Blutspenden sind rückläufig. DGTI: Demografischer Wandel gefährdet Blutversorgung – Blutspendenrückgang durch Corona-Krise verstärkt. Die Zahl der möglichen Blutspender zwischen 18 und 65 Jahren nimmt konstant ab. Gleichzeitig gibt es immer mehr ältere Menschen, die einen höheren Bedarf an Blutprodukten haben. „Seit Jahren beobachten wir in den Kliniken eine Zunahme älterer Patienten, die deutlich mehr Blut brauchen als Jüngere“, erläutert Professor Dr. med. Hermann Eichler, 1. Vorsitzender der DGTI. Die Anzahl der über 65-Jährigen nimmt in der Bevölkerung stetig zu, während die Zahl der möglichen Blutspender zwischen 18 und 65 Jahren konstant abnimmt. „Diese Fakten der demografischen Entwicklung sind entscheidend für die weitere Blutversorgung Deutschlands“, sagt Eichler, der auch Direktor des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes ist.
Blutspenden – Verfügbarkeit nimmt ab
Um die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Verfügbarkeit und den Verbrauch von Blutprodukten zu untersuchen, startete Eichler gemeinsam mit weiteren Forschern eine Studie. „Zur Durchführung bot sich das Saarland als Modellregion besonders an, da dort der demografische Wandel in Westdeutschland am schnellsten voranschreitet“, erläutert Eichler die Hintergründe. Eine vergleichbare Untersuchung wird bereits seit einigen Jahren in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt.
Die Autoren der Studie haben über 40.000 Bluttransfusionen und 43.000 Blutspenden aus dem Saarland im Jahr 2017 ausgewertet. Dabei untersuchten die Forscher die Altersstruktur von Transfusionsempfängern und Blutspendern und erstellten eine Hochrechnung für die Blutversorgung im Jahr 2030. So zeigt sich, dass der aktuelle Blutbedarf pro 1000 Einwohner von weniger als 20 Transfusionen bei den unter 50-jährigen auf 140 Transfusionen bei den über 80-jährigen Patienten ansteigt. „Das liegt am hohen medizinischen Versorgungsniveau auch bei älteren Patienten in Deutschland“, erläutert Eichler. Bei gleichbleibender Spendenbereitschaft wird dies im Jahr 2030 aber zu einer erheblichen Unterversorgung mit Blut führen. Dies liegt daran, dass die Baby-Boomer-Generation, also die geburtenstarken Jahrgänge in den 1950er und -60er Jahren, die momentan noch zu den Spendern zählt, in einigen Jahren aber selbst verstärkt auf Bluttransfusionen angewiesen sein wird“, erläutert Eichler. „Die Ergebnisse dieser und vergleichbarer Studien zeigen eindeutig, wie wichtig es ist, dass insbesondere jüngere Menschen regelmäßig zur Blutspende gehen, um den aktuellen und künftigen Blutbedarf decken zu können“, unterstreicht der Experte.
Aktuell habe auch die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Spendenbereitschaft und damit auf die Verfügbarkeit von Blutprodukten. „Viele gehen aus Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht zur Blutspende. Die Blutspendedienste haben ihre ohnehin schon strengen Hygienemaßnahmen jedoch nochmals verstärkt, sodass gesunde Spendenwillige ohne Sorgen zur Blutspende gehen können“, so Eichler.
Der DGTI-Experte erwartet für die nächsten Jahre erhebliche Engpässe in der regionalen Blutversorgung. „Wir benötigen dringend ein bundesweites Monitoring, um festzustellen, wo Blutkonserven benötigt werden und wo noch Einsparpotenziale bestehen“, sagt Eichler. Auch den Kliniken muss es möglich sein, den künftigen Bedarf besser als bisher abzuschätzen zu können. Dann werde auch in Zukunft jeder Patient die Bluttransfusion erhalten, die er dringend benötigt. „Parallel dazu ist es wichtig, vor allem bei jüngeren Menschen für das Blutspenden zu werben, wozu wir den Weltblutspendentag als Anlass nutzen“, so der Experte abschließend.
Kontakt
Sabrina Hartmann
Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI)
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