Die Diskussion um medizinisches Cannabis ist in Deutschland keineswegs neu. Durch die aktuellen Äußerungen der Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat sie nun neuen Zündstoff bekommen. Im Fokus steht dabei der digitale Zugang zu therapeutischem Cannabis, der aus Sicht von Warken zu Missbrauch führt und eingeschränkt werden muss.
Was wird kritisiert?
Der Verbrauch von medizinischem Cannabis hat sich seit April 2024 verdreifacht. Während im Vorjahr im gleichen Zeitraum nur 31 Tonnen konsumiert wurden, liegt der Verbrauch nun bei 100 Tonnen. Die Gesundheitsministerin sieht darin einen klaren Missbrauch. Vor allem die Online-Verschreibung über Anbieter wie avaay mache es den Nutzern zu einfach Cannabis Patient zu werden. Besonders die Tatsache, dass Rezepte ohne physischen Arztkontakt ausgestellt werden, sorgt für Kritik.
Warken bemängelt, dass die Patienten lediglich auf einer Checkliste ihre Beschwerden ankreuzen müssten, um ein Online-Rezept zu erhalten. Die Ministerin betont, dass Cannabis eine Rauschdroge sei und ein zu einfacher Zugang Jugendliche gefährden könnte. Zwar habe das medizinische Cannabis eine bessere Qualität als bei illegalen Quellen, doch sei es Menschen mit gesundheitlichen Beschwerden vorbehalten und nicht für den Freizeitkonsum gedacht. Sie möchte daher die Online-Verschreibung einschränken, um den Missbrauch zu verhindern.
Digitale Verschreibung schließt Versorgungslücken
Insbesondere Patienten mit chronischen Schmerzen oder neurologischen Erkrankungen, die auf herkömmliche Medikamente nicht ausreichend ansprechen, finden in Cannabis eine therapeutische Alternative. Trotz Legalisierung ist der Zugang nach wie vor schwierig. Viele Ärzte lehnen Cannabis-Verordnungen noch immer ab und die Genehmigung durch die Krankenkasse ist eine weitere Hürde, die genommen werden muss.
Die digitale Verschreibung schließt hier eine Lücke. Durch den Wegfall von bürokratischen Hürden erhalten Patienten, die auf medizinisches Cannabis angewiesen sind, über Anbieter wie avaay eine niedrigschwellige Möglichkeit, eine Therapie mit medizinischem Cannabis zu beginnen. Wird der Zugang erschwert, leiden vor allem die Patienten darunter, die dringend darauf angewiesen sind.
Wie läuft eine digitale Cannabis-Verordnung ab?
Je nach Anbieter durchlaufen die Patienten ein mehrstufiges Verfahren, um die medizinische Indikation festzustellen. Im ersten Schritt füllen die Interessenten einen medizinischen Fragebogen aus und vereinbaren gegebenenfalls einen Termin. Anschließend erfolgt eine Überprüfung durch einen approbierten Arzt und es findet eine Beratung statt.
Nur wenn eine klare medizinische Indikation vorliegt, wird ein Rezept für medizinisches Cannabis ausgestellt. Parallel werden Patienten über mögliche Risiken, Wechselwirkungen und Anwendungsarten aufgeklärt.
Der Begriff Online-Rezept suggeriert in der öffentlichen Debatte eine unkontrollierte Medikamentenabgabe. In der Realität geht es jedoch um eine ärztlich geführte Therapie, die mit herkömmlichen Behandlungspfaden vergleichbar ist. Nur erfolgt die Verordnung eben digital und ist damit für die Patienten zugänglicher.
Braucht es neue Regeln?
Im Herbst wird die Cannabis-Legalisierung neu bewertet. Ob es zu Änderungen kommt und inwieweit sie sich auf medizinisches Cannabis auswirken, bleibt abzuwarten. Denkbar ist, dass die aktuelle Debatte den Anstoß für eine Qualitätssicherung bei Online-Verschreibungen liefert. Möglich wären zum Beispiel Zertifizierungen für Plattformen, strengere Anforderungen an die ärztliche Beratung oder eine einheitliche Dokumentationspflicht.
Gleichzeitig warnen Experten vor einer Überregulierung und den damit verbundenen Folgen. Wird der Zugang zu medizinischem Cannabis zu stark eingeschränkt, könnten Patienten in den illegalen Markt abgedrängt werden. Entscheidend ist nicht, ob eine Verordnung digital oder vor Ort erfolge, sondern ob sie medizinisch begründet und verantwortungsvoll durchgeführt wird.