Alkoholsucht: Schätzungen von Suchtexperten zufolge sind fünf Prozent der deutschen Arbeitnehmer alkoholabhängig; ein nicht unerheblicher Anteil der Arbeitsunfälle geschieht unter Alkoholeinfluss. „Alkoholsucht ist in Deutschland weit verbreitet. Als Arbeitsmediziner unterscheiden wir zwischen gelegentlichem, nicht abhängigem Alkoholkonsum und der Alkoholkrankheit mit Verlust der Selbstkontrolle“ sagt Dr. Wolfgang Panter, Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW). Wer am Abend ein Glas Wein oder ein Bier trinke, sei längst kein Alkoholiker. Erst bei einem regelmäßigen und übermäßigen Alkoholgenuss und wenn der Verzicht auf Alkohol unmöglich wird, kann von einer ernsthaften Erkrankung gesprochen werden, die professionell behandelt werden muss. „Betriebsärzte sind die zentralen Ansprechpartner am Arbeitsplatz und bieten Alkoholkranken konkrete Hilfeangebote. Betriebliche Programme zur Bewältigung von Alkoholproblemen bedürfen einer Mitwirkung aller Beteiligten, wenn sie positiv wirken sollen. Dem Betriebsarzt kommt dabei eine besondere Rolle zu“, so Dr. Panter weiter.
Arbeitsmediziner erkennen Warnsignale frühzeitig – und behandeln Suchtkranke
Betriebsärzte schalten sich nicht erst dann ein, wenn es zu spät ist. In Veranstaltungen wie anlässlich der bundesweiten Aktionswoche Alkohol informieren sie über die Folgen von übermäßigem Alkoholkonsum und werben für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol. Ist der Alkoholismus so weit fortgeschritten, dass eine normale Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, unterstützen Betriebsärzte die Betroffenen bei der Suche nach externen Fachstellen und Kliniken. „Alkoholiker versuchen ihre Sucht so lange wie möglich zu verbergen. Häufige Verspätungen und Kurzerkrankungen, überzogene Pausen, fehlerhafte Arbeitsergebnisse durch steigende Konzentrationsschwierigkeiten und Nervosität sowie Stimmungsschwankungen sind nur einige der Warnsignale für eine Alkoholerkrankung, die Kollegen und Betriebsärzte als erste im Unternehmen erkennen können“, erklärt Dr. Wolfgang Panter. Das Eingeständnis einer Suchtproblematik ist die entscheidende Bedingung für eine erfolgreiche Therapie. Durch spezielle Gesprächstechniken finden Arbeitsmediziner einen besonderen Zugang, der es den Suchkranken erleichtert, effektive Hilfe zur Bewältigung der Suchtproblematik anzunehmen.
Ursachen aufdecken
Oft sind die Ursachen für Alkoholmissbrauch in psychischen Belastungen und Stress zu finden. Wenn die Balance zwischen Arbeits- und Privatleben ins Wanken gerät, greifen viele zum Alkohol, um abends zur Ruhe zu kommen und entspannen zu können. Betriebsärzte beraten Betroffene, wie sie sich vor Stress schützen können: Richtiges Zeitmanagement, regelmäßige Pausen, ausreichend Schlaf und Aktivitäten außerhalb der Arbeit helfen gegen die Folgen psychischer Fehlbelastung.
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Die Folgen bedenken
Alkoholismus kann zu schweren körperlichen und psychischen Schädigungen führen. Die häufigsten Auswirkungen sind Leberschädigungen wie Fettleber, Alkoholhepatitis, Leberzirrhose. Starker Alkoholkonsum hat aber auch Auswirkungen auf die Psyche: Betroffene leiden unter Sinnestäuschungen, Angstzuständen und massivem Wirklichkeitsverlust. Hinzu kommt der Verlust der Orientierung, der Körperkontrolle und der Gedächtnisleistung. Daher stellt Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz ein besonders hohes Risiko dar. Eingeschränkte Reaktionsfähigkeit, riskantes Verhalten, schlechtes Koordinationsvermögen führen zu einem erhöhten Unfallrisiko bei Alkoholkranken. Damit gefährden sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kollegen und das Unternehmen, denn im Fall eines Unfalls unter Alkoholeinfluss entfällt der Unfallschutz, und es entstehen Regressforderungen an den Verunfallten und an den Arbeitgeber. (pa 05/2010)