Er erkannte frühzeitig das wirtschaftliche Potential des „Werkzeugkastens der Natur“ und nutze diesen konsequent für die Entwicklung von innovativen Produkten und Verfahren. Die Biologie und das „Lernen von der Natur“ als Anregung für die Lösung technischer Probleme und der konsequente Einsatz biologischer Systeme bilden die Geschäftsidee seines Unternehmens BRAIN AG. Holger Zinke und sein Team tragen dazu bei, dass chemische Prozesse durch umweltfreundliche Verfahren ersetzt und innovative Produkte auf Basis der Biologie entwickelt werden.
Es ist Holger Zinke parallel gelungen, auch in der Gesellschaft, den Medien und der Politik ein wachsendes Interesse an der Biologie als Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts zu verankern. Er prägt durch sein unternehmerisches Handeln eine sich neuentwickelnde Branche der Bioökonomie.
„Dr. Holger Zinke hat es als Pionier der weißen Biotechnologie hervorragend verstanden, die etablierte Chemiebranche von den Vorzügen einer Biologisierung der industriellen Prozesse zu überzeugen und hat so entscheidende Impulse für eine nachhaltige Wirtschaft gegeben“ würdigt Prof. Dr. Diethard Tautz, Präsident des VBIO, den Preisträger. „Herr Zinke hat als Mikrobiologe und Biochemiker dabei stets die Biologie in Ihrer Gesamtheit im Blick gehabt und deren zunehmende Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft nach außen sichtbar gemacht“ so Tautz weiter.
Das von Holger Zinke gegründete Unternehmen BRAIN untersucht im Rahmen von Kooperationen mit Industrieunternehmen neuartige Stoffwechselwege, bioaktive Naturstoffe, Enzyme und Biokatalysatoren. Ausgangspunkt sind dabei Mikroorganismen oder komplexe Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen wie etwa Biofilme an natürlichen Standorten, die von der BRAIN als Metagenombibliotheken erschlossen werden. Diese Lebensgemeinschaften werden auf ihre genetische Ausstattung und ihre physiologischen Eigenschaften hin untersucht. Die mit roboterisierten Methoden identifizierten Moleküle werden auf ihre technische Eignung hin untersucht und ggf. durch molekulargenetische Verfahren optimiert. Durch den Einsatz biologischer Systeme konnten aufwändige chemische Prozesse ersetzt bzw. umweltfreundlicher gestaltet werden. Bekanntestes Beispiel ist ein mit Henkel entwickeltes waschaktives Enzym, das bei Temperaturen von 40 °C die gleiche Waschkraft entwickelt, die zuvor bei 60 °C erreicht wurde. Dies führt zu einer 50%igen Energieeinsparung beim Waschvorgang sowie zur Einsparung von 1,4 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr. Weitere Beispiele der breiten Anwendung des „Werkzeugkastens der Natur“ für industrielle Prozesse umfassen etwa Kosmetik-Inhaltsstoffe mit dem Aromen- und Duftstoffhersteller Symrise, Nutzung von CO2 als Rohstoff mit dem Energieversorger RWE oder Flugzeugenteisungsmittel auf Basis von Rohgylcerin aus der Biodiesel-Produktion mit Clariant.
„Ich bin sehr dankbar für diese Ehrung, die ich stellvertretend für das Unternehmen BRAIN, die Mitarbeiter sowie die zahlreichen industriellen und akademischen Kooperationspartner entgegennehmen darf“, so Holger Zinke. „Die Etablierung einer nachhaltigen Bioökonomie kann nicht durch Einzelakteure erfolgen, sondern bedarf einer großen gemeinsamen Anstrengung im interdisziplinären Zusammenspiel von Biologen, Chemikern, sowie Ingenieuren und Kaufleuten. Aber auch Unternehmer und die Politik sind gefragt: es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ein nachhaltiges Wirtschaftssystem, basierend auf biologischen Rohstoffen, Verfahren und Produkten ist eine Vision, die in vielerlei Hinsicht einem komplexen biologischen Organismus ähnelt, wie er auch von Gottfried Reinhold Treviranus beschrieben wurde: einem nachhaltigen Wirtschaftssystem des Lebens.“
Weitere Informationen
Die Treviranus-Medaille wird im Rahmen einer Abendveranstaltung am 4. November 2011 an Dr. Holger Zinke übergeben. Pressevertreter sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen.
Die Veranstaltung findet in der Neuen Mälzerei in Berlin statt und beginnt um 19:30 Uhr.
Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Kerstin Elbing, Geschäftsstelle Berlin des VBIO, Tel. 030-27891916, elbing@vbio.de
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Zum Preisträger:
Dr. Holger Zinke (48) studierte Biologie an der TU Darmstadt und gründete 1993 die Biotechnology Research and Information Network (B.R.A.I.N.) AG deren Vorstandsvorsitzender er ist.
Dr. Holger Zinke ist Mitgründer mehrerer Branchenverbände ein, darunter die Vereinigung deutscher Biotechnologie-Unternehmen (VBU), BIODeutschland und dem Industrieverbund Weiße Biotechnologie IWBio.
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt verlieh Dr. Holger Zinke zusammen mit Ernst-Ulrich von Weizsäcker als „Pioniere des nachhaltigen Wirtschaftens“ 2008 den Deutschen Umweltpreis. Im Jahr 2010 erhielt Dr. Holger Zinke für sein unternehmerisches Wirken das Bundesverdienstkreuz am Bande. Seit 2010 ist er Mitglied im Bioökonomierat der Deutschen Bundesregierung.
Zur Treviranus-Medaille
Der VBIO zeichnet Personen, die sich in der Öffentlichkeit besonders für die Biowissenschaften engagieren, mit der Treviranus-Medaille aus. Die Auszeichnung trägt den Namen des Bremer Arztes und Naturforschers Gottfried Reinhold Treviranus (1776 – 1837). Dieser hat in seinem Hauptwerk „Biologie oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte“ erstmals den Begriff „Biologie“ als Klammer des damals schon existierenden Spektrums an „Lebenswissenschaften“ eingeführt. In der Einleitung schrieb er: „Die Gegenstände unserer Nachforschungen werden die verschiedenen Formen und Erscheinungen des Lebens sein, die Bedingungen und Gesetze unter welchen der Lebenszustand stattfindet und die Ursachen, wodurch derselbe bewirkt wird. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Gegenständen beschäftigt, werden wir mit dem Namen Biologie oder Lebenslehre bezeichnen“.
Bisherige Preisträger der Treviranus-Medaille waren unter anderem Professor Dr. Hubert Markl, ehemaliger Präsident der Max-Planck-Gesellschaft und Professor Ernst-Ludwig Winnacker, ehemaliger Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Über den VBIO
Der VBIO e. V. ist das gemeinsame Dach für alle, die im Bereich Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin studieren oder tätig sind – egal ob in Hochschule, Schule, Industrie, Verwaltung, Selbstständigkeit oder Forschung.
Die Mitglieder des VBIO vertreten das gesamte Spektrum der Biowissenschaften von der molekularen, zellulären oder der am Organismus orientierten Sicht bis hin zur Biomedizin.
Neben den individuellen und den institutionellen Mitgliedern (wissenschaftliche Fachgesellschaften) wirken Firmen, Verbände, Institutionen und Forschungseinrichtungen als kooperierende Mitglieder im VBIO mit.