Nur wenige Pharmaunternehmen verfügen über eine breit aufgestellte Produktpipeline, sind weltweit präsent und erzielen auch in schwierigen weltwirtschaftlichen Zeiten Umsatz- und Ertragszuzwachs. Die Bayer Schering Pharma AG ist eines dieser Unternehmen.
Den Umsatz von Euro 10,5 Milliarden in 2009 (+4.4% gegenüber 2008) und einer Ebit-Steigerung von 38,8% (2008: Euro 1.2 Milliarden; 2009: Euro 1.7 Milliarden) generiert der Pharmaspezialist mit vier Geschäftsbereichen: Diagnostik, Allgemein-Medizin, Arzneimittel-Spezialitäten und Medikamente für Frauenheilkunde. Damit behauptet sich das Traditionsunternehmen in seinem Segment weltweit unter den Top 10.
Region Südost-Asien steigert Umsatz von Bayer in 2009 um 18,3%
Größtes regionales Standbein bildet unverändert Europa, auch wenn ein leichter Umsatzrückgang von 1,8% (2009 Euro 4,1 Milliarden) die Entwicklung drückt. Nordamerika trägt mit Euro 2,7 Milliarden (+ 2,9%) zum Wachstum bei. Hinter der Steigerung von 8,2% in Latein Amerika / Afrika / Middle East verbirgt sich ein Umsatz von Euro 1.5 Milliarden. Mit einem Wachstum von 18,3% konnte Südost-Asien seinen Umsatz auf 2,1 Milliarden ausbauen.
Für Andreas Fibig, Vorstandsvorsitzender der Bayer Schering AG, ist die erfreuliche Entwicklung in Südost-Asien leicht erklärbar. Er verweist auf die jahrzehntelangen Präsenzen und Erfahrungen in diesem Wirtschaftsraum. Aber auch die Berücksichtigung von aktuellen länderspezifischen Erfordernissen bei der Entwicklung von Arzneimitteln gerade auch unter vorsorglicher Berücksichtigung der kontinuierlich optimierten Sicherheitsaspekte zum Schutz der Patienten gehört nach seinen Worten zur Basis der Erfolgsstrategie.
Bayer investiert im vergangenen Jahr Euro 1,5 Milliarden in Forschung und Entwicklung. Das entspricht einer Ausgabensteigerung der Kosten für Forschung und Entwicklung von 15% auf 17% des Umsatzes. Dahinter verbirgt sich vor allem die Finanzierung einer Manpower von ca. 5900 Mitarbeitern an den Forschungsstandorten Berlin, Wuppertal, Berkeley (USA) und Beijing (China).
Kompetenznetzwerke als wesentliches Element der Erfolgsstrategie von Bayer
Ein wesentliches Element der Erfolgsstrategie in definierten Indikationen sieht Fibig vor allem in der Mitarbeit in führenden Kompetenznetzwerken. Dabei steht die weltweite Kooperation mit namhaften Forschungszentren im Vordergrund.
Mit 17 Produkten in Phase-II-Studien und 21 neuen Wirkstoffen in Phase-III-Studien ist die Produktpipeline gut gefüllt und sichert bei erfolgreichem Ausgang der laufenden klinischen Prüfungen auch in den kommenden Jahren Umsatzchancen zum Ausbau der Marktposition. Als Beispiele der innovativen Produktpalette werden vier Präparate genannt: Riociguat, Kogenate, Florbetaben,VEGF Trap-Eye.
Riociguat bei pulmonaler Hypertonie in Verbindung mit interstitieller Lungenerkrankung (PH-ILD)
Riociguat ist der erste Wirkstoff einer neuartigen Substanzklasse, den Stimulatoren des Enzyms lösliche Guanylatcyclase (sGC). Bayer untersucht diesen Wirkstoff als neuen Ansatz zur Behandlung verschiedener Formen des Lungenhochdrucks. Riociguat (BAY 63-2521) wird zunächst bei Lungenhochdruck (pulmonaler Hypertonie) in Verbindung mit interstitieller Lungenerkrankung (PH-ILD) klinisch geprüft. PH-ILD ist eine besondere Ausprägung der pulmonalen Hypertonie, für die es derzeit keine zugelassene medikamentöse Behandlung gibt. Ende 2009 wurde eine klinische Phase-II-Studie mit dem als Tablette einzunehmenden Wirkstoff Riociguat (BAY 63-2521) bei PH-ILD erfolgreich abgeschlossen. Die primären Studienziele, die Sicherheit und Verträglichkeit von Riociguat bei Patienten zu zeigen, wurden erreicht. Die Studie zeigte des Weiteren eine Verminderung des Lungengefäßwiderstandes sowie eine deutliche Verbesserung des Herzzeitvolumens und eine leichte Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, gemessen im Sechs-Minuten-Gehtest.
