Vorhofflimmern (VHF) beschreibt eine vorrübergehende (paroxysmale) oder dauerhafte (permanente) Herzrhythmusstörung. Die Tätigkeit der Herzvorhöfe ist dabei untergeordnet und es kommt zu schnellen, ungeordneten Impulsen vom Vorhof an die Herzkammer. Nach Schätzungen leiden in Deutschland 800.000 Menschen an der Erkrankung. Damit ist Vorhofflimmern die häufigste klinisch relevante Herzrhythmusstörung.
Die Ursachen für Vorhofflimmern sind vielfältig. Nicht nur koronare Herzerkrankungen, die arterielle Hypertonie oder eine Herzinsuffizienz steigern das Risiko einer Herzrhythmusstörung, sondern auch Kardiomyopathien, Hyperthyreose und Alkohol gelten als Hauptursachen der Volkskrankheit.
Vor allem bei älteren Menschen gehört Vorhofflimmern zu den häufigsten Herzrhythmusstörungen. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Prävalenz: während in der Altersgruppe der 55- bis 59- Jährigen 0,7% der Menschen erkrankt sind, so sind mehr als 17% der 85- Jährigen betroffen.
Bei Vorhoffflimmern drohen Sehstörungen, Lähmungen, Sprachstörungen oder Orientierungsstörungen.
Mit dem Erleiden des Vorhofflimmerns steigt gleichzeitig auch das Schlaganfallrisiko. Die mit einem Vorhofflimmern assoziierten Schlaganfälle verlaufen, im Vergleich zu Schlaganfällen anderer Genese meist schwerer und sind häufig mit bleibenden Behinderungen verbunden. Mit dem Vorhofflimmern kommt es zu hämodynamischen Veränderungen. Dies hat zur Folge, dass die Entstehung von Thromboembolien deutlich begünstigt wird. Blutgerinnsel können sich durch Blutgerinnung in den Gefäßsystemen bilden und gelten deshalb als Hochrisikofaktoren der Transitorisch Ischämischen Attacke (TIA) und des Schlaganfalls. „Nicht-valvuläres Vorhofflimmern erhöht das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um das Fünffache“, so Prof. Dr. med. Bode, Ärztlicher Direktor der Abteilung Kardiologie und Angiologie. Eine Minderdurchblutung bzw. Blutung birgt Gefahren wie u.a. Sehstörungen, Lähmungen, Sprachstörungen oder Orientierungsstörungen.
„Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfallrisiko um das Fünffache, und für viele Patienten bedeutet die regelmäßige Überwachung des Blutgerinnungswertes eine deutliche Einschränkung ihrer Lebensqualität“, sagt Trudie Lobban, Gründerin und Vorsitzende der Atrial Fibrillation Association (AFA). „Ein zweiter Schlaganfall kann für die Patienten und ihre Familien verheerend sein – schließlich müssen sie schon mit Vorhofflimmern sowie den Folgen des ersten Schlaganfalls leben. Schon aus diesem Grund ist es so ungeheuer wichtig, weitere Schlaganfälle zu verhindern.“
Mit Antikoagulation das Schlaganfallrisiko um 70% senken
Um der Gefahr des Schlaganfallerleidens entgegenzuwirken, werden zur Antikoagulation Vitamin-K-Antagonisten verabreicht, durch welche im Mittel eine 70-prozentige Risikoreduktion erreicht wird. Dem sich in der Behandlung befindlichen Patienten wird ein Wert zwischen 2 und 3 in der International Normaized Ratio empfohlen. Die Gerinnungszeit ist so in Abhängigkeit der Blutungsneigung auf ein Optimum gesetzt.
Vitamin-K-Antagonisten: bei schmaler therapeutischen Breite drohen Blutungskomplikationen Die therapeutische Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten steht aber auch mit Nachteile in Verbindung: es können starke Wechsel- und Nebenwirkungen mit Nahrungs- und Arzneimitteln aufteten und die therapeutische Breite ist sehr schmal, so dass Blutungskomplikationen drohen. Sowohl Blutungen im Gehirn, als auch Blutungen im Subarachnoidalraum und dem Epiduralraum können auftreten. Nur mit einer extrem engmaschign, routinemäßigen Kontrolle der Gerinnungsfunktion ist es möglich, diesen Nebenwirkungen der Vitamin K-Antagonisten entgegenzuwirken.
