Bevor sie den Preis in Empfang nahmen, machten sie erst einmal Urlaub: vier Tage Florida im Mietwagen, die Gelegenheit war schließlich günstig. Zeit, um noch einmal innezuhalten, denn zuvor war alles recht schnell gegangen: am 14. Februar hatten die beiden ihr 30seitiges Papier eingreicht, um nur eine Woche später zu erfahren, dass sie gewonnen haben. Am 16. März saßen sie auch schon im Flugzeug gen Orlando.
Es war nicht das erste Mal, dass Markus Lamprecht, Masterstudent der Informatik an der WHZ, und Thomas Nitzsche, demnächst Doktorand, bei einem „Global Summit“ von InterSystems mit mehreren hundert Teilnehmern geladen waren. Schon 2009 waren sie zu dem Kongress gereist, weil die Software-Anwendungen ihrer Diplom- bzw. Masterarbeit mit Technologie des Unternehmens gestützt wurde. Doch diesmal war alles anders: sie waren als Preisträger geladen.
Die beiden 27jährigen wurden für die Entwicklung einer Software-Anwendung mit dem Titel „CommIT Health“ ausgezeichnet. Diese stellt einen modularen Software-Baukasten für den Aufbau einer vernetzten Datenkommunikation zwischen verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen bereit. Damit wird z.B. der Datenaustausch zwischen Hausarzt und Klinik erleichtert – Stichwort „Integrierte Versorgung“. Dahinter steckt die Idee, einmal erfasste Daten sinnvoll zu nutzen und schnellstmöglich dort zur Verfügung zu stellen, wo sie benötigt werden. Die verschiedenen Fachdisziplinen und Ärzte sollen miteinander vernetzt werden, um beispielsweise Mehrfachdokumentation zu vermeiden. Letztlich sollen die Patienten besser und effektiver versorgt und gleichzeitig Kosten gesenkt werden.
Markus Lamprecht und Thomas Nitzsche haben ihr Konzept speziell auf die Software von „Intersystems“ zugeschnitten. Die Medizinische Informatik als Teilbereich der Fachgruppe Informatik unter der Leitung von Prof. Anke Häber kooperiert bereits seit 2007 mit dem Unternehmen. Ein Global Player im Healthcare-Bereich, dessen Name wörtlich zu verstehen ist: „InterSystems“ – zwischen den Systemen – steht für Vernetzung und Vereinheitlichung verschiedener Systeme. Die Firma stellt der Fachgruppe das Softwareprodukt „Ensemble“ in seinem „Campus Programm“, das der Nachwuchsförderung dient, für die Lehre kostenfrei zur Verfügung.
Der „Student Innovator Award“ wird jedes Jahr weltweit ausgeschrieben und ist mit 10.000 US-Dollar dotiert. Ein Teil davon geht an die Fachgruppe und wird in Lehre und Forschung investiert, den anderen teilen sich die Preisträger. Wofür sie das Preisgeld nutzen, wissen die beiden noch nicht, denn, so Lamprecht: „im Urlaub waren wir ja gerade erst.“ Doch natürlich wird es noch eine Feier in der Fachgruppe geben. Über die Konkurrenz ist übrigens nichts zu erfahren, da hält sich InterSystems bedeckt. Auf dem Kongress waren die beiden WHZ-Informatiker aber auf jeden Fall unter den Jüngsten. „Wir wurden mit offenen Armen emp-fangen, die Atmosphäre war sehr gut. Nur wo Zwickau genau liegt, mussten wir erklären“ sagt Markus Lamprecht und schmunzelt.
Auf ihre Idee kamen die beiden Informatiker durch Projekte, die Prof. Dr. Anke Häber initiierte, u.a. im DRK Krankenhaus Chemnitz. Dort wurden in den vergangenen zwei Jahren ver-schiedene Problemstellungen bearbeitet, die mit Hilfe von „Ensemble“ gelöst werden konnten. Auch hier ging es wieder um die Verarbeitung von Daten im medizinischen Bereich und die sinnvolle Vernetzung der Anwendungssysteme in der täglichen Praxis. Diese Lösungen fanden ebenfalls Eingang in das preisgekrönte Konzept. Markus Lamprecht und Thomas Nitzsche waren zwar die beiden einzigen Vertreter der WHZ bei der Preisverleihung in Orlando, doch ohne die Unterstützung ihrer Mitstreiter Sebastian Thiele und Alexander Apel wären sie nicht so weit gekommen. Noch ist ihre Entwicklung eine Zukunftsvision, an der weiter gearbeitet wird. Doch der Bedarf ist in jedem Fall vorhanden, wenn man die demografische Entwicklung und die daraus resultierenden Herausforderungen an das Gesundheitswesen betrachtet. Um eine optimale Betreuung beispielsweise im Bereich der Altenpflege oder bei der Behandlung chronischer Erkrankungen zu gewährleisten, ist eine effektive Datenverwaltung unumgänglich.