Etappensieg mit Antikörpern

Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, stellen vor allem für kranke und geschwächte Menschen eine Bedrohung dar. Bei der Suche nach neuen Medikamenten haben Wissenschaftler der Universität Würzburg einen ersten Erfolg erzielt.

In Europa erleiden jedes Jahr mehr als vier Millionen Patienten eine Infektion, während sie im Krankenhaus liegen – denn geschwächte Menschen sind dafür anfälliger als gesunde. Verantwortlich für die so genannten Krankenhausinfektionen ist meistens die Bakterienart Staphylococcus aureus.

Eine gewisse Berühmtheit hat in diesem Fall das Kürzel MRSA erreicht. Es steht für Staphylococcus-Bakterienstämme, die gegen das Antibiotikum Methicillin resistent sind und die sich auch mit anderen Wirkstoffen kaum noch bekämpfen lassen.

Staphylococcus aureus-Bakterien finden sich zwar auch auf der Haut vieler gesunder Menschen, wo sie in der Regel keine Beschwerden hervorrugen. Doch wenn die Erreger bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem ins Körperinnere eindringen, verursachen sie kaum heilbare Entzündungen.

Eine Therapie gegen resistente Bakterien
Einen erfolgversprechenden Weg, solche Infektionen zu behandeln, haben jetzt Wissenschaftler der Universität Würzburg gemeinsam mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig entdeckt. Die Fachzeitschrift Antimicrobial Agents and Chemotherapy berichtet darüber in ihrer aktuellen Ausgabe.

„Es ist uns gelungen, bei Mäusen mit der Hilfe von Antikörpern einen Abwehrmechanismus gegen Staphylococcus-Erreger zu aktivieren“, sagt Dr. Udo Lorenz von der Chirurgischen Klinik I der Universität. Gemeinsam mit dem Privatdozenten Dr. Knut Ohlsen vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie verfolgt er bereits seit einigen Jahren die Idee, Antibiotika-resistente Bakterien mit Antikörpern zu bekämpfen.

Wie Antikörper arbeiten
Das Prinzip dahinter: Bestimmte Eiweißstoffe, sogenannte Antikörper, sind in der Lage, sich an eine ganz bestimmte Stelle an der Oberfläche des Bakteriums anzulagern. Dort können sie unterschiedliche Effekte hervorrufen: Im schlechten Fall keinen. In der besseren Variante neutralisieren sie das Bakterium, so dass es nicht mehr aktiv werden kann. Und in der besten Version bringen sie das körpereigene Immunsystem dazu, die Bakterien zu vernichten.

Die Immuneffektorzellen zu aktivieren: Das ist Lorenz und Ohlsen mit einem von ihnen entwickelten Antikörper jetzt bei Mäusen gelungen. „Wir konnten zeigen, dass die Rate der abgetöteten Bakterien nach der Gabe des Antikörpers um 30 Prozent gestiegen ist“, sagt Lorenz. 30 Prozent: ein „ganz dramatischer Vorteil, der den Unterschied zwischen Sterben und Überleben ausmachen kann“, so der Mediziner.

Der Schritt von der Maus zum Menschen
Im nächsten Schritt ihrer Arbeit wollen die Forscher nun den Antikörper aus der Maus auf den Menschen übertragen. Damit es nicht zu unerwünschten Abstoßungsreaktionen kommt, muss dazu das gesamte Molekül „humanisiert“ werden. „Wir nehmen nur die Stelle des Antikörpers, die an das Bakterium andockt, und bauen den Rest des Moleküls künstlich auf, so dass es für Menschen geeignet ist“, sagt Lorenz.

Ist das geschehen, wollen die beiden Wissenschaftler möglichst bald mit den entsprechenden Studien beginnen. Läuft alles nach Plan, rechnet Lorenz für Ende 2012 mit der ersten klinischen Studie.

Gründung einer Firma geplant
Für ihre Forschung an einer neuen Immuntherapie zur Behandlung von Krankenhausinfektionen mit resistenten Staphylococcus-aureus-Bakterien planen Lorenz und Ohlsen in Kürze ihre eigene Firma zu gründen: SmartmAb

SmartmAb soll den Mausantikörper für den Einsatz am Menschen weiterentwickeln, bis hin zur ersten klinischen Prüfung als Medikament. Die folgenden Schritte bis zur Marktreife wollen die Wissenschaftler mit einem Partner aus der Pharmaindustrie tun. Langfristig ist die Gründung eines Unternehmens geplant, das – aufbauend auf den ersten Antikörpern – weitere Immuntherapeutika gegen Infektionserreger erarbeiten soll.

Finanzielle Unterstützung erhalten die Firmengründer dabei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Im Rahmen des GO-Bio-Wettbewerbs konnten sie sich gegen 54 Antragsteller durchsetzen und bekommen nun rund drei Millionen Euro, um damit ihre Idee zum marktreifen Produkt vorantreiben zu können.

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