Proteine steuern praktisch jede Zellaktivität: Gleichgültig ob sie Sauerstoff transportieren, Muskeln bewegen oder Nahrung verdauen – Proteine führen fast alle biologischen Prozesse aus. Der Bauplan für Proteine ist in den Genen gespeichert. Doch obwohl alle Körperzellen dieselben Gene haben bilden sie ganz unterschiedliche Proteine. Wie wird die Herstellung spezieller Proteine reguliert? Das mussten Forscher bisher mühsam für jedes Protein einzeln untersuchen.
Jetzt haben Dr. Selbach und seine Mitarbeiter in ihrem Berliner Labor eine neue Methode entwickelt, mit der sie die Produktion von tausenden Proteinen gleichzeitig messen können. Sie markieren dazu Aminosäuren, die Bausteine der Proteine, mit stabilen Isotopen. Die Zellen bauen die markierten Aminosäuren in die Proteine ein. Anschließend quantifizieren die Wissenschaftler die Proteinsynthese mithilfe eines Massenspektrometers.
Erst seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sogenannte microRNAs bei der Regulation von Genen eine wichtige Rolle spielen. MicroRNAs sind kleine Bruchstücke von Ribonukleinsäure (englisch abgekürzt RNA), einer chemischen Verwandten der DNA. Sie bestimmen damit auch mit, welche Proteine die verschiedenen Zellen produzieren. Schlägt die Regulation fehl, können viele Krankheiten entstehen. Forscher versuchen deshalb weltweit Methoden zu entwickeln, um zu erkennen, welche microRNAs in Körperzellen aktiv sind und welche Proteine sie steuern.
Aber welche Proteine steuert nun eine microRNA? Um das herauszufinden haben sich die Forschergruppen von Dr. Selbach und Prof. Nikolaus Rajewsky am Max-Delbrück-Centrum zusammengetan. Mit Hilfe der neuen analytischen Methode konnten die Forscher erstmals systematisch den Einfluss der microRNAs auf die Produktion von Proteinen messen.
Sie fanden heraus, dass eine einzige microRNA die Bildung von hunderten von Proteinen steuern kann. Auf diese Weise können microRNAs das Verhalten menschlicher Zellen programmieren. Da in Krebszellen andere microRNAs aktiv sind als in gesunden Zellen, gelten microRNAs als aussichtsreiche Kandidaten für Diagnostik und Therapie. Die Erkenntnisse könnten daher möglicherweise in Zukunft von großer Bedeutung sein.
Matthias Selbach, geboren 1971 in Düsseldorf, studierte in Münster, machte seine Doktorarbeit im Max-Planck-Institut (MPI) für Infektionsbiologie in Berlin und promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Anschließend arbeitete er im "Center for Experimental Bioinformatics" der Universität von Süddänemark in Odense sowie am MPI für Biochemie in Martinsried. Seit 2007 leitet er im MDC in Berlin-Buch die Arbeitsgruppe "Zelluläre Signalwege und Massenspektrometrie".
Barbara Bachtler
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(idw, 03/2010)