Erhöhtes Risiko für intrakranielle Blutungen hält von notwendiger Therapie ab
Prof. Dr. Dr. Hacke aus Heidelberg: „Dem klinischen Nutzen steht ein erhöhtes Risiko für intrakranielle Blutungen entgegen.“ Er sieht darin auch einen der Gründe, dass Patienten nicht adäquat bzw. trotz bestehender Indikation nicht ausreichend mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden.
Faktor-Xa-Inhibitoren als therapeutische Alternative zu Vitamin-K-Antagonisten
Faktor-Xa-Inhibitoren zählen zu einer Wirkstoffgruppe, die den Vitamin-K-Antagonisten überlegen sind. Bereits seit 2008 werden sie zur Thromboseprophylaxe bei erwachsenen Patienten nach elektiven Knie- und Hüftgelenkoperationen angewendet.
Die orale Einnahme des Medikaments erfolgt in Form einer Filmtablette einmal täglich und stellt somit eine einfache Anwendung dar. Die Kontrolle durch Laborkontrollen ist nicht mehr nötig und die Nahrungs- und Arzneimittelinteraktion gering. Nach Prof. Hacke zeigen die bisherigen Ergebnisse zweifelsfrei, dass die Faktor-Xa-Inhibiton der Wirkung des Vitamin-K-Antagonisten Warfarin nicht unterlegen sind, und es eine statistisch signifikante Überlegenheit gibt, solange das Medikament eingenommen wird.
Rocket AF – Studie prüft Schlaganfall-Prophylaxe bei Vorhofflimmern mit Rivaroxaban
In der multienzentrischen, randomisierten, doppelblinden Studie Rocket AF, an welcher Patienten mit einem erhöhten Risiko teilnahmen, wurde der Vitamin-K-Antagonist Warfarin mit Rivaroxaban zur Schlaganfall-Prophylaxe bei Vorhofflimmern in Bezug auf Effektivität und Sicherheit verglichen.
Die ROCKET AF-Studie (Rivaroxaban Once daily oral direct Factor Xa inhibition Compared with vitamin K antagonism for prevention of stroke and Embolism Trial in Atrial Fibrillation) ist eine ereignisgesteuerte, prospektive, randomisierte, doppelblind durch- geführte Phase-III-Studie.
Antikoagulation mit weniger intrakraniellen Blutungen durch Faktor-Xa-Inhibiton
Mehr als 14.000 Patienten in mehr als 1.100 Studienzentren nahmen in 45 Ländern weltweit an der Studie teil. Aus der Sicht der durchführenden Kardiologen ergibt sich als Fazit, dass sich Rivaroxaban zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit persistierendem und permanentem Vorhofflimmern eignet. Es zeigte sich eine signifikante Reduktion der Häufigkeit intrakranieller Blutungen unter Anwendung der neuen oralen Antikogulantion gegenüber Warfarin.
Mit seiner einfachen Handhabung stellt der direkte orale Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban damit eine gute Alternative zu vorhandenen Therapieoptionen dar, wenn es darum geht, die Inzidenz von Schlaganfällen nach Vorhofflimmern zu reduzieren. Nach der Zulassung kann der direkte orale Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban eine gute Alternative zu vorhandenen Therapieoptionen zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit persistierendem und permanentem Vorhofflimmern sein.
Quelle
Meet-the-Expert anlässlich der 20. European Stroke Conference
Neue Dimensionen der Antikoagulation:
Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern
Veranstalter: Bayer HealthCare
23. Mai 2O11, Hamburg
- Vorhofflimmern und Thrombose-Risiko:
Entstehung, Bedeutung und Behandlungsperspektiven
Prof. Dr. Christoph Bode, Freiburg - Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern:
Aktuelle Daten und Fakten
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Dipl. Psych. Werner Hacke, Heidelberg