Ambulante Hilfe: Herzschwäche früh erkennen und behandeln

Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, ist eine Volkskrankheit. Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. Sie ist der häufigste Grund für die Aufnahme in ein Krankenhaus. Dennoch bleibt eine chronische Herzinsuffizienz oft lange Zeit unentdeckt. Meist beginnen die Beschwerden schleichend, sodass sie von den Betroffenen gar nicht als Symptome einer Krankheit wahrgenommen werden. „Herzinsuffizienz ist eine ernstzunehmende Erkrankung. Je früher sie erkannt und behandelt wird, desto besser ist die Prognose für die Patienten. In einigen Fällen kann sich das Herz sogar komplett erholen“, erklärt Professor Dr. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die Herzinsuffizienz-Ambulanz der Klinik ist in der MHH die erste Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz.

Bei einer Herzinsuffizienz pumpt das Herz weniger effektiv als normal. Das Blut wird schlechter durch den Körper transportiert und der Organismus nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Die Betroffenen leiden dadurch beispielsweise an Atemnot, geschwollenen Beinen, Gewichtszunahme, Übelkeit, Leistungsschwäche und Müdigkeit. Der Schweregrad und auch die Ursache einer Herzinsuffizienz können sehr unterschiedlich sein. „In der Herzinsuffizienz-Ambulanz gehen wir der Erkrankung mit modernsten Untersuchungsmethoden auf den Grund und erstellen für jeden Betroffenen ein individuelles Therapiekonzept“, erläutert Professor Dr. Udo Bavendiek, Leiter der Ambulanz. Er betreut die Patientinnen und Patienten gemeinsam mit Dr. Anja Hänselmann, Dr. Dominik Berliner und spezialisierten Pflegekräften.

Zu den Gründen einer Herzinsuffizienz können Durchblutungsstörungen in den Herzkranzgefäßen, Herzmuskelerkrankungen und Funktionsstörungen der Herzklappen gehören“, sagt Dr. Hänselmann. „Bestimmte Krebsmedikamente können die Erkrankung ebenfalls auslösen.“ In den vergangenen Jahren ist die Herzinsuffizienz immer stärker in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. Neue Erkenntnisse führten zu neuen Behandlungsmöglichkeiten. An dem Fortschritt ist die Klinik für Kardiologie und Angiologie aktiv beteiligt – zum Beispiel mit einer großen Studie zur Wirksamkeit des Digitalis-Glykosids Digitoxin auf das Überleben und auf die Rate von Krankenhaus-Aufnahmen bei über 2.000 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz.

„Die Grundlage jeder Therapie ist die medikamentöse Behandlung“, erklärt Oberarzt Dr. Berliner. „So soll die Herzinsuffizienz kompensiert und die Lebensqualität der oft sehr geschwächten Patientinnen und Patienten gesteigert werden.“ Oft kann sich der Zustand durch Medikamente schon erheblich verbessern und die Betroffenen können dann von ihrem Kardiologen vor Ort weiter betreut werden.

Das ist auch bei Patient Frank B. (45) der Fall. Der selbstständige Raumausstatter aus Dinklage wird mittlerweile wieder von seinem Hausarzt betreut und muss nur noch alle drei bis sechs Monate in die Herzinsuffizienz-Ambulanz der MHH. Mit Schrecken erinnert er sich an den November 2017, als die Beschwerden auftraten und eine Herzinsuffizienz diagnostiziert wurde. Da lag die Pumpleistung seines Herzens bei nur noch 17 Prozent – normal sind 60 bis 70 Prozent. Frank B. bekam Medikamente und eine LifeVest, einen äußerlich tragbaren Defibrillator, der kontinuierlich das Herz überwacht und den Patienten im Notfall mit einem Elektroschock vor dem plötzlichen Herztod bewahren soll. „Als mir ein Herzchirurg vorschlug, einen Defibrillator zu implantieren, wollte ich eine zweite Meinung einholen“, sagt der Vater von zwei Kindern.

So kam er im Dezember 2017 in die Herzinsuffizienz-Ambulanz der MHH. „Dort habe ich mich von Anfang an gut aufgehoben gefühlt“, betont der Patient. Eine Gewebeentnahme des Herzmuskels ergab, dass eine Herzmuskelentzündung die Ursache seiner Herzinsuffizienz ist. Er bekam mehrere Medikamente. Durch die Wirkstoffkombination sollte das Herz entlastet werden und sich langsam wieder erholen. Dabei steigerten die Kardiologen die Dosis nach und nach. Es funktionierte: „Über die Monate nahm die Pumpleistung stetig zu. Mittlerweile liegt sie bei 50 Prozent“, sagt Frank B. erleichtert. Um die Therapie selbst aktiv zu unterstützen, hat er aufgehört zu rauchen, ernährt sich gesund und macht gemäßigten Ausdauersport. „Ich möchte bis Ende des Jahres auf 60 Prozent kommen“, sagt er ehrgeizig. Die LifeVest konnte er nach sechs Monaten ablegen, die Medikamente nimmt er weiter. In sein Leben kehrt wieder etwas Normalität ein. So viel arbeiten wie früher wird er jedoch nie wieder können. „Ich habe meinen Betrieb aber so umstrukturiert, dass es auch mit weniger persönlichem Arbeitseinsatz funktioniert.“

„Patienten, denen eine medikamentöse Therapie allein nicht hilft, können wir ergänzend unterschiedliche Geräte implantieren“, erläutert Professor Bauersachs. Für diese Fälle stehen spezielle Herzschrittmacher und andere elektrische Impulsgeber zur Verfügung, um die Pumpleistung des Herzens zu verbessern. Auch Patienten mit sehr schwerer oder akuter Herzinsuffizienz können in der MHH schnell versorgt werden. Dafür gibt es die sogenannte Heart Failure Unit (HFU). Diese Station betreiben die Kardiologen gemeinsam mit den Herzchirurgen von der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantationschirurgie und Gefäßchirurgie. Die Patienten werden also von einem interdisziplinären Team betreut und profitieren von einer breiten fachlichen Kompetenz.

Infostand in der Innenstadt

Mit den Heart Failure Awareness Days der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird alljährlich die Öffentlichkeit auf die Herzinsuffizienz aufmerksam gemacht. Die Klinik für Kardiologie und Angiologie beteiligt sich am 11. Mai 2019 mit einem Informationsstand am Platz der Nationen in der Innenstadt von Hannover an der Aktion. Von 10 bis 14 Uhr beantworten die Kardiologen dort gemeinsam mit Kollegen aus der Herzchirurgie die Fragen der Besucher und informieren sie rund um das Thema Herzinsuffizienz – angefangen bei den Symptomen und Warnsignalen, über medikamentöse, interventionelle und operative Behandlungsmethoden bis hin zu Tipps zur gesunden Lebensweise bei Herzinsuffizienz.

Zu dieser Presseinformation gibt es ein Foto. Es zeigt Dr. Hänselmann, Patient Frank B., Professor Bauersachs, Professor Bavendiek und Dr. Berliner (von links) mit einem Herzmodell.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Johann Bauersachs, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Telefon (0511) 532-3840, bauersachs.johann@mh-hannover.de.

MHH Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stefan Zorn, Leiter
Telefon: 0511 532-6772, Fax: 0511 532-3852,
pressestelle@mh-hannover.de, Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
Weitere Informationen aus der MHH erhalten Sie unter www.mh-hannover.de

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