Zahlreiche Menschen leiden in Deutschland an einer Netzhautdegeneration, bei der die äußeren Anteile der Netzhaut (Pigmentepithel und Photorezeptoren) geschädigt sind. Bei ihnen droht früher oder später die Erblindung. Ein neuartiges Netzhautprothesen-System ermöglicht diesen Patienten, ihr Augenlicht wieder zu erlangen. Die Prothese funktioniert, indem sie Videobilder, die durch eine Miniaturkamera in der Brille des Patienten erfasst werden, in elektrische Impulse umwandelt. Diese werden drahtlos an die Elektroden auf der Oberfläche der Netzhaut (epiretinal) übertragen. Die Nervenzellen (Ganglienzellen) der Netzhaut werden stimuliert, wodurch der Patient Lichtmuster wahrnimmt. Die Interpretation dieser Lichtmuster muss der Patient im Rahmen eines Rehabilitationsprogramms erlernen.
Folgende Erkrankungen, die zur Erblindung geführt haben, sind mit der Netzhautprothese therapierbar: Retinitis pigmentosa, Chorioidermie, Usher-Syndrome, Stäbchen-Zapfendegenerationen, Bardet-Biedl-Syndrome, Leber´sche kongenitale Amaurose.
Mikrochip und Spezialbrille ermöglichen das Sehen
Die Operation erfolgt in Vollnarkose und dauert ca 2 Stunden. Dabei wird mittels Netzhautnägeln ein elektrischer Chip auf der Netzhautoberfläche (epiretinal) fixiert. Mithilfe dieses Chips können die Nervenzellen (Ganglienzellen) der Netzhaut stimuliert werden und der Patient kann wieder Lichtmuster wahrnehmen. Während der anschließenden Rehabilitation lernt der Betroffene diese Lichtmuster zu interpretieren. Die Signalübertragung der verschiedenen elektrischen Impulse sowie die Stromversorgung des Chips erfolgt mittels Induktion. Dazu wird eine Spezialbrille benötigt, in der neben einer Induktionsspule auch ein Prozessor und eine Mikrokamera eingebaut sind.
Reha- und Trainingsmaßnahmen notwendig
Die eigentliche Operation ist nur ein kleiner Anteil am Wiedererlangen der Sehkraft. Genauso entscheidend für den weiteren Verlauf ist auch das spätere „Feintuning“ der Komponenten, sowie das Erlernen und Interpretieren der unterschiedlichen Signale, welche der Netzhaut-Chip an die noch funktionierenden inneren Netzhautzellen weiter gibt.
Mehr zur Netzhaut-Prothese
Das Netzhautprothesen-System von Argus ist das Ergebnis von 20 Jahren Forschung, Entwicklungsarbeit und Erfahrung der Firma Second Sight Medical Products Inc. auf dem Gebiet des „künstlichen Sehens“. Sie ist die erste zugelassene Behandlungsmethode für Patienten mit Retinitis Pigmentosa in fortgeschrittenem Stadium. Bis heute profitieren schon mehr als 50 Menschen weltweit von dieser lebensverändernden Technologie. Bereits 30 Patienten tragen die Sehprothese seit über 5 Jahren. Mit Geduld, Training und Praxis haben sie gelernt, ihren neuen Seheindruck zu nutzen. Sie erlangten mehr Unabhängigkeit, da sie in der Lage sind, etwa Fenster und Türen zu erkennen und auch in ungewohnter Umgebung Teile der Landschaft zu lokalisieren. Die Patienten konnten bekannte Objekte sowie anwesende Personen in einem Raum identifizieren. Einige Patienten können sogar einzelne Buchstaben lesen. Die Sehprothese hat das Leben der Betroffenen positiv beeinflusst und für mehr Unabhängigkeit und Mobilität gesorgt. Weitere interessante Entwicklungen sind noch zu erwarten.
Weitere Informationen:
Knappschaftsklinikum Saar GmbH
In der Humes 35
66346 Püttlingen
Website: www.kksulzbach.de