Brustkrebs – Biomarker verhelfen zur personalisierten Therapie

Werde ich überleben? Habe ich eine Chance auf Heilung? Und wenn nicht: wie lange kann das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten werden? Diese Fragen quälen Brustkrebspatientinnen. Eine Antwort ist schwierig, denn Krebs ist nicht gleich Krebs, selbst wenn das erkrankte Gewebe identisch aussieht. Die in den Genen versteckten Anlagen des Tumors sind es, die seinen Charakter ausmachen. Es gilt also solche Gene zu finden, die als Biomarker Hinweise auf den Krankheitsverlauf geben und somit die Möglichkeit bieten, den Verlauf positiv zu beeinflussen. Am Zentrum für personalisierte Krebsmedizin Oncotyrol in Innsbruck suchen Wissenschaftler schon seit 2008 nach neuen Biomarkern. Besonders erfolgreich war Heidi Fiegl, die Leiterin des Labors für Klinische Biochemie der Univ. Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Medizinischen Universität Innsbruck. Sie hat im Rahmen ihrer Oncotyrol-Forschungen erkannt, dass das Gen CHAC1, genauer gesagt dessen Genabschrift, Auskunft über den Verlauf von Brustkrebs geben kann und dazu ein Patent angemeldet (1).
 
Bislang ist eines der wichtigsten Prognose-Kriterien, ob der Tumor bereits in den Achsellymphknoten gestreut hat oder nicht. Dieser klinische Befund lässt allerdings nur einen indirekten Schluss zu, denn er bezieht sich nicht unmittelbar auf den Ausgangstumor in der Brust. Direkte Biomarker vom Tumor selbst gibt es bisher nur sehr wenige. Das Wissenschaftlerteam um Heidi Fiegl hat die Expression von CHAC1 im Brustgewebe von 106 Brustkrebs-Patientinnen untersucht. Das heißt, die Forscher haben die mRNA, also die Genabschrift, von CHAC1 nachgewiesen. Dann haben sie den Krankheitsverlauf von Patientinnen, die hohe CHAC1 mRNA Konzentrationen in ihren Tumoren aufwiesen mit dem Krankheitsverlauf von Patientinnen mit niedrigen CHAC1 mRNA Konzentrationen verglichen. Sie stellten fest, dass eine starke Expression dieses Gens mit einer schlechteren Überlebenswahrscheinlichkeit einhergeht. Die 5-Jahres Überlebensrate lag bei Patientinnen mit hohen CHAC1 mRNA Konzentrationen nur bei 35%, bei Patientinnen mit niedrigen Konzentrationen hingegen bei 49% (2). Das Wissen über den Krankheitsverlauf hilft, die Therapie anzupassen. Bei Patientinnen mit hohem Risiko kann es ratsam sein, aggressiver zu therapieren und häufiger zu kontrollieren als bei Patientinnen mit niedrigem Risiko. Bei den wenigen Testsystemen, die bereits auf dem Markt sind, wird das Risiko für die betreffende Patientin anhand der mRNA Expression diverser Gene im Tumor bestimmt. Die Analyse von CHAC1 könnte vielleicht in Zukunft eine wichtige Zusatzinformation bieten.

Aus Biomarkern werden Zielmoleküle für die Medikamenten-Entwicklung

Zielmoleküle wie CHAC1, auch Targets genannt, bieten zudem die Möglichkeit neue Medikamente zu entwickeln. Das Gen HER2 ist dabei das Vorzeigebeispiel. Patientinnen, bei denen dieses Gen übermäßig aktiv ist, hatten früher sehr schlechte Überlebenschancen. Dann wurde aber eine zielgerichtete Antikörper-Therapie gegen HER2 entwickelt, und seither ist es umgekehrt: nun steht HER2 für positive Aussichten.
 
„Man darf die Erwartungen in Bezug auf eine mögliche Therapieentwicklung nicht zu hoch ansetzen, aber versuchen muss man es trotzdem“, sagt Fiegl. Die CHAC1 Forschungsergebnisse müssen nun allerdings an weiteren Proben von Brustkrebspatientinnen erst bestätigt werden. Bei CHAC1 stoßen die Oncotyrol-Wissenschaftler in weitgehend unbekanntes Terrain vor. Noch ist kaum etwas über die Aufgaben dieses Gens in gesundem Gewebe und seine Rolle bei der Krebsentstehung bekannt. Fiegl konzentriert sich in Oncotyrol derzeit darauf, die Funktion dieses Gens in Zellkultur aufzuklären. Ihr Wunschziel ist, mit der Analyse von neuen Biomarkern wie beispielsweise CHAC1 den Brustkrebspatientinnen in Zukunft nicht nur bessere Antworten, sondern auch mehr Hoffnung auf eine individuell passende und wirksame Therapie geben zu können.
 

(1)    Patent: PCT/EP2012/064043: „mRNA expression of CHAC1 transcript variants 1 and 2 are strong prognostic biomarkers in breast cancer“

(2)    Publikation: Goebel et al. „Elevated mRNA expression of CHAC1 splicing variants is associated with poor outcome for breast and ovarian cancer patients“, British Journal of Cancer (2012) 106, 189-198
 
 
weitere Informationen:
Oncotyrol: www.oncotyrol.at
FFG: www.ffg.at/comet
Cemit Center of Excellence in Medicine and IT: www.cemit.at

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