weiter. Viele Tumore verkleinerten sich nach der Zufuhr des Wirkstoffes – und das ohne jegliche Nebenwirkungen für die Patienten.
Bei welchen Krankheiten kommt Cannabisöl noch zum Einsatz?
Die Medizin setzt Cannabis nicht nur bei Krebs, sondern auch für die Bekämpfung von anderen Krankheiten ein. Bei folgenden Erkrankungen kann Cannabisöl einen heilenden oder schmerzlindernden Effekt erzielen:
- Verschiedene Arten von Krebs – um die Tumore zu reduzieren oder die damit einhergehenden Schmerzen einzudämmen
- Bei Multiple Sklerose
- Bei Diabetes, Asthma, Rheuma und Bluthochdruck
- Bei Entzündungen
- Bei chronischen und langhaltenden Schmerzen
- Bei vielen psychischen Erkrankungen wie Depressionen, anhaltenden Stresssymptomen, Angststörungen, Suchterkrankungen und Schlaflosigkeit
- Auch bei ADHS könne sich Cannabisöl positiv auswirken
Hat der Konsum von Cannabis Nebenwirkungen?
Da Cannabis ein natürliches und pflanzliches Produkt ist, fallen die Nebenwirkungen im Vergleich zu nicht-pflanzlichen Medikamenten gering aus. Dennoch reagieren Patienten unterschiedlich auf das Medikament. Je nach Dosierung verzeichnet der Konsum einige akute körperliche Nebenwirkungen wie eine beschleunigte Herzfrequenz, Blutdruckabfall, Reizung der Bindehaut oder eine verminderte Reaktionsfähigkeit. Manche Patienten fühlen sich benebelt und berauscht oder berichten über Übelkeit und Erbrechen.
Wie Patienten das medizinische Cannabis einnehmen
Patienten nehmen Cannabis in Form von Kapseln, als Lösung zusammen mit Wasser oder als Spray ein. Wie der Wirkstoff zu verabreichen ist, legt dabei der behandelnde Arzt fest. Bei Cannabis gibt es große Unterschiede, vor allem bei den Blütensorten. Patienten sollten auf alle Fälle mit dem Arzt im Gespräch bleiben, denn meist zeigt sich erst nach und nach, welche Dosis der Patient am besten verträgt.
Cannabis kann auch schädlich sein
Ärzte sollten die medizinische Vorgeschichte von Patienten genau unter die Lupe nehmen, denn bei manchen Menschen wirkt sich Cannabis schädlich aus. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Patienten in der Vergangenheit unter einer Sucht litten oder bestimmte psychische Erkrankungen hatten. Die Konsumenten von Cannabis haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Schizophrenie und ähnlichen Psychosen zu erkranken. Schwangeren Frauen raten Experten davon ab, Cannabis zu nehmen, da das ungeborene Kind möglicherweise dadurch an Gewicht verliert.
Welchen Preis hat medizinisches Cannabis?
Cannabis ist nicht unbedingt günstig. Dies ist der Fall, da Deutschland das Produkt importieren muss und nicht selbst anbauen kann. Vor allem die Niederlande und Kanada versorgen Deutschland mit dem importierten Wirkstoff, da Cannabis dort seit Jahren legal erhältlich ist. Ein weiterer Grund sind die Apotheken, die Geld verdienen möchten und vom Cannabis profitieren. Die Apotheken zermahlen die Cannabisblüten und erheben für diese Dienstleistung einen zusätzlichen Zuschlag, der bis zu 100 Prozent des ursprünglichen Preises betragen kann. Deutschland führt im Vergleich mit vielen anderen Ländern die Liste an, wenn es um den Preis für ein Gramm Cannabis geht: Hier zahlen die Kunden durchschnittlich zwischen 23 und 30 Euro für ein Gramm Cannabis, während die Kosten beispielsweise in den USA mit üblichen vier bis 18 Dollar pro Gramm deutlich niedriger ausfallen.
Regierung spricht sich gegen die grundsätzliche Erlaubnis von Cannabis aus
Der Vorstoß der Medizin stieß überwiegend auf positive Resonanz, auch die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. begrüßte das neue Gesetz. Über den medizinischen Wirkungsbereich hinaus soll Cannabis jedoch nicht legalisiert werden. Die Politik spricht sich entschieden gegen eine grundsätzliche Legalisierung von Cannabis aus, da die Gefahr von Missbrauch besteht und insbesondere Jugendliche und Heranwachsende gravierende Gesundheitsschäden verzeichnen, wenn sie hohe Mengen an Cannabis konsumieren. Das Verbot des Wirkstoffes dient also in erster Linie dazu, die allgemeine Bevölkerung zu schützen und missbräuchlichen Umgang mit Cannabis zu vermeiden.