Kogenate zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A
Attraktives Wachstumspotential verspricht auch Kogenate. Kogenate wird zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A, einem angeborenen Faktor VIII-Mangel, eingesetzt. Der Mangel oder funktionale Defekt des Blutgerinnungsfaktors VIII verursacht beim Menschen die als Hämophilie A bezeichnete Blutgerinnungsstörung. Mit einer so genannten Substitutionstherapie wird dem entgegengewirkt, indem der fehlende Faktor VIII zugeführt wird. Der gentechnisch hergestellte Blutgerinnungsfaktor VIII steht heute in hoher Qualität, in großen Mengen und mit hoher Sicherheit zur Verfügung.
Florbetaben: „Molecular Imaging Agens“ zur Früherkennung der Alzheimer Krankheit
Bei der Erkennung der Alzheimer Krankheit sind bildgebende Verfahren sinnvoll, mit denen sich Amyloid-Ansammlungen frühzeitig mit Radioliganden feststellen lassen. Florbetaben ist ein solches „Molecular Imaging Agens“, mit dem sich Beta-Amyloid-Plaques zu einem Zeitpunkt feststellen lassen, zu dem noch keine klinischen Alzheimer Symptome vorliegen. Florbetaben ist ein Hoffnungsträger, der sich bereits in Phase-III-Studien befindet.
VEGF Trap-Eye gegen Erblindung durch feuchte Makuladegeneration
Auch in Phase-III-Studien befindet sich VEGF Trap-Eye, ein neuer Wirkstoff zur Behandlung von Augenerkrankungen des Augenhintergrunds. Mit VEGF Trap-Eye, einem Biologikum, betritt Bayer Schering Pharma den Wachstumsmarkt Ophthalmologie. Der Wirkstoff wird bei der feuchten Makuladegeneration (Wet AMD) eingesetzt, die als führende Ursache der Erblindung bei Senioren gilt. Der Bedarf wird auf ca. 4 Millionen Patienten jährlich in den wichtigsten Märkten (USA / EU 5/JP) geschätzt.
VEGF Trap-Eye ermöglicht die Therapie gegen Erblindung durch feuchte Makuladegeneration (Bild: Bayer)
Biologika ermöglichen eine individuellere Medizin
Bayer engagiert sich seit Jahren für Innovationen in der Onkologie. Das Therapiepotential von Biologika ist vielseitig: Leberkrebs (hepatocelluläres Karzinom, HCC), Darmkrebs (Colon Karzinom), Nierenkrebs (Nierenzell Karzinom, RCC), Lungenkrebs (Bronchial-Karzinom) und Brustkrebs (Mamma-Karzinom) sind nur einige beachtenswerte Indikationen.
Umfassende Erfahrungen in der Tumortherapie mit Biologika konnte Bayer bereits mit Sorafenib sammeln, ein Biomolekül, das zu der Gruppe der Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (TKI) gehört. In Europa ist Sorafenib zugelassen für die Therapie des Leberzellkarzinoms (HCC) sowie für die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (RCC), bei denen eine Behandlung mit Interferon-alpha oder Interleukin-2 nicht angeschlagen hat oder die für eine solche Therapie nicht in Frage kommen. Weltweit betrachtet ist Sorafenib derzeit in über 40 Ländern zur Therapie von Patienten mit fortgeschrittenem HCC und in über 70 Ländern zur Behandlung von RCC zugelassen. Der Wirksstoff ist damit ein wichtiges Standbein von Bayer bei der Targeted Therapy solider Tumore mit biomolekularen Wirkstoffen.
Für den Leiter der Tumorzell-Forschung bei Bayer Schering Pharma, Dr. Dominik Mumberg, ist bei der Entwicklung neuartiger kleiner Moleküle und Biologika zur Beeinflussung zellulärer Entwicklungsschritte vor allem die Integration innovativen KnowHows und die Zusammenarbeit mit externen Kompetenzzentren wesentlicher Teil der Strategie zur Zukunftsicherung von Bayer. (MEDIZIN ASPEKTE, Dr. Joachim Wolff 08/2010)
Quelle
Informationsveranstaltung
Innovation at Bayer Schering Pharma –
Growth Strategy and Vision 2010
Berlin, Aug. 2010