Seelische Erkrankungen: Langzeitarbeitslose haben ein höheres Risiko, seelisch zu erkranken

Psychisch erkrankte Langzeit-Erwerbslose haben es bei der Arbeitsvermittlung nicht leicht. Deshalb wurde das Tandem-Projekt (Task force on long duration unemployment in elderly people and mental health) entwickelt, das in diesem Jahr mit dem Anti-Stigma-Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) ausgezeichnet wird. Das Pilotprojekt wird von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des LVR-Klinikums Essen, Klinik und Institut der Universität Duisburg-Essen in Kooperation mit dem Jobcenter Essen getragen.

Langzeitarbeitslose haben ein höheres Risiko, seelisch zu erkranken als Menschen in fester Anstellung. Tandem-Projektleiter Dr. med. Bernhard Kis: „Wenn der Tag nicht mehr besonders strukturiert ist, die sozialen Kontakte immer mehr wegbrechen und die Abhängigkeit von einer staatlichen Institution immer größer wird, ist die Psyche besonders belastet.“ Und wer mit seelischen Problemen zu kämpfen hat, wird gesellschaftlich schnell ausgegrenzt bis hin zur Stigmatisierung. Das verschlechtert die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zusätzlich. Die Mitarbeiter in den Jobcentern verfügten bislang nicht über die nötige Zeit und Fachkenntnis, um die Betroffenen bei der Bewältigung psychischer Probleme angemessen zu unterstützen. Und weil die Arbeitsvermittlung so nicht gelingen kann, ist die Frustration auf beiden Seiten groß.

Erst Therapie dann Festanstellung

Das Tandem-Konzept setzt hier an. Dr. Kis: „Konkret geht es darum, die Jobcenter-Mitarbeiter so zu schulen und zu beraten, dass sie in der Lage sind, seelische Problemen bei älteren Klienten zu erkennen und angemessen mit ihnen umzugehen. Außerdem werden den Betroffenen niederschwellige Angebote gemacht, sich auf eine psychologische Erkrankung hin untersuchen und beraten zu lassen. 120 ältere Langzeitarbeitslose haben seit Beginn der Maßnahme im September 2009 davon Gebrauch gemacht. 79 v.H. litten an einer depressiven Störung, ein Fünftel hatte Suchtprobleme, 41 v.H. eine Angsterkrankung. 28 v.H. der der Maßnahmeteilnehmer wurden in eine weiterführende Behandlungsform und 46 v.H. in eine ambulante psychotherapeutische Behandlung vermittelt.

Dr. Kis: „Einem 53-jährigen Langzeitarbeitslosen hat das Tandem-Projekt zum Beispiel sehr geholfen. Nach einer gründlichen stationären psychotherapeutischen Therapie konnte der Arbeitsvermittler ein passendes Beschäftigungsprofil erarbeiten. Nur sechs Wochen nach dem Krankenhausaufenthalt unterschrieb der Patient seinen neuen Arbeitsvertrag und heilt seine psychische Erkrankung nun in ambulanter Betreuung aus.“

Weitere Informationen
Dr. Bernhard Kis,
Tel. 0201/72 27-498
bernhard.kis@uni-due.de

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