Die Arthrose zählt zu den häufigsten Gelenkerkrankungen unserer Zeit. Allein in Deutschland leiden etwa fünf Millionen Menschen daran und zirka zwei Millionen davon haben sogar täglich mit Schmerzen zu kämpfen. Besonders hoch ist der Anteil in der Gruppe der über 65-Jährigen, wobei Frauen generell häufiger von einer Arthrose betroffen sind als Männer.
Die gute Nachricht: An sich ist Arthrose keine lebensbedrohliche Erkrankung. Die schlechte Nachricht: Das Leiden wirkt sich – je nach Ausprägung – meist negativ auf die Lebensqualität aus. Je nachdem, welche Gelenke betroffen sind, leiden Patienten unter verschiedenen Symptomen einer Arthrose. Oft machen sich zunächst Schmerzen bei einer Belastung bemerkbar, wie etwa beim Gehen, Treppensteigen oder Heben von Gegenständen. Später klagen Betroffene über Anlaufschmerzen, wenn sie beispielsweise nach einer Pause wieder aufstehen und sich bewegen oder vom langsamen Gehen in eine schnellere Bewegung wechseln. Mit der Zeit treten die Schmerzen dann auch in Ruhephasen auf. Genau diese schleichende Entwicklung ist charakteristisch für Arthrose.
Bis dato handelt es sich um eine unheilbare Krankheit, die Medizinern oft noch Rätsel aufgibt. Ganz so düster ist die Ausgangslage aber nicht mehr, denn in der Arthrose-Forschung hat sich in den letzten Jahren einiges getan und es wird stetig weitergeforscht, wie die folgenden Informationen belegen.
Genetische Studie lieferte neue Behandlungsansätze
Bereits jetzt gibt es einige Behandlungsmöglichkeiten für Arthrose, darunter Bewegungstherapie, physikalische Therapie, Ernährungsumstellung, Gewichtsverlust, Heilgymnastik, künstliche Gelenke, operative Eingriffe, orthopädische Hilfsmittel und Salben. Sie alle können Linderung verschaffen und den Verlauf der Krankheit hinauszögern – eine vollständige Heilung ist damit allerdings bislang noch nicht möglich. Aber vielleicht schon in ein paar Jahren, denn ein Meilenstein in der Forschung gelang dem Münchner Helmholtz Zentrum im Jahre 2019. In der weltweit größten genetischen Untersuchung zu Arthrose entdeckten Wissenschaftler 52 neue Veränderungen im Erbgut, die mit der Krankheit in Verbindung stehen und fanden auch neue Wirkstoffziele. Fakt ist, dass bestimmte Gene einen stärkeren Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben als andere. Sie können sogar als potenzielle Ursache festgemacht werden. Das heißt: Wir wissen inzwischen deutlich mehr über die genetischen Grundlagen der Erkrankung und das macht es wiederum einfacher, neue Behandlungskonzepte zu entwickeln.
Regelmäßige Bewegung als Schlüsselfaktor
Auch das Baylor College of Medicine im US-amerikanischen Houston befasste sich kürzlich in einer Studie mit der Krankheit – und zwar im Speziellen mit Kniearthrose. Und hierbei machte der Faktor Bewegung einmal mehr den Unterschied. Konkret untersuchten die Wissenschaftler 1200 Patienten mit Kniegelenksarthrose an vier US-Kliniken. Diese wurden über einen Zeitraum von acht Jahren begleitet. Die Ergebnisse: Patienten, die sich regelmäßig bewegten und deren Erkrankung zwar schon auf Röntgenbildern zu sehen war, sich aber noch nicht in Form von Schmerzen äußerte, waren klar im Vorteil: Für sie war es im Vergleich zu Nicht-Gehern um 40 Prozent weniger wahrscheinlich, Knieschmerzen zu entwickeln. Das heißt: Eine spezifische Bewegung sowie Übungen unter Anleitung von medizinischem Personal können in einem frühen Krankheitsstadium das Entstehen von häufigen Schmerzen verhindern. Körperliche Aktivität wird somit erneut zum Schlüsselfaktor, um nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder Übergewicht zu senken, sondern auch um Schmerzen, die mit Arthrose zusammenhängen, zu lindern. Kleiner Wermutstropfen: Bei Personen, die bereits über Schmerzen klagten, war hingegen kein Effekt messbar.
