Auch für herzkranke Kinder gilt: so viel Sport wie möglich – Sportattest beugt Überbehütung vor

(Frankfurt a. M., 30. April 2015) Wer einen angeborenen Herzfehler hat, kann Sport treiben – mit wenigen Ausnahmen. Darin sind sich Kinderherzspezialisten aufgrund der Studienlage einig. Noch vor etwa 15 Jahren war Schonung durch Sportverzicht bei herzkranken Kindern üblich, denn damals ließ sich die Frage nach der Belastbarkeit herzkranker Kinder in Sport- und Freizeitaktivitäten noch nicht so gut beantworten. Heute weiß man: Sportverzicht belastet nicht nur die Seele eines herzkranken Kindes, sondern ist auf Dauer mit schwerwiegenden Folgen für die körperliche Entwicklung verbunden; die Leistungsfähigkeit nimmt ab, die motorische Geschicklichkeit verringert sich, Kreislaufbeschwerden und Haltungsfehler sind zu erwarten. Allerdings stellt sich für das Umfeld des herzkranken Kindes (Familie, Schule, Verein etc.) die berechtigte Frage, wie weit ein Kind oder Jugendlicher mit einem bestimmten angeborenen Herzfehler belastbar ist, ohne dass Beschwerden oder Komplikationen auftreten. Betroffenen Eltern herzkranker Kinder rät das Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler (ABAHF) zu einem Sporttauglichkeitsattest beim Kinderkardiologen.

„Wir erleben leider allzu oft, dass im Zweifel ein herzkrankes Kind aus dem Sportunterricht ausgeschlossen wird, obwohl die Sportteilnahme aus medizinischer Sicht vertretbar wäre. Wir raten deshalb Eltern zu einem Sporttauglichkeitsattest, in dem der behandelnde Kinderkardiologe die Belastbarkeit des Kindes genau dokumentiert. Das bringt Eltern, Lehrern oder Trainern mehr Klarheit und beugt einer Überbehütung vor“, betont Kai Rüenbrink, Sprecher des ABAHF. Das Aktionsbündnis folgt in seiner Empfehlung der Expertise der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK). „Es gibt zum Glück nur ganz wenige Herzfehler, bei denen die Kinder akut gefährdet sind, wenn sie sich belasten. Welche sportlichen Aktivitäten für ein herzkrankes Kind oder Jugendlichen in Frage kommen und welche Risiken zu berücksichtigen sind, ist immer im Einzelfall vom Kinderkardiologen zu beurteilen“, unterstreicht Prof. Dr. med. Alfred Hager, Kinderkardiologe der Klinik für Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler am Deutschen Herzzentrum München (DHM) und Autor der DGPK-Leitlinie „Sport mit angeborenen Herzerkrankungen“.

Praktische Hilfe für Kinderärzte: Das Programm „Sportattest“ (DGPK)
Kinderherzspezialisten wie Prof. Hager empfehlen (niedergelassenen) Kinderkardiologen das Computerprogramm „Sportattest“ der DGPK als praktische Hilfe. Das Programm steht zum kostenfreien Download auf der DGPK-Homepage zur Verfügung (siehe Infokasten) und ist leicht zu installieren. Es ermöglicht dem behandelnden Kinderkardiologen, für jedes herzkranke Kind unter geringem Zeitaufwand eine ausführliche Beurteilung der Sporttauglichkeit abzugeben. Das Attest wird dann den Eltern zur Weitergabe an den Kinderarzt und der Schule bzw. dem Schularzt gegeben. Das Programm mit einem begleitenden Handbuch liefert dem Nutzer in Tabellen wichtige Übersichten zu funktionellem Status der zu behandelnden Herzfehler, zu (Rest-)Befunden und deren Einordung in Schweregradgruppen. „Dieses DGPK-Sporttattest ist eine wichtige Hilfe für Eltern im Umgang mit Schule und Behörden, aber auch für weiterbehandelnde Ärzte, etwa bei Kontrolluntersuchungen, für Lehrer oder Betreuer in Ferienfreizeiten. Sie alle erhalten mit dem Sportattest konkrete Informationen über die Belastbarkeit des herzkranken Patienten“, hebt Prof. Hager hervor. „Jedes Kind, das sich in kinderkardiologischer Betreuung befindet, sollte bereits vor der Einschulungsuntersuchung ein Sportattest ausgestellt bekommen, damit vom ersten Schultag an Klarheit besteht und das Kind nicht unnötig aus dem Klassenverband ausgeschlossen wird.“

Das Programm „Sportattest“ der DGPK
Das Programm „Sportattest“ richtet sich insbesondere an behandelnde Kinderkardiologen und soll diese in die Lage versetzen, für jedes Kind unter geringem Zeitaufwand eine ausführliche Beurteilung der Sporttauglichkeit abzugeben. Den kostenfreien Download des Programms mit Installationssoftware und Handbuch bietet die DGPK auf ihrer Homepage unter http://www.kinderkardiologie.org/Download/Handbuch_Sportattest_30112011.pdf
an. Das Programm wurde in der Arbeitsgemeinschaft psychosoziale Belange und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (PS-AG) in der DGPK entwickelt und mit der Arbeitsgemeinschaft „Belastungsuntersuchungen“ abgesprochen. (Quelle: DGPK)

Das Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler (ABAHF)
Um in der Öffentlichkeit mit einer Stimme für eine bessere Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern und deren Familien einzutreten und ihnen noch effektiver zu helfen, haben sich 2014 auf Initiative der Deutschen Herzstiftung e. V. sechs bundesweit tätige Patientenorganisationen zum „Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler“ (ABAHF) zusammengeschlossen. Die Organisationen sind: Bundesverband Herzkranke Kinder e.V., Bundesvereinigung Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler e.V., Fontanherzen e.V., Herzkind e.V., Interessengemeinschaft Das Herzkranke Kind e.V. und die Kinderherzstiftung der Deutschen Herzstiftung e.V.
Etwa 7.000 Neugeborene mit angeborenem Herzfehler kommen in Deutschland jährlich zur Welt. Heute erreichen rund 90 % dieser Kinder dank der Fortschritte der Kinderherzchirurgie und Kinderkardiologie das Erwachsenenalter. Die Zahl der Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) wird auf über 180.000 geschätzt.

Informationen:
Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler (ABAHF)
c/o Deutsche Herzstiftung e.V.
Pressestelle:
Michael Wichert/Pierre König
Tel. 069/955128-114/-140
Fax: 069/955128-345
E-Mail: wichert@herzstiftung.de/
koenig@herzstiftung.de
www.herzstiftung.de

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