ADHS – Bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung den Kinder- und Jugendarzt konsultieren

Aufmerksamkeitsdefizitstörung / Hyperaktivitätsstörung: Viele Kinder sind lebhaft, spontan und tun nicht immer das, was die Erwachsenen wollen. Ist ein Kind allerdings länger als sechs Monate unaufmerksam, unruhig und impulsiv, kann es an der Aufmerksamkeitsdefizitstörung / Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, leiden. "Von ADHS spricht man, wenn die Auffälligkeiten bereits vor dem siebten Lebensjahr beobachtet wurden und deutlich über das hinausgehen, was durch das Alter und den Entwicklungsstand erklärbar ist", sagt Dr. Christiane Roick, stellvertretende Leiterin des Stabes Medizin im AOK-Bundesverband. Das auffällige Verhalten führt bei Kindern mit ADHS zu erheblichen Einschränkungen in mehreren Lebensbereichen, etwa in der Schule und der Familie.

ADHS ist eine häufig auftretende psychische Störung. Nach Daten aus dem Kinder- und Jugendsurvey des Robert-Koch-Instituts sind etwa vier Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland davon betroffen. Bei Jungen wird die starke Zerstreutheit, Unruhe und Impulsivität zwei- bis viermal häufiger festgestellt als bei Mädchen. "Wenn Sie befürchten, dass Ihr Kind unter ADHS leidet, sollten Sie einen Kinder- und Jugendarzt oder einen Kinder- und Jugendpsychiater um Rat fragen", empfiehlt Medizinerin Roick.

Experten können die Störung anhand eines speziellen Kriterienkatalogs bei Kindern ab dem Alter von etwa sechs Jahren relativ gut diagnostizieren. Häufig fallen Kinder mit ADHS aber schon im Kleinkindalter durch Ruhelosigkeit und ständiges Zappeln auf, sodass die Diagnose auch in diesem Alter schon gestellt werden kann.

Das Grundschulalter ist oft besonders schwierig
Besonders schwierig ist das Grundschulalter. Dann stören betroffene Kinder oft den Unterricht oder stehen einfach auf. Sie halten sich vielfach nicht an Regeln, können sich nur kurz auf eine Sache konzentrieren und lassen sich schnell ablenken. Außerdem handeln sie oft unüberlegt, unterbrechen andere und reden spontan dazwischen. Dazu haben viele ein geringes Selbstbewusstsein und werden bei Misserfolgen leicht aggressiv.

Durch ihr Verhalten haben Betroffene meist Schwierigkeiten in der Schule, außerdem kann es ihre Beziehung zu Eltern, Geschwistern, anderen Kindern und Lehrern belasten. Nicht selten werden sie von ihren Mitschülern abgelehnt. "Kinder mit ADHS sind genauso intelligent wie Gleichaltrige. Viele sind kreativ und künstlerisch begabt. Allerdings können sie durch ihre Hyperaktivität, fehlende Aufmerksamkeit und Impulsivität ihre tatsächlichen Fähigkeiten weniger gut nutzen", erläutert AOK-Ärztin Roick. Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist die körperliche Unruhe meist weniger ausgeprägt, dafür stehen die Unaufmerksamkeit und Impulsivität im Vordergrund.

Störung frühzeitig erkennen und therapieren
"Entscheidend ist, dass die Störung frühzeitig erkannt und therapiert wird", sagt Roick, "dadurch können negative Auswirkungen der ADHS auf die Leistungsfähigkeit, die Lernbereitschaft, das soziale Verhalten und die Persönlichkeitsentwicklung verhindert oder abgemildert werden." Zentraler Baustein der Behandlung ist die Information und Beratung der Eltern, des Kindes sowie des Erziehers oder Klassenlehrers.

Zusätzlich können ein Elterntraining, Interventionen im Kindergarten oder der Schule und verhaltenstherapeutische Ansätze, bei denen positives Verhalten durch Belohnungen verstärkt wird, hilfreich sein. Sollten diese Maßnahmen nach mehreren Wochen beziehungsweise Monaten keinen Erfolg zeigen, ist bei ausgeprägter Symptomatik, die mit starken Einschränkungen verbunden ist, eine zusätzliche medikamentöse Behandlung zu erwägen.

Die Ursachen der ADHS sind noch nicht vollständig geklärt. Neben genetischen spielen vermutlich auch umweltbedingte Faktoren wie Schädigungen des Gehirns, ein ungünstiges Umfeld oder auch Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt eine Rolle. Negativ kann es sich etwa auswirken, wenn die Mutter in der Schwangerschaft raucht und Alkohol trinkt. Wie sich Kinder mit ADHS entwickeln, hängt auch von ihrem sozialen Umfeld ab. Achten die Eltern beispielsweise auf klar strukturierte Abläufe, verhalten sich konsequent und stärken das Selbstbewusstsein ihres Kindes, wirkt sich dies positiv auf seine Entwicklung aus.

Auch die Stärken sehen
Kinder mit ADHS können durch ihre Unruhe und Sprunghaftigkeit für ihre Eltern sehr anstrengend sein. "Versuchen Sie, die Schwierigkeiten Ihres Nachwuchses zu verstehen und seine Stärken und angenehmen Seiten zu sehen", empfiehlt Roick. Wichtig ist es, dass die Eltern die positiven Beziehungen zu ihrem Kind stärken und so oft wie möglich eine angenehme Zeit mit ihm verbringen.

Entscheidend sind außerdem klare Regeln, die Kindern mit ADHS Halt und Orientierung geben. Besser als viele Regeln sind wenige, die sich auch umsetzen lassen und die sowohl der Vater als auch die Mutter konsequent anwenden sollten. Hat das Kind eine Regel befolgt, sollten die Eltern es dafür loben, während ein klarer Verstoß umgehend Konsequenzen haben sollte. Studien zeigen zudem, dass es hilfreich sein kann, die Fernseh- und PC-Zeiten der Kinder einzuschränken und sie stattdessen zu einem Spaziergang oder zu sportlichen Aktivitäten zu animieren.

An wichtige Regeln erinnern
Sind bestimmte Situationen wiederholt schwierig, etwa das Erledigen der Hausaufgaben, der Besuch bei Bekannten oder das Essen in einem Restaurant, ist es sinnvoll, dass die Eltern vorher mit dem Kind in einer ruhigen Minute darüber sprechen und es an die wichtigsten Regeln erinnern. Sie können ihrem Nachwuchs auch eine kleine Belohnung versprechen, wenn es sich an die Vereinbarung hält. "Tun Sie auch regelmäßig etwas für sich selbst, um Kraft zu schöpfen", rät Roick. "So können Sie die täglichen Herausforderungen besser meistern und Ihr Kind bei der Bewältigung seiner Erkrankung unterstützen." (ams 04/2010)

Nach oben scrollen