Die Rolle der Ernährung wird untersucht
Momentan forschen zudem Wissenschaftler des Instituts für Gesundheitswissenschaften an der österreichischen FH St. Pölten gemeinsam mit der Universität für Weiterbildung Krems und der Universität Wien an Kniearthrose und möglichen neuen Therapieansätzen. Ihr Projekt trägt den Titel „Nutrition and Movement to improve quality of life with knee osteoarthritis“. Sie untersuchen, inwiefern eine neue Therapie, bestehend aus einer Kombination aus Bewegung und Ernährung, die Lebensqualität von Betroffenen verbessern kann. Ihr Forschungsansatz stützt sich auf verschiedene Studien, die besagen, dass bei der Entstehung von Arthrose auch entzündliche Vorgänge im Körper eine gewichtige Rolle spielen dürften. Diese werden auch vom Ernährungsverhalten stark beeinflusst. Bewertet wird somit das Potential einer eher pflanzenbetonten Ernährung auf gezielte Marker im Blut, kombiniert mit Bewegungstherapie. An dieser Studie nehmen 60 Probanden teil.
Klinische Studie mit neuem Medikament
Im Mai startete darüber hinaus in Österreich eine weitere klinische Studie zur Behandlung von Kniearthrose. Hierbei wird Probanden das Medikament LRX712 in das Kniegelenk gespritzt. Es handelt sich dabei um ein synthetisches kleines Molekül, das dazu imstande ist, Stammzellen in Richtung Knorpelzellen zu differenzieren und Knorpelwiederherstellung zu fördern. Dadurch könnten künftig womöglich auch chirurgische Eingriffe wie eine Implantation einer Knieprothese hinausgezögert werden.
Trainieren unter Strom für eine Linderung
Auch die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg begibt sich auf Spurensuche für einen möglichen neuen Therapieansatz. Sie möchte untersuchen, inwiefern elektrische Impulse Kniearthrose-Betroffenen helfen könnten. Der Hintergrund ist folgender: Ein gezieltes Krafttraining der Beine kann Schmerzen lindern und den Zustand des Knies verbessern. Für viele Arthrose-Patienten ist ein solches Training allerdings zu anstrengend oder schlichtweg aufgrund ihres Leidens nicht möglich. Wissenschaftler möchten nun einfache Funktionsübungen mit elektrischen Impulsen kombinieren, die die großen Muskelgruppen stimulieren und somit trainieren. Probanden werden sechs Monate lang trainieren und danach sechs Monate ohne Maßnahmen verbringen. Auch die funktionelle Elektrostimulation (FES) sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Damit können Nerven aktiviert werden, die das zentrale Nervensystem nicht mehr ansteuert. Sofern die Grundvoraussetzungen für dieses moderne Hilfsmittel gegeben sind, kann damit somit die Mobilität von Arthrose-Patienten wieder ein Stück weit verbessert werden. Ebenso kann damit die Durchblutung verbessert werden und die Bindegewebsstruktur bleibt erhalten.
Eingriffe in fortgeschrittenem Stadium
In einem fortgeschrittenen Stadium reichen gewisse Behandlungsmöglichkeiten allerdings nicht mehr aus, wodurch tiefgreifendere in den Fokus rücken. In diesem Zusammenhang ist die autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT) eine mögliche Therapie. Dabei werden Patienten autologe Knorpelzellen entnommen, außerhalb des Körpers künstlich vermehrt und anschließend erneut in den Knorpeldefekt eingebracht. Das einzige Problem dabei: Der Einsatz eines Retortenknorpels ist nur dann möglich, wenn keine großflächige Schädigung des Stützgewebes des Gelenks vorliegt. Leider ist dies jedoch bei den meisten Betroffenen der Fall, weswegen eine ACT oft nicht angewendet werden kann.